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Welt-Anti-Doping-Agentur
Führungswechsel mitten in der Vertrauenskrise

Der Skandal um Doping in Russland Ende 2014, aufgedeckt von Journalisten, stürzte auch die Welt-Anti-Doping-Agentur in eine Krise. Denn die WADA handelte zu spät. Zum 20. Geburtstag der Agentur sind nun Reformen angedacht. Ein neuer Präsident soll sie umsetzen.

Von Marina Schweizer und Florian Kellermann | 05.11.2019
WADA, die Welt-Anti-Doping-Agentur wirft Russland systematisches Doping vor
Die Glaubwürdigkeitskrise des Anti-Doping-Kampfes bezieht sich nicht nur auf den Umgang mit Russland, sondern auch auf die niedrige Zahl positiver Dopingtests (dpa / picture alliance / Robert Ghement)
"Das was ich hier tue, dass ich das alles erzähle, dadurch werde ich für Russland zum Staatsfeind Nummer 1. Denn ich erzähle von dem System, das wir haben. Ich handle also schlecht."
Ende 2014 packt Julia Stepanowa aus. Die Leichtathletin tritt gemeinsam mit ihrem Ehemann auf, einem ehemaligen Mitarbeiter der Russischen Anti-Doping-Agentur, Vitali Stepanow. In der ARD-Dokumentation "Geheimsache Doping - wie Russland seine Sieger macht" gesteht Julia Stepanowa nicht nur Doping ein. Das Ehepaar erzählt auch von einem ausgeklügelten Vertuschungssystem, das von Sportlern über vermeintliche Anti-Doping-Kämpfer bis in die Spitzen der Politik reicht.
Nach dieser Veröffentlichung setzt die Welt-Anti-Doping-Agentur eine unabhängige Untersuchungskommission ein. Diese fördert ein umfassendes Betrugssystem zu Tage und kommt zu dem Schluss, dass es sich in Russland um staatlich gestütztes Doping handelt. Die Russische Anti-Doping-Agentur wird gesperrt, dem Moskauer Labor die Akkreditierung entzogen.
Doping-Kronzeugin Julia Stepanowa am 01.02.2015 in Berlin in der Rudolf-Harbig-Halle. Vier Tage nach dem Ablauf ihrer Dopingsperre ging die Russin bei den norddeutschen Meisterschaften der Leichtathleten au
Doping-Kronzeugin Julia Stepanowa (dpa)
Aber diese Maßnahmen der WADA kommen spät. Bevor das Ehepaar Stepanow Ende 2014 im Fernsehen auspackt, hatte Vitali Stepanow versucht, seine Erkenntnisse intern loszuwerden. Rückblickend schildert er 2015 im Deutschlandfunk:
"Doch egal, an wen ich mich gewandt habe: Alle haben mir gesagt: So funktioniert das nun mal und zwar nicht nur in Russland. Überall auf der Welt gebe es die offiziellen Regeln und eben die inoffiziellen. Also habe ich im Jahr 2010 begonnen, der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA geschrieben. Also schon vor langer Zeit."
Aber der große Aufschrei der obersten Aufsichtsbehörde bleibt zunächst aus. Offenbar kommt ein Mitarbeiter der WADA zu der Einschätzung, dass die Information in seiner Behörde nicht gut aufgehoben ist. Jedenfalls vermittelt dieser Mitarbeiter den Kontakt zu Hajo Seppelt, einem deutschen Journalisten, der schon lange in Sachen Doping recherchiert.
Dopingmittel aus der ehemaligen DDR, ausgestellt im Haus der Geschichte in Bonn. 
20 Jahre Doping-Opfer-Hilfeverein - Von Zielen und Zerwürfnissen
Im März 1999 wurde der Doping-Opfer-Hilfeverein gegründet. Der Verein gab den Geschädigten des DDR-Staatsdopings eine Anlaufstelle und setzte Entschädigungen durch. Zuletzt sorgte aber vor allem ein tiefgreifender Streit um die Ausrichtung des Vereins für Schlagzeilen.
"Hajo Seppelt hat uns kontaktiert. Ich hatte ja die WADA schon vor langer Zeit informiert und hatte manchmal nicht das Gefühl, dass tatsächlich etwas passiert. Und ich fing an zu glauben, dass es möglicherweise doch stimmte, dass es diese inoffiziellen internationalen Regeln wirklich gibt, in denen Doping auf eine Art akzeptiert ist und es nur darum geht, keine Skandale zu produzieren."
