Freitag, 19. April 2024

Archiv


Wie das Buch in den Computer kommt

Das weltgrößte Onlineversandhaus Amazon verkauft mittlerweile mehr E-Books als Bücher aus Papier. Bits und Bytes statt Hardcover - dahin geht der Trend. Immer mehr Verlage bieten Lesestoff in elektronischer Form an. Einer der darauf spezialisierten Dienstleister ist 2hm Business Service.

Von Mirco Smiljanic | 21.09.2012
    So also sieht die Bibliothek der Zukunft aus: Ein Tablet-PC, 240 mal 185 Millimeter klein, winzige acht Millimeter hoch und mit 660 Gramm ein relatives Leichtgewicht. Und wie es sich für Bibliotheken gehört, zeigt der hochauflösende Bildschirm Regale mit vielen, vielen Büchern. In der ersten Reihe Krimis und Belletristik, darunter Kinder- und Kochbücher, dann kommen die Schätze:

    "Life on Earth, die Naturgeschichte unseres Planeten, beschrieben in Texten, Fotos und Videos, mit Internetlinks bestückt – das Buch der Zukunft…"

    ...das E-Book der Zukunft, um es genau zu sagen. Elektronische Bücher mit mehr oder weniger ansehnlichem Fließtext gibt es mittlerweile viele, wer technisch geschickt ist, kann sie sich selber erstellen. E-Books im High-End-Format sind aber eine Klasse für sich, da muss alles stimmen:

    "Bei dem Bild sehe ich gerade, dass das ziemlich unscharf ist, haben wir das so vom Kunden bekommen, was können wir da noch machen?"

    fragt Christian Burst, Geschäftsführer der "2hm Business Services GmbH Mainz" und beugt sich über das Foto eines historischen Ozeanriesen.

    "Generell ist das so, dass wir hier das Problem hatten, dass es ein relativ altes Buch war, die Qualität der Bilder war nicht so hoch, gerade wenn man sich das auf einem neuen iPad anguckt, wie wenn man es sich beispielsweise in der Printversion anguckt. Was wir hier gemacht haben, ist, die Schärfe mit Photoshop anzupassen."

    Vera Kemler, bei 2hm Business Services für die Produktion von E-Books zuständig, zeigt verschiedene Versionen des Bildes, mal kleiner, mal größer, mal mit kräftigen Farben, mal mit blassen – eine Gratwanderung, das Bild ist nun mal historisch, und das soll trotz aller technischen Möglichkeiten auch auf dem EBook zu sehen sein, zumal die Farbgebung ja nur bei teuren Tablet-PCs eine Rolle spielt, die üblichen E-Reader geben Texte und Bilder ohnehin nur Schwarz-Weiß wieder.

    Die 2hm Business Services GmbH wurde Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts gegründet, sie beschäftigt in Deutschland knapp 100 Mitarbeiter, hat aber auch eine Kooperation mit einem Partner in Vietnam, wo noch einmal 90 Mitarbeiter für den Mainzer E-Book-Produzenten arbeiten. Vietnam, heißt es in der Branche, laufe Indien den Rang ab. An den kommunistischen Hochschulen, sagt Christian Burst, werden Informatiker auf hohem Niveau ausgebildet, die zudem zu günstigen Konditionen arbeiten – noch. Bevor sie aktiv werden, muss aber zunächst das Mainzer Team die Rohdaten des künftigen E-Books aufbereitet.

    "Technisch bekommen wir ein Input-Format, das ist meistens ein Indesign oder ein PDF, dieses PDF wird von unserer Produktion analysiert, ob es leicht zu extrahieren ist, Extraktion bedeutet, dass wir Texte, Bilder, Schaubilder, Tabellen aus dem Inputformat herauslösen und dann letztendlich aufbereiten für das E-Book."

    Das dann in mehreren Schritten die Kollegen in Ho-Chi-Minh-Stadt herstellen – inklusive aller multimedialen Vernetzungen:

    "Gleichgültig, ob es ein Kinderbuch über die Beatles ist oder ein Kochbuch mit Internetzugang."

    "Sie können auch Lesezeichen setzen, wenn Sie sagen, das Rezept finde ich super, das will noch mal kochen, dann können Sie das hier machen",

    sagt Vera Kemler, klickt sich ins Internet und sucht Informationen über ein exotisches Gewürz. Etwa 600 E-Books pro Jahr produziert der Mainzer Dienstleister, Tendenz steigend. Die Zahl der verkauften E-Reader klettert steil nach oben, außerdem erkennen immer mehr Verlage das geschäftliche Potenzial elektronischer Bücher. Auch auf diesem Feld ist Christian Burst aktiv. Er sorgt dafür,

    "dass die E-Books letztendlich auf die verschiedenen Plattformen, die bekanntesten sind iTunes von Apple, Libri etc. auch verkaufsfähig gemacht werden, dass die Kunden, wenn sie entsprechende Bücher suchen, sie dann auch auf den Plattformen finden und sie dann direkt in ihren Einkaufskorb werfen können."

    Und die Kasse der 2hm Business Services GmbH klingeln lassen. Die Mainzer Firma verdient mit an jedem verkauften Buch.

    Womit ein brisantes Thema angeschnitten ist: Der Buchmarkt nach altem Muster hat ausgedient! Das gilt gleichermaßen für Verlage und für den Buchhandel. Firmen wie die 2hm Business Services sind mittlerweile Player in alle Sparten. Sie können,

    "von der Produktion, Beratung, der Covererstellung, bis hin zur Distribution und Vermarktung auf den Plattformen das alles übernehmen."

    2hm Business Services produziert digitale Bücher, übernimmt also klassische Druckereifunktionen; sie vertreibt Bücher, übernimmt also Aufgaben des Buchhandels; und sie betreut momentan zumindest teilweise die Konzeption des Buches bis hin zur Vergabe von ISBN-Nummern an Autoren. Da fehlen eigentlich nur noch Lektoren, und schon wäre der Anbieter technischer Dienstleistungen zum Vollverlag mutiert:

    "Ein Digitaler Verlag, weil wir keine Druckerei dabei hätten, genau!"

    Im Digitalen Zeitalter ist die aber auch überflüssig – fast zumindest.