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Waffengewalt in den USA
Donald Trumps Rhetorik als Brandbeschleuniger

Zwei Amokläufe mit vielen Toten binnen weniger Stunden: Erneut sind die USA mit grassierender Waffengewalt konfrontiert. Donald Trump droht dabei immer mehr in den Strudel der Ereignisse zu geraten: als Verantwortlicher für das vergiftete politische Klima.

Von Thilo Kößler | 05.08.2019
Trauernde Menschen nach dem Amoklauf in El Paso (Texas)
Trauernde Menschen nach dem Amoklauf in El Paso (Texas) (dpa / picture alliance / Yomiuri Shimbun/AP Images)
Der Präsident setzte zwei, drei Tweets ab, in denen er den Menschen in El Paso, Texas, und Dayton, Ohio, Gottes Segen wünschte. Dann war über Stunden nichts mehr von ihm zu hören und zu sehen. Donald Trump spielte Golf. Erst am späten Nachmittag kündigte er schmallippig an, er werde am Montag eine Erklärung abgeben. Im Übrigen habe Hass keinen Platz in den USA.
Dabei kann Donald Trump nicht verborgen geblieben sein, dass er politisch immer mehr in den Strudel der Ereignisse zu geraten droht. Trump wird immer lauter für das vergiftete politische Klima verantwortlich gemacht, das den Nährboden für die Gewaltakte weißer Rassisten bereite, erklärte zum Beispiel der demokratische Präsidentschaftsbewerber Pete Buttigieg.
Das Foto zeigt Polizisten in El Paso nahe dem Supermarkt, wo sich der Schusswaffenangriff ereignete.
Das Foto zeigt Polizisten in El Paso nahe dem Supermarkt, wo sich der Schusswaffenangriff ereignete. (AFP / Getty Images / Mario Tama)
Zwei Amokläufe binnen weniger Stunden – der erste in El Paso/Texas an der Grenze zu Mexiko mit 20 Toten. Der zweite in Dayton/Ohio mit neun Toten. Erneut ist das Land mit der grassierenden Waffengewalt konfrontiert und mit den allzu laxen Waffengesetzen. Und schlagartig ist bewusst geworden, wie brandgefährlich der Terror von rechts tatsächlich ist, der sich aus offenem Rassismus speist. Während das Motiv des Attentäters von Dayton noch im Dunkeln liegt, spricht bei dem Amoklauf von El Paso alles für einen fremdenfeindlichen Hintergrund: Der 21-jährige Todesschütze fuhr fast 1.000 Kilometer aus seiner texanischen Heimatstadt Allen in die Grenzstadt El Paso, um an diesem symbolischen Ort der erbitterten Einwanderungsdebatte so viele Mexikaner wie möglich zu töten. Dem Attentäter wird ein Manifest zugeschrieben, das er 19 Minuten vor dem Attentat über die online-Plattform "8chan" veröffentlichte. Darin erklärt er seine Tat zur Antwort auf die "hispanische Invasion in Texas". Eine Wortwahl, die auch Donald Trump immer wieder gebraucht, wenn er sich zur Einwanderung äußert. Der Attentäter habe sich auf die Rhetorik Donald Trumps berufen, erklärte der demokratische Präsidentschaftsbewerber Tim Ryan in CNN.
Demokraten: Trump schürt Rassismus
Unisono machten die demokratischen Präsidentschaftsbewerber Donald Trump mitverantwortlich für das Verbrechen in El Paso. Den hasserfüllten Worten Donald Trumps folgten jetzt Taten, sagte Kamala Harris.
Donald Trump hatte die Debatte über seine rassistische Grundhaltung erst unlängst wieder befördert, als er vier demokratische Politikerinnen, allesamt "women of color" aufforderte, dorthin zurückzukehren, wo sie hergekommen seien. Oder als er der Stadt Baltimore attestierte, von einer "Plage" befallen zu sein, weil sie einen hohen afro-amerikanischen Bevölkerungsanteil habe. Damit spiele Trump den white supremacists in die Hände, den Verfechtern der These von der Überlegenheit der Weißen, sagte Beto O`Rourke, der Präsidentschaftsbewerber aus El Paso. Dem stillschweigenden Einverständnis des Präsidenten sei es zuzuschreiben, dass Moscheen in Brand gesetzt und Kinder von Asylbewerbern in Käfige gesperrt würden.
Im republikanischen Lager war indes nur Schweigen zu vernehmen an diesem Wochenende. Donald Trump schickte schließlich Mick Malvaney vor, seinen Stabschef im Weißen Haus. Er erklärte im Sender ABC, die Attentäter seien Kranke und es bestehe überhaupt kein Grund, den Präsidenten mitverantwortlich für Gewalttaten zu machen.
Nur ein Republikaner meldete sich zu Wort
Dann meldete sich doch noch ein Republikaner zu Wort – John Kasich, ehemaliger Gouverneur von Ohio und ein erklärter Gegner Donald Trumps. Er lenkte die Diskussion in Richtung der längst überfälligen, aber immer wieder gescheiterten Verschärfung der Waffengesetzgebung. Kasich forderte die Politik auf, endlich zu handeln. Er appellierte an die Medien, dieses Thema weiter in der öffentlichen Diskussion zu halten. Und er appellierte an die Zivilgesellschaft, auf die Straße zu gehen und Druck zu machen – so, wie die Schüler nach dem Massaker von Parkland dafür gesorgt hätten, dass der Bundesstaat Florida schließlich seine Waffengesetze verschärfte