Dieser Eindruck verfestigt sich nicht nur bei Vitali Stepanow. Nachdem seine Version bekannt wird, fragen sich viele: Wozu ist diese oberste Anti-Doping-Aufsichts-Behörde da, wenn sie bei solchen Hinweisen nicht umgehend reagiert und konsequentes Handeln an den Tag legt?
Nachdem Öffentlichkeit hergestellt ist, folgen immerhin erste Veränderungen. Für Menschen wie die Stepanows hat die WADA inzwischen eine Plattform eingerichtet, an die sich Hinweisgeber wenden können. Das wird gelobt. Zudem hat die Agentur die hauseigene Ermittlungs-Abteilung ausgebaut. Die Arbeit fand auch schon unter WADA-Kritikern Anerkennung. Außerdem ist eine unabhängige Ethikkommission geplant. Am 7. November gibt es einen turnusmäßigen Präsidentenwechsel in der WADA.
Aber der Umgang mit Russland lässt den Ruf nach einer grundlegenden Reform der WADA-Führung lauter werden.
Um die Kritik zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf die Anfänge der WADA. 1999 auf Initiative des Internationalen Olympischen Komitees gegründet, als Reaktion auf einen Doping Skandal bei der Tour de France, die so genannte Festina-Affäre.
Der Sport kontrolliert sich selbst
Mit der Gründung der WADA soll eine übergeordnete Aufsicht geschaffen und weltweit einheitliche Anti-Doping-Regeln eingeführt werden. Als Grundlage hierfür entsteht der "Welt-Anti-Doping-Code", ein Dokument, das seither immer wieder überarbeitet wurde. Der ehemalige Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, Jacques Rogge:
"Die Olympische Charta besagt, dass ein Sportverband den Code unterzeichnen muss, um anerkannt zu werden. Und die Olympische Charta besagt deutlich, dass ein nationales Olympisches Komitee den Code unterzeichnen muss, um an Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen. Und nicht zuletzt jeder Sportler, jeder Trainer und jeder Funktionär unterschreibt mit dem Antrag auf olympische Teilnahme auch seine Zustimmung zum Welt-Anti-Doping-Code."
Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne
Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne (picture alliance / dpa - Dominic Favre)
Verschiedene Interessengruppen sollen in der WADA-Struktur zusammen wirken. Stiftungsrat und Vorstand setzen sich zu gleichen Teilen zusammen aus Repräsentanten des Sports und nationaler Regierungen aus der ganzen Welt."
"Der Ursprung der WADA liegt ja im IOC, beziehungsweise in einer komplizierteren politischen Gemengelage." Sagt der Kriminologe Nils Zurawski, der an der Universität Hamburg lehrt. Er beschäftigt sich seit Jahren kritisch mit dem Anti-Doping-System: Für ihn ist das Internationale Olympische Komitee IOC ein "Abwickler":
"Die sorgen dafür, dass die WADA existiert, und auch dass das IOC mit einem Eigeninteresse an dieser Art von Dopingkontrollen auch viele der Menschen bestimmt, die im IOC das Sagen haben. Das ist ein großes Problem."
Denn der Sport kontrolliert sich damit selbst. Kritik am Einfluss des Sports auf das Anti-Doping-Programm kommt auch aus der Organisation selbst. Die scheidende WADA-Vize-Präsidentin, die norwegische Politikerin Linda Helleland, sieht ein Ungleichgewicht.
"Als ich zur WADA gekommen bin, habe ich gesehen, wie groß der Veränderungsbedarf ist. Ich habe gesehen, dass die Sportbewegung zu viel Einfluss hatte, die Regierungen waren schwach. Also ich sah, dass diese 50:50 Aufteilung innerhalb der WADA nicht existierte. Und ich sah auch, dass die Athleten, die Nationalen Anti-Doping-Agenturen und die öffentlichen Behörden das Vertrauen verloren. Die große Herausforderung ist, das Vertrauen wiederherzustellen und auch die Regulierungsbehörde zu sein, als die sie gedacht ist. Deshalb müssen wir uns ändern und zwar schnell, denn wir haben keine Zeit."
Craig Reedie, Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur, spricht auf einer Pressekonferenz in Lausanne.
