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Weniger Hausaufgaben für niedersächsische Schüler

Viele Schüler stöhnen über zu viele Hausaufgaben. Wie viel aufgegeben wird, ist Sache der Länder. Viele überlassen es den Schulen selbst, wie lange Schüler an Hausaufgaben sitzen sollten, andere Länder regeln dies per Erlass. In Niedersachsen soll dieser Erlass jetzt geändert werden.

Von Susanne Schrammar |
    Anna-Lisa:

    "Wenn ich jetzt lange Schule hatte, bis 15.10 Uhr, dann sitze ich schon manchmal bis 18 Uhr dann zu Hause. Dann bleibt auch wirklich nicht mehr soviel Zeit."

    Mark:

    "Je nachdem, wie viele Arbeiten in der Zeit geschrieben werden, ist das schon zum Teil sehr viel, was man dann für die Schule machen muss. Und dann sitzt man dann schon ein paar Stunden am Lernen."

    Mit Freunden weggehen, Sport treiben oder ihren Hobbies nachgehen - das kommt in der Woche oft zu kurz bei Schülern wie Anna-Lisa und Mark, 15 und 16 Jahre alt. Die beiden Zehntklässler gehen aufs Kurt-Schwitters-Gymnasium in Hannover-Miesburg und müssen laut Hausaufgabenerlass des niedersächsischen Kultusministeriums bis zu drei Stunden pro Schultag zu Hause über ihren Büchern hocken.

    Dabei hat - durch die Umstellung auf das Turboabitur - gerade an den Gymnasien im Land die Belastung für die Schüler in den vergangenen Jahren stark zugenommen, sagt Schulleiter Winfried Bassmann:

    " Sie müssen sich vorstellen, dass beispielsweise Gymnasialschüler im neunten Jahrgang 34 Pflichtwochenstunden haben. Dazu kommen gegebenenfalls noch AG-Stunden - das geht ja schon nah an die Arbeitszeit von Erwachsenen ran. Wenn dann dazu noch Hausaufgaben kommen, dann kann es schon mal sein, dass Schüler von morgens acht bis 17, 18 Uhr mit Schule beschäftigt sind."

    Ein weiterer Hintergrund für die gewachsene Belastung: der Trend zur Ganztagsschulen und dem damit verbundenen Nachmittagsunterricht. Bereits an der Hälfte der insgesamt rund 2600 Schulen in Niedersachsen wird ganztags unterrichtet. Bernd Althusmann, niedersächsischer Kultusminister der CDU und selbst Vater schulpflichtiger Kinder, will die Schüler nun entlasten und die vorgegeben Maximalzeiten für Hausaufgaben an den Schulen erheblich verringern:

    "Und deshalb haben wir einen Erlass in die Anhörung gegeben, der jetzt zum neuen Schuljahr 2012 in Kraft treten soll mit deutlich abgesenkten, zumutbaren Grenzen. Ich glaube, wenn der Trend in den nächsten Jahren zur Ganztagsschule geht, wird man hier noch weiter darüber nachdenken müssen, ob nicht im Rahmen des Ganztages auch auf dem Wege der Hausaufgabenbetreuung dieses nicht auch ganz erledigt werden kann. Aber das ist noch ein weites entferntes Ziel."

    Der Erlass sieht vor, dass die Belastung der Schüler durch Hausaufgaben in Niedersachsen künftig fast halbiert wird: Grundschüler sollen danach nicht mehr Aufgaben bekommen, als sie in 30 Minuten zu Hause schaffen können. Schüler der Sekundarstufe ein müssten nicht länger als eine Stunde und die der Oberstufe maximal zwei Stunden an Hausaufgaben sitzen. Außerdem ist vorgesehen, dass Schüler bis zur zehnten Klasse an den Wochenenden gar nichts mehr aufbekommen und auch die Ferien - bis auf das Lesen von Schullektüre - frei von Schulaufgaben bleiben sollen.

    Unter den Ländern, die ihren Schulen überhaupt Vorgaben machen, gehört Niedersachsen damit zu denen mit den wenigsten Hausaufgaben. Doch in Nordrhein-Westfalen etwa gilt zudem die Regelung, dass an Tagen, an denen bis 16 Uhr unterrichtet wird, überhaupt keine Aufgaben für Zuhause mehr gestellt werden dürfen. Genau das wünscht sich auch der Landeselternrat in Niedersachsen, sagt der Vorsitzende Pascal Zimmer:

    "Für viele Lehrer ist selbstverständlich, dass sie danach schauen, welche Belastung Kinder an bestimmten Tagen haben und danach das Hausaufgabenpensum steuern. Leider ist es nicht an allen Schulen selbstverständlich und nur deshalb muss man solche Regelungen treffen."

    Trotz des Erlasses des Ministeriums können Schulen in Niedersachsen das Volumen der Aufgaben selbst regulieren und auch unter den vorgegebenen Zeiten bleiben. An der Hauptschule Meckelfeld im Landkreis Harburg hatte die Gesamtkonferenz der Schule kürzlich beschlossen, statt der klassischen täglichen Hausaufgaben wöchentliche To-Do-Listen einzuführen und es den Schülern damit künftig selbst zu überlassen, wie lange sie dafür täglich brauchen.

    Der Philologenverband in Niedersachsen kritisiert übrigens die Pläne des niedersächsischen Kultusministers, die vorgegebene Hausaufgabenzeit zu reduzieren. Bei zu wenig Aufgaben, heißt es hier, sei zu befürchten, dass das Leistungsniveau der Schüler sinke.