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Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten
Gauck appelliert an Deutsche, Flüchtlingen zu helfen

Man müssen den Verfolgten Schutz und Frieden bieten: Bundespräsident Gauck hat in seiner diesjährigen Weihnachtsansprache erneut für Großherzigkeit bei der Aufnahme von Flüchtlingen geworben. Schon im letzten Jahr hatte er das Thema in den Mittelpunkt seiner Weihnachtsansprache gestellt.

Von Stephan Detjen | 24.12.2014
    Der Bundespräsident Joachim Gauck (M) unterhält sich am 12.12.2014 in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) mit den minderjährigen Flüchtlingen Merhawi (l-r) aus Eritrea, den Serben Aleksandar (l-r), Merhawi aus Eritrea und Luan aus Vietnam sowie den Afghanen Amin.
    In seiner Weihnachtsansprache berichtet Bundespräsident Gauck auch von seinem Besuch bei einem Verein in Magdeburg, der sich um minderjährige Flüchtlinge kümmert. (dpa / picture alliance / Jens Wolf)
    Joachim Gauck reiht sich mit seiner Weihnachtsansprache nicht ein in den Chor der Warnenden und Verurteilenden. Deutlich hörbar ist zwar, dass auch der Bundespräsident unter dem Eindruck der Protestmärsche in Dresden und der breiten Berichterstattung darüber steht.
    Doch Gauck will sich sein Bild von diesem Land nicht von den Demonstranten mit ihren schräg intonierten Weihnachtsliedern und ausländerfeindlichen Zwischentönen verstellen lassen. Das Wort Pegida nimmt er in seiner Weihnachtsansprache nicht in den Mund. Stattdessen wendet er das Thema dieser Tage in eine Botschaft der Ermunterung und Ermutigung.
    Gauck berichtet von einem Besuch bei einem Verein in Magdeburg, der sich um minderjährige Flüchtlinge kümmere, die ohne Familien in Deutschland gestrandet seien. Dass die allermeisten nicht denen folgten, die Deutschland abschotten wollen, sei für ihn eine der ermutigenden Erfahrungen dieses Jahres, sagt der Bundespräsident in der Ansprache, deren Text bereits heute vor der Ausstrahlung am ersten Weihnachtstag verbreitet wurde.
    Weihnachtsansprache gleicht früheren Appellen
    Der Theologe und frühere Pastor zitiert aus der biblischen Weihnachtsgeschichte den Ruf der Engel auf den Feldern von Bethlehem: "Fürchtet Euch nicht" und fügt hinzu: "Mit angstgeweiteten Augen werden wir Lösungswege nur schwer erkennen, wir werden eher klein und mutlos". Ängste, gesteht Gauck zu, würden uns immer begleiten. Aber wir wüssten auch, sagt der Bundespräsident: "Das zu leben, was wir das Humane nennen, ist tatsächlich unsere große Menschenmöglichkeit."
    Die Weihnachtsansprache steht gedanklich in der Folge früherer Appelle, in denen der Bundespräsident für Großherzigkeit bei der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland warb. Schon im letzten Jahr hatte er das Thema in den Mittelpunkt seiner Weihnachtsansprache gestellt:
    "Machen wir unser Herz nicht eng mit der Feststellung, dass wir nicht jeden, der kommt, in unserem Land aufnehmen können. Ich weiß ja, dass dieser Satz sehr, sehr richtig ist. Aber zu einer Wahrheit wird er doch erst, wenn wir zuvor unser Herz gefragt haben, was es uns sagt, wenn wir die Bilder der Verletzten und Verjagten gesehen haben. Tun wir wirklich schon alles, was wir tun könnten?"
    Mit diesem Appell hatte Gauck im vergangenen Jahr Nachdenklichkeit und Diskussionen ausgelöst. Im Frühjahr dieses Jahres drängte Gauck bei einem Besuch in Flüchtlingslagern in der Türkei nochmals:
    Linke kritisierten Gauck als Kriegstreiber
    "Wir sollten, wenn wir die großen Anstrengungen der Nachbarländer Syriens sehen – die Türkei, Jordanien, auch Libanon –, uns fragen, ob wir in unserem reichen und gut aufgestellten Land schon all das tun, was uns möglich wäre, um die Not zu wenden."
    Im zu Ende gehenden Jahr hat Joachim Gauck mit seiner Forderung, Deutschland müsse mehr Verantwortung in der internationalen Politik übernehmen, lebhafte Diskussionen ausgelöst. Seine schärfsten Kritiker warfen ihm eine Verengung auf das Militärische vor, aus der Linkspartei wurde er gar Kriegstreiber beschimpft.
    Doch zugleich zieht sich die Mahnung, Wohlstand und materiellen Reichtum Deutschlands als Verpflichtung gegenüber Flüchtlingen und ärmeren Ländern zu betrachten, als roter Faden durch die Präsidentschaft Gaucks. Der Bundespräsident dürfte darauf hoffen, dass diese Botschaften im Zusammenklang verstanden werden.