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Welthandel
China auf Werbetour in Deutschland

Im Handelsstreit mit den USA sucht China nach Verbündeten. Bei den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin werden die Wirtschaftsbeziehungen vertieft - allem Unbehagen zum Trotz. Denn das Bild des Musterknaben in Sachen Freihandel, das China derzeit von sich zeichnet, hat Kratzer.

Von Theo Geers | 09.07.2018
    09.07.2018, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßt vor dem Bundeskanzleramt Li Keqiang. chinesischer Ministerpräsident, zu Beginn der 5. deutsch-chinesische Regierungskonsultationen. Foto: Wolfgang Kumm/dpa | Verwendung weltweit
    Partner gegen Trumps Handelspolitik? Kanzlerin Angela Merkel und der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang vor den fünften deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Chinas Werbetour in Deutschland ist willkommen, und gleichzeitig weckt sie Unbehagen. Einerseits brauchen sich die Exportnationen China und Deutschland als Verbündete in Zeiten, in denen US-Präsident Donald Trump Handelsbeziehungen auf Spiel setzt, die über Jahrzehnte gewachsen sind.
    "Die Chinesen merken auch, dass es nicht einfacher wird auf der Welt, wenn sich US-Märkte schließen. Das heißt: Auch China wird überlegen müssen, von seiner China-first-Politik Abschied zu nehmen, wenn sie Verbündete brauchen", sagt DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben am Morgen im Deutschlandfunk, und zeigt gleichzeitig damit auf, wo auch große Probleme liegen, die beim Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang von deutscher Seite angesprochen werden.
    China ist seit zwei Jahren der wichtigste Handelspartner Deutschlands, das Handelsvolumen erreichte im letzten Jahr gut 186 Milliarden Euro. Und dennoch liegt für deutsche Firmen, die in China investieren, immer noch vieles im Argen, was auch mit der auf Le Keqiang zurück gehenden "Made-in-China-2025-Strategie" zu tun hat. Chinas Wirtschaft soll bis 2025 technologisch nach vorn gebracht werden, auch mit deutscher Hilfe.
    Doch gezielte Käufe von deutschen High-Tech-Firmen durch Chinesen wecken Unbehagen, wenn gleichzeitig die Benachteiligungen in China weiter bestehen. Erzwungener Technologietransfer, Diebstahl von geistigem Eigentum oder der Zwang, bei Investitionen in China grundsätzlich mit einem chinesischen Partner kooperieren zu müssen, auch wenn dieser Zwang zuletzt etwas gelockert wurde – all das sind viele Gründe, gegenüber China weiter vorsichtig zu bleiben, denn es sind tiefe Kratzer auf dem Bild des Musterknaben in Sachen Freihandel, das China derzeit von sich zeichnet.
    "Nichts Besseres als eine solide wirtschaftliche Abhängigkeit"
    Für China wiederum steht anderes im Vordergrund. Der Freihandel wird jetzt durch Trump bedroht, deshalb müssten China und Europa zusammen stehen.
    "Nichts ist besser als eine solide wirtschaftliche Abhängigkeit", sagt dazu auch Martin Wansleben. Er plädiert dafür, trotz aller Schwierigkeiten mit China das Wirtschaftliche und das Politische zu trennen, obwohl er weiß, wie delikat das ist bei einem Land, in dem die Minderheiten wie die Uiguren massiv unterdrückt oder deutsche Parteistiftungen massiv behindert werden, einem Land, in dem kritiklose Anpassung erwünscht ist – und wer sich daran nicht hält, bekommt den undemokratischen und autoritären Führungsanspruch der Staatsführung zu spüren.
    Dennoch fordert Wansleben im Namen der Wirtschaft, trotz allen Unbehagens die Wirtschaftsbeziehungen mit China auszubauen: "Wenn wirtschaftliche Verbindungen bestehen, hat man wenigstens Verbindungen. Wenn man jetzt agiert wie die USA, 'Willst Du nicht mein Partner sein, dann schlag ich Dir den Schädel ein', dann hat man überhaupt keine Verbindungen, und das hilft keinem."
    Und so werden heute Nachmittag die Wirtschaftsbeziehungen vertieft und im Kanzleramt entsprechende Verträge unterschrieben. So will der chinesische CATL-Konzern bei Erfurt ein Batteriezellen-Werk für Elektroautos errichten – in Aussicht gestellt sind damit 1.000 neue Jobs in Thüringen und der Aufbau einer Batteriezellenproduktion auch in Deutschland, zu der sich deutsche Autozulieferer wie Autohersteller selbst sich nicht entschließen konnten.