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Weltspartag in Zeiten niedriger Zinsen

Im Oktober 1925 fand der Weltspartag zum ersten Mal statt. Wegen niedrigster Zinsen ist Erwachsenen heute die Lust am Sparen vergangen. Kleine Sparerinnen und Sparer werden in einigen Banken mit Extra-Konditionen belohnt oder durch Gewinnspiele angelockt.

Von Brigitte Scholtes | 30.10.2013
    "Geld anlegen ist in der heutigen Zeit ja völlig uninteressant, wenn man von Festgeld ausgeht oder von irgendwelchen Bundesschatzbriefen.
    Ein aufgeklärter Anleger geht nicht zu seiner Hausbank für ein Sparbuch.
    Ich arbeite aktiv mit Aktien.
    Mittelstandsanleihen – nicht uninteressant. Da muss man natürlich ein bisschen vorsichtig sein. Aber: No risk – no fun.""

    Auf den Spaß bei der Geldanlage scheinen viele Sparer in Deutschland zu verzichten. Zu groß ist offenbar immer noch die Verunsicherung, wie es denn weitergeht mit der Wirtschaft. Schaffen die Europäer die Wende? Wie steht es um die amerikanische Geldpolitik? So trauen sich viele immer noch nicht stärker ins Risiko, steigt der DAX zwar auf immer neue Rekordstände, aber weitgehend getrieben von ausländischen Investoren. Diese Risikoscheu sei auch darin begründet, dass die Berater der Banken ihre Kunden falsch beraten hätten, ihnen empfohlen hätten, auf alle möglichen Trends zu setzen, statt nachhaltig und überlegt zu investieren. Das sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg:

    ""Mit diesen Anlageratschlägen, die wirklich schlecht, sind, kommt man natürlich auch nicht wirklich weit als Anleger. Und daher rührt natürlich auch eine gewisse Risikoaversion. Wenn man es aber richtig macht, konnte man in den letzten Jahren mit der Geldanlage an der Börse aber auch Geld verdienen, wenn man es beispielsweise breit streut in Form von Indexfonds, dann ist das eine vernünftige solide Sache. Nur daran verdienen die Banken natürlich nicht, weil man dann mit ruhiger Hand investiert."

    Viele aber bei festverzinslichen Geldanlagen – und jammern, dass das nichts bringt. Das stimmt ja auch, weil die Verzinsung von vielen dieser Anlagen oft unter der Inflationsrate liegt. Gustav Horn, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung, meint aber:

    "Sparen soll sich ja weniger lohnen, es soll sich lohnen, Geld auszugeben und die Wirtschaft in Gang zu bringen. Das ist genau der Sinn der Aktion. Vielfach hört man am Stammtisch auch die Worte von der Enteignung des Sparers. Da wiederum muss ich ganz energisch widersprechen: Es gibt keinen Rechtsanspruch auf hohe Zinsen, ebenso wenig wie es einen Rechtsanspruch auf hohe Löhne oder Gewinne gibt. Sondern man kann nur an Zinsen das bekommen, was auch erwirtschaftet wird. Und da die wirtschaftliche Lage eben im Euroraum eben nicht gut ist, kann man auch nur wenig erwirtschaften, dann gibt es auch entsprechend nur wenig Zinsen."

    So müssen die Sparer sich eben stärker aufs Risiko einlassen, wollen sie mehr Rendite haben. Aber auch das sollten sie nur wohlüberlegt tun. Oder sie tilgen Schulden, weil vor allem Ratenkredite häufig teuer sind. Die Niedrigzinsphase ist zwar von Nachteil für die Sparer, aber von Vorteil für Kreditnehmer.

    Die mangelnde Lust am Sparen aber zeigt sich schon an der leicht auf 10,3 Prozent gesunkenen Sparquote: So ist zwar das verfügbare Einkommen der Deutschen gestiegen, sie konsumieren aber auch gern mehr. Weniger zu sparen kann aber auch unangenehme volkswirtschaftliche Folgen haben, warnt Andreas Martin, Vorstand des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken:

    "Letztlich hängen ja auch immer Ersparnis in einer Volkswirtschaft und Investitionen in einer Volkswirtschaft eng zusammen. Und deshalb ist natürlich jetzt Wachsamkeit angebracht und natürlich auch die Empfehlung an die EZB, die Niedrigzinsphase zu einem geeigneten Zeitpunkt dann auch auslaufen zu lassen."

    Der Ausstieg aber dürfte noch etwas auf sich warten lassen. Erste Anhaltspunkte gibt heute Abend die amerikanische Notenbank Fed: Sie dürfte die lockere Geldpolitik wahrscheinlich noch eine Weile fortsetzen, glauben die meisten Börsianer. Und damit dürften auch die Zinsen noch auf längere Zeit auf ihrem niedrigen Niveau verharren.