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Wie kann die Arbeitsvermittlung verbessert werden?

Engels: Viele Vorschläge sind in der Diskussion, aber das Gesamtbild erschließt sich noch nicht so recht. Eines scheint aber deutlich zu sein: alle Seiten, CDU wie SPD wollen die Leistung der staatlichen Arbeitsvermittler verbessern. Am Telefon ist nun Franz Egle, er ist Professor an der Fachhochschule der Bundesanstalt für Arbeit in Mannheim und in dieser Eigenschaft bildet er Arbeitsvermittler für die Arbeitsämter aus. Guten Tag, Herr Egle.

    Egle: Guten Tag, Frau Engels.

    Engels: Wie sieht denn diese Ausbildung für die Arbeitsvermittler in der Praxis aus? Werden die Vorschläge, die nun diskutiert werden vielleicht schon praktisch angedacht?

    Egle: Wir haben schon eine ganze Reihe dazu gemacht und Ideen entwickelt, zum Beispiel die Fair Job Company, aber eines ist klar: die Vermittlung in den Arbeitsämtern ist außerordentlich wichtig aber noch nicht gut genug. Es gibt wichtige Probleme: zu wenig Vermittlungspersonal, die Relation Vermittler zu Arbeitslosen ist immer noch ungefähr 400, in manchen Arbeitsämtern geht es bis zu 1000, dann haben die Vermittler einfach zu wenig Zeit; sie müssen sich vorstellen, dass häufig vorkommt, dass die Vermittler Quittungen, Briefbögen, Briefmarken überprüfen und das raubt ihnen die Zeit fürs eigentliche Vermittlungsgeschäft. Schließlich ist das starre Computersystem im Arbeitsamt auch ein großes Problem.

    Engels: Das heißt also, die Idee, dass man hier die Vermittlungsleistung verbessern sollte, ist durchaus ernstzunehmen. Ist denn diese Idee, die jetzt von der Hartz-Kommission angesprochen wurde, sogenannte Service-Agenturen zu bilden, das heißt Sozialämter und Arbeitsämter bilden eine neue Einheit, die die Arbeitslosen quasi anstellen und dann als Zeitarbeiter vermitteln, eine Idee, die bei Ihnen auf Zustimmung stößt?

    Egle: Ja. Es ist einfach so, dass in Deutschland viel zu wenig Menschen in Zeitarbeitsfirmen beschäftigt sind. Und über diese Personalserviceagenturen könnten auch viele, aber längst nicht alle Arbeitslosen vorübergehend eine Stelle finden und wenn sie sich bewähren natürlich auch einen regulären Job bei den Unternehmen bekommen. Das ist ein wichtiges Instrument aber nicht alles. Es geht auch um die eigentliche Reform der Arbeitsvermittlung selbst und da sind auch Strukturreformen in den Arbeitsämtern nötig.

    Engels: Sie haben angesprochen, dass eine sogenannte Fair Job Company gefragt sei. Ist das dasselbe, was die Hartz-Kommission vorstellt?

    Egle: Das ist eine Idee, die wir mit Studenten und Kollegen entwickelt haben, auch mit Unterstützung der Initiative für Beschäftigung im Rhein-Neckar-Kreis. Es ist ein Franchising-Modell, das heißt also, die Vermittlungsteams in den Arbeitsämtern bilden eine eigene kleine Firma und die neue Bundesanstalt für Arbeit ist der Franchisegeber und leistet eben Hilfe bei Marketing und Verwaltung aber ansonsten arbeiten die Vermittler wie ein kleines leistungsfähiges Profit-Center.

    Engels: Das heißt also statt dem Beamtentum mehr unternehmerische Tätigkeit auch auf Seiten der Arbeitsvermittler?