Craig Reedie, Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur (dpa-Bildfunk / AP / Jean-Christophe Bott)
Ein großer Kritikpunkt sind die personellen Verflechtungen zwischen IOC und der WADA. So ist der WADA-Präsident der vergangenen Jahre, der Schotte Craig Reedie, selbst seit 25 Jahren Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees. Auch nach seiner Ernennung zum Chef der Anti-Doping-Agentur blieb Reedie noch mehr als zwei Jahre lang Vize-Präsident des IOC. Ähnlich wie dem Olympischen Dachverband wurde auch Reedie lange eine zu Russland-freundliche Haltung vorgeworfen.
WADA-Selbstkritik: "Krise, die auch uns betroffen hat"
Kritik, die etwa laut wurde, als die WADA die Russische Anti-Doping-Agentur schon im Herbst 2018 rehabilitierte ohne dass diese bereits alle Auflagen erfüllt hatte. Reedie selbst sagt, er habe seine Entscheidungen immer unabhängig getroffen. Auch den Vorwurf des zögerlichen Handelns weist er zurück:
Man könne der WADA nicht vorwerfen, sich tatenlos zurückgelehnt zu haben, sagte Reedie. Zumal seine Organisation erst seit einer Regeländerung 2015 überhaupt die Möglichkeit gehabt habe, eigene Ermittlungen anzustellen.
"Ja, ich glaube, der Umgang im russischen Doping-Skandal hat eine Krise hervorgerufen, die auch uns betroffen hat." Sagt Andrea Gotzmann, Vorstand der Nationalen Anti-Doping-Agentur in Deutschland.
"Weil die Anti-Doping-Arbeit im Allgemeinen in Frage gestellt wurde. Und diesen Vertrauensverlust gilt es jetzt zurückzugewinnen."
Die Glaubwürdigkeitskrise des Anti-Doping-Kampfes bezieht sich aber nicht nur auf den Umgang mit Russland. Die WADA muss sich seit Jahren die Frage gefallen lassen, warum viele große Dopingskandale nicht durch die vielen Blut- und Urinproben von Athleten aufgedeckt wurden, sondern durch Hinweisgeber. 2017 brachten Dopingtests weltweit in den olympischen Sportarten weniger als ein Prozent positive Ergebnisse – bei über 200.000 analysierten Proben. Eine auffällig niedrige Zahl. Verschiedene Studien gehen von deutlich höheren Werten im Spitzensport aus, eine aus Tübingen aus dem Jahr 2017 rechnet für die Leichtathletik 30-45 Prozent vor. Der Kriminologe Nils Zurawski blickt auf das Problem weltweit.
"Es wird zu wenig getestet, die falschen Leute werden getestet. Die Tests sind ineffizient, die Kontrollen sind ineffizient. Es wird zu wenig Geld dafür ausgegeben und es schaukelt das ja alles nur vor. Es gibt nur diese Möglichkeit des Testens, wenn man nicht jedem Athleten noch einen Menschen daneben stellen möchte. Ich glaube es gibt nichts Besseres. Leider ist das, was das Beste ist, immer noch schlecht genug, dass es nicht wirklich ausreicht."
Ein unterfinanzierter Anti-Doping-Kampf, der mit seinen Tests häufig nicht Schritt halten kann mit den neuesten Entwicklungen im Doping. Regeln, die nicht selten als zu dehnbar bezeichnet werden - so die Kritik. Für Nils Zurawski hängt es aber nicht nur am Geld, sondern auch am Willen.
"Es ist einfach so: Wenn nichts passiert, wenn keiner entdeckt wird, dann wäre es gut, weil dann die Show besser ist. Und das ist, was vermarktet wird. Es geht um Vermarktung und so lange es darum geht, wäre es gut, wenn nichts entdeckt wird."
"Das ist der Grund, warum wir eine Unabhängigkeit brauchen." Sagt Vize-Präsidentin Linda Helleland.
Auch Kritiker der polnischen Regierung loben Arbeit von Witold Banka
Hellelands Zeit als Vize-Präsidentin läuft in dieser Woche aus. Als Kandidatin um das Präsidentenamt unterlag sie dem Polen Witold Banka. Auch er wird von einer Länder-Regierung entsandt. Am 7. November soll er bei der Welt-Konferenz der WADA zum Präsidenten gekürt werden. Wer ist dieser Mann, der die Geschicke der WADA in dieser Umbruchphase lenken soll?
