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WEF-Studie
Frauenanteil wächst nur langsam

Immer mehr Frauen arbeiten in Deutschland in Spitzenpositionen, das zeigt ein aktueller Bericht des Weltwirtschaftsforums. Von Gleichberechtigung kann aber noch nicht die Rede sein. Während der Frauenanteil in der Politik wächst, kommen viele Unternehmen kaum voran.

Von Brigitte Scholtes | 17.12.2019
Mehrere männliche und ein weibliches Vorstandsmitglied stehen auf einer Hauptversammlung zusammen auf dem Podium
In vielen Unternehmen sind Frauen im Vorstand bisher die Ausnahme, wie BVG-Vorstand Sigrid Nikutta (imago / Markus Heine)
Es hat sich einiges getan in puncto Gleichberechtigung. Auch in Deutschland: In der Rangliste der Studie des Weltwirtschaftsforums hat es sich um vier Plätze vorgearbeitet – aber zu mehr als Rang zehn reicht es noch nicht. Und den hat Deutschland nur deshalb inne, weil in einigen Bereichen der Politik Frauen inzwischen recht gut vertreten sind. So sind zwei Fünftel der Minister in Bund und Ländern inzwischen weiblich, aber immer noch sind nur knapp ein Drittel der Sitze im Parlament von Frauen besetzt. In der Wirtschaft aber sind die Unterschiede größer – trotz der ersten DAX-Chefin, Jennifer Morgan nämlich, der Co-Vorsitzenden des Softwarekonzerns SAP.
Gleichberechtigung als Wettbewerbsvorteil
So verwundert es nicht, dass das Weltwirtschaftsforum rasche Schritte fordert, um die Geschlechterlücke bei Managementpositionen und Gehältern zu schließen. Denn dass dies den Unternehmen guttut, das haben einige schon erkannt. So sagt etwa der Präsident der AmCham, der amerikanischen Handelskammer in Deutschland, Frank Sportolari:
"Man macht sich dadurch wettbewerbsfähiger. US-Unternehmen wissen das: Es ist nichts, was einen irgendwie etwas kostet, sondern trägt im Gegenteil dazu bei, dass man seine Ziele erreicht."
Frauen stellten immerhin die Hälfte des weltweiten Talents, begründet der Initiator des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, die Forderung nach gleichberechtigter Einbeziehung der Frauen. Eine Forderung, die eigentlich so selbstverständlich ist, dass man nicht mehr darüber sprechen müsste.
Top-Managerinnen als Vorbilder
Das sieht auch Sigrid Nikutta so, die Chefin der BVG, der Berliner Verkehrsbetriebe, die von Januar an der Deutschen Bahn die Frachtsparte leiten wird. Sie sagte im Deutschlandfunk:
"Solange es nicht völlig selbstverständlich ist, dass Frauen die gleichen Chancen haben, in diese Führungspositionen zu kommen, solange müssen wir darüber reden."
Frauen in Führungspositionen wie Sigrid Nikutta seien auch wichtige Vorbilder, meint Angelika Huber-Straßer, die bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG eine Studie zu Frauen in Führungspositionen initiiert hat:
"Was wir hier brauchen, sind ‚role models‘, dass sich auch junge Mädchen an positiven Frauenbildern orientieren können, an Frauen, die Karriere gemacht haben. Und ich glaube, diesen Impuls können diese Frauen setzen."
Auch beim Einkommen besteht Nachholbedarf
Das allein werde aber vorerst nicht reichen, glaubt BVG-Chefin Nikutta, auch wenn sie lange eine Quote nicht für nötig hielt:
"Allerdings hat mich im Laufe meines Berufslebens der Optimismus verlassen, dass sich das von selbst regelt. Also sprechen Sie gerade mit einer echten Befürworterin der Quote, sowohl für Aufsichtsräte als auch für Vorstände."
Nicht nur der gleichberechtigte Zugang zu Führungspositionen ist jedoch von Belang, die Voraussetzungen müssten sich auch ändern, fordert das Weltwirtschaftsforum. Die Lücke bei Gehältern und Einkommen müsse schneller geschlossen werden. Die beträgt in Deutschland insgesamt 21 Prozent. Es sind immerhin noch sechs Prozent, wenn man berücksichtigt, dass Frauen öfter in Teilzeit arbeiten, dass sie zum Teil geringer qualifiziert sind oder häufiger in Branchen mit niedrigerem Lohnniveau arbeiten.