    Egle: Ja, absolut. Und ich glaube, die würden das sehr gerne machen. Ich kenne ja sehr viele Vermittler, die wir in den letzten zehn, fünfzehn Jahren ausgebildet haben; die fühlen sich eingeengt durch die Bürokratie und möchten gerne mehr Selbständigkeit erfahren und Engagement einbringen und sehen, wie ihre Ideen schneller zur Innovation werden im System Arbeit. Wenn Sie einfach mal ausrechnen, was ein Arbeitsloser pro Arbeitstag eines Vermittlers kostet - ungefähr 100 Euro. Also einen Tag schneller vermittelt bedeutet 100 Euro eingespart und wenn sie das bei 3 Millionen im Jahr machen, haben sie 300 Millionen im Jahre eingespart. Und wenn sie davon auch noch einen zusätzlichen Bonus für die Vermittler geben, dann ist das ein Gewinnmodell sowohl für die Vermittler, für die Gesellschaft, für die Bundesanstalt für Arbeit und natürlich auch für die Arbeitgeber, die ihre Stellen schneller besetzt bekommen.

    Engels: Das heißt aber wenn ich Sie recht verstehe, Sie müssten diesen Beamtenapparat der Bundesanstalt für Arbeit ziemlich gut durcheinanderwirbeln.

    Egle: Das macht aber nichts. Das ist meines Erachtens auch dringend erforderlich.

    Engels: Sehen Sie denn Ansätze sowohl bei den Vorschlägen der Hartz-Kommission als auch bei dem, was beispielsweise bei der Union diskutiert wird, dass man überhaupt in diese Richtung denkt?

    Egle: Ich glaube schon. Ich hatte selber Gelegenheit, bei der Hartz-Kommission die Fair Job Company vorzustellen und bin gespannt, ob sie darauf eingehen und welche Ideen sie selbst entwickeln um ein solches Konzept oder ein ähnliches umzusetzen.

    Engels: Ein anderes Konzept, was bei der Hartz-Kommission diskutiert wird ist die Förderung der Selbständigkeit, die einen neuen Namen bekommen soll: sogenannte Ich-AGs. Ist denn diese Förderung neu oder schütteln die, die Sie ausbilden da schon wissend den Kopf?

    Egle: Man hat in der Vergangenheit für Existenzgründungsprogramme schon einiges gemacht, auch die Bundesanstalt für Arbeit hat sehr viel gefördert. Es ist einfach abgesehen vom Namen noch mal eine Stärkung, dass Menschen sich über eine Selbständigkeit mehr eigene Chancen am Arbeitsmarkt realisieren können und man sollte mit Nachdruck daran gehen, die Quote der Selbständigen zu erhören, die ja gegenwärtig in Deutschland ohnehin nur bei zehn Prozent liegt.

    Engels: Nun gibt es ja diesen einen Bereich, was die Vermittlung angeht, nun gibt es den anderen der Zumutbarkeit für die Beschäftigungslosen, was bedeutet, dass Jobs angenommen werden müssen, die heute vielleicht abgelehnt werden. Stößt das denn in der Diskussion mit den Vermittlern auf Zustimmung?

    Egle: Ich glaube schon. Die meisten Vermittler sehen, dass es große Probleme gibt bei der Frage, was zumutbar ist, und die regionale Mobilität und die berufliche Flexibilität lassen nicht selten zu wünschen übrig. Man kann auch auf andere Länder und ähnliche Reformen einen Blick werfen. Da wird fast überall etwas mehr gefordert von den Arbeitsuchenden. Ich denke etwa an Großbritannien, wo mit jedem Arbeitslosen ein Arbeitssuchvertrag vereinbart und da sind knallharte Forderungen drin, die auch erfüllt werden müssen. Ich glaube, dass das einen Effekt auf dem Arbeitsmarkt hätte, wenn auch nicht in der Größenordnung, die gegenwärtig diskutiert wird.

    Engels: Vielen Dank. Wir sprachen mit Professor Franz Egle, er lehrt an der Fachhochschule der Bundesanstalt für Arbeit in Mannheim.