Das James-Webb-Teleskop ist der Nachfolger des Hubble-Teleskops. Ursprünglich für 2007 geplant, ist der Starttermin des größten Weltraumteleskops aller Zeiten bis heute ungewiss. "Es sollte 2018 starten, dann 2019, 2020 und jetzt 2021. Wir warten wirklich alle darauf", sagt der Astrophysiker Kevin Heng vom Center for Space and Habitability an der Universität Bern.
Das Problem: Ein sechseinhalb Meter großer Spiegel muss sich im All zuverlässig entfalten. Immer wieder geriet die Entwicklung an technologische Grenzen. Zuletzt entstanden Risse im Hitzeschild, deren Ursache nun erst beseitigt werden muss. Kritiker sprechen längst vom Just Wait Space Telescope: Der Preis stieg von ursprünglich 500 Millionen auf heute stattliche zehn Milliarden US-Dollar. Kevin Heng ist trotzdem euphorisch: "Das James-Webb-Teleskop ist als allgemeines Observatorium für die gesamte astronomische Gemeinschaft konzipiert: für Leute, die gerne Sterne studieren, Galaxien, die Kosmologie, Exoplaneten oder die Atmosphären von Exoplaneten."
Kritiker sprechen längst vom 'Just-Wait-Telescope'
Doch die zu beobachtenden Ziele für das James-Webb-Teleskop haben sich seit Projektbeginn vor 22 Jahren verschoben. Das zeigt das Beispiel der Exoplaneten: Während diese Planeten um ferne Sonnen damals noch als äußerst exotisch galten, waren doch 1996 die ersten von ihnen gerade entdeckt worden, sind sie heute ein zentrales Ziel der Astronomie. Ein größerer Teil der nur auf fünfeinhalb Jahre ausgelegten Missionszeit des Weltraumteleskops dürfte daher für die Beobachtung von Exoplaneten verwendet werden, sagt Thomas Henning, Direktor des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg: "Wir wissen, dass in dem Early-Release-Science-Programm, also den Beobachtungsprogrammen, die schon jetzt akzeptiert sind, Exoplaneten etwa 25 Prozent der gesamten Beobachtungszeit ausmachen. Ich kann mir vorstellen, dass das sogar zunimmt."
Für die Jagd nach Exoplaneten ist das Teleskop nicht ausgelegt
Das James-Webb-Teleskop ist allerdings gar nicht darauf ausgelegt worden, die chemischen Bestandteile in den Atmosphären von Exoplaneten zu bestimmen. Dieser Plan ist neu und dazu ein äußerst zeitaufwendiges Unterfangen, denn das Teleskop muss dafür jeden Vorbeiflug eines fernen Planeten vor dessen Stern aufzeichnen, über Jahre hinweg. Kevin Heng schätzt, dass auf diese Weise gerade ein Dutzend Atmosphären sogenannter Supererden analysiert werden könnte: Das sind Planeten, die bis zu zehn mal schwerer sind als die Erde. Zusätzlich dürfte zumindest die Atmosphäre von einem kleineren Planeten analysiert werden können, der unserer Erde wirklich ähnlich ist. Aber das ist derzeit nur eine fromme Hoffnung, sagt Kevin Heng von der Universität Bern:
"Momentan haben wir den idealen Planeten für solche Beobachtungen noch gar nicht gefunden: Er müsste erdgroß sein und um einen Stern in unserer kosmischen Nachbarschaft kreisen."
Indizien für Leben aufspüren - diese Ziel könnten andere Sonden zuerst erreichen
Damit ist es gut zwei Jahre vor dem derzeit anvisierten Starttermin völlig ungewiss, ob mit dem James-Webb-Teleskop eines der wichtigsten Ziele der Exoplanetenforschung überhaupt erreicht werden kann: In der Atmosphäre eines erdgroßen Planeten chemische Indizien für dort vorhandenes Leben aufzuspüren. Die Forscher hoffen nun auf zwei spezialisierte Satelliten: Die bereits gestartete NASA-Mission TESS könnte bislang unbekannte erdgroße Exoplaneten in unserer kosmischen Nachbarschaft aufstöbern. Der für 2019 geplante europäische Satellit CHEOPS soll die Größe der bis dahin bekannten Exoplaneten sehr genau vermessen. Gemeinsam könnten diese Missionen vielleicht einen Planeten aufspüren, dessen Atmosphäre das James-Webb-Teleskop dann erforschen könnte. Wenn das nicht klappt, hofft Thomas Henning erst auf die übernächste Generation der großen Weltraumteleskope. Thomas Henning:
"Man braucht möglicherweise noch größere Spiegel und eine bessere Koronagrafie, also eine bessere Abdeckung der Zentralsterne. James Webb wird da also nicht alles erledigen können, von dem wir träumen. Aber es wird erst einmal ein Riesenschritt nach vorne sein."