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Weniger Steuereinnahmen
Finanzminister Scholz sorgt vor - und lässt sparen

Es ist eine gewaltige Summe: Bis 2023 fehlen Bund, Ländern und Kommunen gut 124 Milliarden Euro. Die Steuereinnahmen sprudeln nicht mehr wie bisher prognostiziert. Doch Bundesfinanzminister Olaf Scholz gibt sich gelassen, denn er hat vorgesorgt.

Von Theo Geers | 09.05.2019
Bundesfinanzminister Olaf Scholz, SPD
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung der Ergebnisse der Steuerschätzung: Bund, Länder und Kommunen müssen sich auf weniger Steuereinnahmen einstellen als bislang gedacht (Kay Nietfeld/dpa)
Die Stunde der Wahrheit schlug um am Nachmittag um drei Uhr. Bund, Länder und Kommunen müssen in den nächsten Jahren, also bis 2023, mit 124,3 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen - als noch im November in Aussicht gestellt wurden. Doch wichtiger für den Finanzminister ist eine deutlich kleinere Zahl – 10,5 Milliarden. Denn Scholz hat nach eigenen Worten vorgesorgt. Als er im März seine Finanzplanung bis 2023 auflegte, hatte er die Delle beim Wirtschaftswachstum, die zu den rückläufigen Steuereinnahmen führt, schon zum größten Teil eingepreist. Deshalb muss er jetzt im Mai, zwei Monate später, nur die Mindereinnahmen auffangen, die dadurch entstehen, dass sich das Wachstum seit März noch mal verlangsamt hat. Dadurch fehlen Scholz in seinen Bundeshaushalten bis 2023 nur 10,5 Milliarden Euro. Und für dieses Jahr geht Scholz dabei sogar davon aus, dass er noch gar keine zusätzliche Sparanstrengungen unternehmen muss.
"Wir gehen davon aus, dass wir das laufende Jahr ohne gesonderte Entscheidungen bewältigen können. So viel Luft haben wir uns gelassen."
Wo wird gekürzt? Scholz lässt andere Ministerien Vorschläge machen
Deshalb beginnt das Kürzen von Ausgaben erst ab 2020. Dann muss sich die Regierung anstrengen. Wobei Scholz selbst keine Sparvorschläge machen will. Schließlich gilt beim Sparen: "Das soll eine Gemeinschaftsleistung bleiben, die aber, wie man ja an den Zahlen sehen kann, sehr gut zu bewältigen ist. Wenn niemand sich verdrückt, das ist allerdings die entscheidende Voraussetzung. Das muss man jetzt immer genau bedenken, wie lassen sich die Dinge bezahlen."
Das gilt aber nur für die Dinge, die Union und SPD im Koalitionsvertrag fest vereinbart haben. Diese prioritären Maßnahmen bleiben, so Scholz, erst mal durchfinanziert. Anders sieht es bei den nice-to-haves aus, den Dingen, die die Regierung auch noch gern hätte. Denn jetzt stecken Union und SPD in einer für sie eher ungewohnten Situation. Bei den letzten Malen hatten die Steuerschätzer ihre Berechnungen immer nach oben korrigiert, man konnte sich daher in der Koalition manch Zusätzliches leisten, ohne darüber in Streit zu geraten. Diese fetten Zeiten, das habe er ja schon im Januar gesagt, seinen vorbei, so Olaf Scholz.
"Für neue Vorhaben, für Vorhaben, die bisher nicht in der Finanzplanung berücksichtigt worden sind, gilt natürlich, dass die Anforderung an die Finanzierung und die Entwicklung von Finanzierungsvorstellungen höher geworden sind."
Union plädiert für Schwarze Doppel-Null
Heißt übersetzt: Egal ob die SPD eine Grundrente einführen oder ob die Union die Unternehmenssteuern senken, den Soli für alle abschaffen oder mehr Geld für die Bundeswehr ausgeben will - oder ob beide zusammen mehr Geld gegen den Klimawandel, für den Kohleausstieg, die Elektromobilität oder die EU nach dem Brexit ausgeben wollen – für alles müssen noch die nötigen Mittel aufgetrieben werden – und das wird schwerer, wenn über 124 Milliarden Euro an Steuereinnahmen wegbrechen, das weiß auch Olaf Scholz..
"Locker ist gar nichts, die Leute, die sowas erzählen, handeln nicht sehr verantwortlich und haben auch kein Gefühl für die Bedeutung ihrer jeweiligen Ämter. Aber mit Mühe und Anstrengung geht ganz schön viel, gut hinzukommen."
In der Union wird deshalb schon die schwarze Doppel-Null, bestehend aus "keine neuen Schulden und keine Steuererhöhungen", festgezurrt, so Fraktionsvize Andreas Jung. Der Staat müsse mit dem auskommen was zur Verfügung stehe. Die Finanzen laufen aus dem Ruder – so lautet dagegen das Urteil von Gesine Lötzsch von den Linken und aus Sicht von Anja Hajduk von den Grünen ist gutes Haushalten dagegen jetzt wichtiger denn je.