Witold Banka, designierter WADA-Chef
Witold Banka, designierter WADA-Chef (www.imago-images.de)
In Polen wird die Nominierung von Witold Banka als Erfolg für das ganze Land verstanden. Auch Jerzy Smorawinski ist stolz. Er war Professor für Sportmedizin und ein Pionier der Bekämpfung von Doping in Polen:
"Banka hätte diesen Posten nie bekommen können, wenn wir nicht so viel Vorarbeit geleistet hätten. Das ist eine Auszeichnung für das polnische Anti-Doping-System insgesamt. Wir haben schon sehr früh um ein Labor gekämpft, das Sportler kontrollieren kann. Es wurde schon 1987 im Institut für Sport eingerichtet, dank einiger leidenschaftlicher Biochemiker. Danach wurde es Schritt für Schritt ausgebaut."
Die erste Auszeichnung kam 2004: Das Labor bekam die Akkreditierung der WADA.
Diese Entwicklung gelang, obwohl für den Sport nach der demokratischen Wende 1989 kaum noch Geld da war. Das spürte auch Witold Banka in seiner aktiven Laufbahn als Leichtathlet noch. Er vertrat Polen in den 2000er-Jahren als 400-Meter-Läufer bei internationalen Wettbewerben, allerdings nie bei Olympischen Spielen. Sein größter Erfolg: die Bronze-Medaille mit der Staffel bei der Weltmeisterschaft 2007.
Heute ist Banka polnischer Sportminister und gehört der rechtskonservativen Partei "Recht und Gerechtigkeit", kurz PiS, an. Sie regiert Polen seit vier Jahren. Ihr Programm verbindet soziale mit nationalpatriotischen Elementen. In einem Konflikt mit der EU-Kommission geriet die polnische Führung vor allem durch ihre umstrittene Gerichtsreform. Diese verschafft der Regierung Einfluss auf die Richter. Damit gefährde die PiS die Gewaltenteilung, so die Einschätzung der EU-Kommission.
Aber auch Kritiker der polnischen Regierung loben die Arbeit von Witold Banka. Der Sportmediziner Jerzy Smorawinski saß selbst früher für eine andere Partei im Oberhaus des polnischen Parlaments und sagt über den designierten WADA-Chef:
"In der Regierung bewerte ich allein Minister Banka positiv. Er hat es geschafft, dass heute viel mehr Geld für den Sport da ist als vor ihm. Vor allem hat er den Jugendsport dadurch sehr stark gefördert."
Tatsächlich sind die Zahlen für polnische Verhältnisse imponierend. Allein in die Infrastruktur sind in den vergangenen vier Jahren umgerechnet 1,2 Milliarden Euro geflossen. Knapp 3.000 öffentliche Fitness-Trainings-Plätze im Freien wurden so gefördert, dazu Fußballplätze, Leichtathletik-Stadien und Hallenbäder. Das war einerseits möglich, weil die polnische Wirtschaft wuchs und die Steuereinnahmen sprudelten. Andererseits spielte Witold Banka seine Berufserfahrung aus. Nach seiner aktiven Karriere machte er sich im Bereich Public Relations selbständig. Er beriet Firmen im Umgang mit Medien und bei Imagekampagnen.
Staatliche Ermittlungsorgane im Kampf gegen Doping
So konnte er als Minister Unternehmen leichter davon überzeugen, sich an der Entwicklung des Sports zu beteiligen. Ein Mittel, das er auch als WADA-Chef nutzen möchte, wie Banka einem polnischen Internetportal sagte:
"Die WADA hat ein Budget zwischen 35 und 40 Millionen US-Dollar im Jahr. Wobei allein die Ermittlungen gegen Russland 1,7 Millionen US-Dollar gekostet haben. Ich sehe es also als meine Aufgabe, dafür zu sorgen, dass mehr Geld zur Verfügung stehen wird. Ich will, dass sich die großen Sportfirmen engagieren. Sie sollten die Anti-Doping-Politik mitfinanzieren und ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. Das ist ja auch in ihrem Interessen: Wenn du den Spitzensport förderst, möchtest du auch, dass dieser Sport sauber ist."
Das Geld soll unter anderem in einen von Banka so getauften "Solidaritäts-Fonds" fließen. Dieser Fonds soll armen Ländern helfen, Anti-Doping-Strukturen aufzubauen. Gerade afrikanische Länder wie Kenia oder Äthiopien, die in der Leichtathletik sehr erfolgreich sind, hätten da großen Nachholbedarf, sagt Banka.
Als zweiten Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit nennt Banka, dass er staatliche Ermittlungsorgane noch stärker als bisher für den Kampf gegen Doping gewinnen möchte. Als Minister konnte er das aus nächster Nähe beobachten: Die polnische Polizei war an der weltweiten "Aktion Viribus" im Juli beteiligt. In 33 Ländern wurden illegale Labors ausgehoben, verbotene Präparate beschlagnahmt und über 200 Personen festgenommen. Künftig sollten sich auch Geheimdienste am Kampf gegen Doping beteiligen, so Banka.
Beschlagnahmte Dopingmittel aus der Anti-Doping-Razzia
Beschlagnahmte Dopingmittel aus der Anti-Doping-Razzia (Ufficio Stampa Comando Generale - dpa-Bildfunk)
Banka erinnert auch immer wieder an seine Zeit als Sportler - und wie schwierig es für Athleten mitunter ist, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben und die Doping-Regeln nicht zu verletzten. Deshalb wolle er eine engere Zusammenarbeit mit den Sportlern anstreben und gerade die jungen unter ihnen besser aufklären.
Der 35-jährige Banka unterstrich als Regierungsmitglied zumindest verbal immer wieder, wie ernst er das Doping-Problem nehme. So bei der Gala zum 100. Jubiläum des Polnischen Olympischen Komitees. Die Hammerwerferin Anita Wlodarczyk bekam nachträglich die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 2012 in London überreicht. Die damalige Siegerin war des Dopings überführt worden. Witold Banka:
"Das war ein symbolischer Augenblick für mich. Von dieser Gala ging die Botschaft in die Welt, dass wir den Sport sauber halten wollen. Nur so kann er das Element bleiben, das uns weltweit vereint, das Mauern von Hass einreißt. Die Olympische Idee hat bewaffnete Konflikte gestoppt. Auch deshalb waren die Augen vieler Polen auf diese Gala gerichtet."
Doch mit olympischer Symbolik werden sich die Kritiker der Welt-Anti-Doping-Agentur nicht abfinden. Es wartet ein Berg an Aufgaben auf den neuen WADA Präsidenten.
Athleten verärgert
So fordert die Vorsitzende der WADA- Athletenkommission, die kanadische Skilanglauf-Olympiasiegerin Beckie Scott, Banka müsse, wie versprochen, die Stimme der Athleten besser einbinden. Saubere Athleten müssten geschützt werden.
"Wenn man sich mal überlegt, dass Athleten wirklich die primäre Interessensgruppe und der wesentliche Bestandteil sind, für die diese Organisation gegründet wurde, dann muss man einfach sagen: Es muss auch einen Kommunikationskanal geben und eine Möglichkeit für Engagement in diesen Entscheider-Runden."
Denn aktuell gibt es in der WADA zwar eine Kommission für die Athleten, aber sie haben keinerlei Stimmrecht - zum Ärger der Athleten:
"Das war die Rehabilitierung der Russischen Anti-Doping-Agentur bevor sie die Bedingungen erfüllt hatte. Die Athleten in unserer Kommission waren entschieden dagegen, dass der Bann aufgehoben wird. Das wäre eine Möglichkeit gewesen, auf Athleten zu hören und mal in der Gemeinschaft der Athleten die Temperatur zu messen."
Die Athleten pochen auf andere Entscheidungsprozesse. Es steht ein erneuter Ausschluss der russischen Anti-Doping-Agentur im Raum. Denn es gibt Grund zur Annahme, dass die WADA erst kürzlich mit manipulierten Daten aus dem Moskauer Labor beliefert wurde. Sollte sich das bewahrheiten, wird von der WADA erneut hartes Durchgreifen gefordert werden.
Bei der Generalversammlung in Kattowitz werden die Delegierten einen überarbeiteten Welt-Anti-Doping-Code diskutieren, in dem die Regeln erneut verschärft und präzisiert werden sollen.
Auch soll es ein Nominierungskomitee für hochrangige Posten in der Organisation geben. Auf diese Weise sollen die Verquickungen des Personals in Sport und Politik beschränkt werden. In jeder Kommission sollen auch Athleten sitzen, allerdings weiterhin ohne Stimmrecht.
Die unterlegene Mitbewerberin, Linda Helleland, wünscht dem neuen WADA-Chef im weltweiten Anti-Doping-Kampf dennoch eine glückliche Hand:
"Ich hoffe wirklich, dass Banka erfolgreich ist. Ich hoffe, dass er die Macht bekommt, um die Länderregierungen in der WADA zu stärken. Ich hoffe, wir werden eine ganz andere Führung in den kommenden Jahren sehen."