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Wie sich Edward B. Gordon erfolgreich selbstvermarktet

Jeden Tag malt er ein Bild - und vertreibt sein Werk ausschließlich über das Internet. Damit löst sich Edward B. Gordon vom konventionellen Kunstmarkt. Es ist eine Unabhängigkeit, die er schätzt. Doch das Geschäftsmodell hat auch Nachteile.

Von Sabine Oelze und Susanne Luerweg |
    "Ich bringe sie einfach mal zum Edward."

    Edward B. Gordons Bilderschmiede ist nicht leicht zu finden. Sie liegt versteckt in Schöneweide, am östlichen Rand von Berlin. Fernab vom hippen Kunsttreiben in Mitte. Es riecht nach frischer Ölfarbe. Bis unter die Decke hängen Gordons Bilder an den Wänden. Ein repräsentatives Ambiente, in dem aber nur selten Besucher vorbeikommen. Denn der 47-jährige Maler vertreibt seine Werke ausschließlich im Internet. Edward B. Gordon malt täglich ein Bild. Fast wie ein Beamter hält er einen strengen Tagesablauf ein.


    "Ich versuche, vormittags ein Motiv zu finden. Entweder, indem ich spazieren gehe oder hier im Atelier was arrangiere und um 15 Uhr mache ich die Zugbrücke hoch und dann fange ich an zu arbeiten und dann steht es im Netz, wenn ich fertig bin. Vor 24 Uhr muss ich dann in die Pötte kommen, aber es hat auch schon mal Zeiten gegeben, wo es dann fünf vor zwölf war, im wahrsten Sinne."

    Die Kunden zahlen pünktlich, der Künstler ist zufrieden

    Seit sieben Jahren malt Gordon seine quadratischen, 15 mal 15 Zentimeter großen Tagesbilder. Es sind Momentaufnahmen des Großstadtlebens: Berlinerinnen flanieren mit schicken Handtaschen übers Kopfsteinpflaster, ein Müllmann kehrt am Rosenthaler Platz den Gehweg, ein Zug fährt im Ostbahnhof ein. Der Pinselstrich: pastos, die Farben: heiter, der Stil: figurativ.

    "Gestern war das 2241. Tagesbild"

    150 Euro: Das ist das Mindestgebot für ein Tagesbild. Meistens bieten die Interessen deutlich mehr. "Hängen" geblieben - wenn man das überhaupt so sagen kann - ist in der Onlinegalerie so gut wie noch nie ein Bild. Auch zahlen die Kunden pünktlich. Edward B Gordon ist deshalb absolut zufrieden mit seinem Modell der Selbstvermarktung.

    "Ich habe auch keine Galerie mehr die mich vertritt und bin völlig frei. Ich muss auch keine Aufträge annehmen. Die Sachen gehen mittlerweile in weltweite Sammlungen und viele Sachen sind auch dann auch schon vorreserviert."

    Die Idee kommt aus den USA, wo zahlreiche Künstler ihr Glück im Netz versuchen. Für Gordon war es das passende Modell, sich vom traditionellen Kunstbetrieb und seinen Konventionen zu lösen. Schon in den 90er Jahren hatte der Sohn eines Bildhauers eine Website, die sich aber in Zeiten scheppernder Modems nur langsam aufbaute. Das Problem ist längst behoben und via eigenes Blog und Facebook-Seite bewirbt er seine Kunst. Auf seine Unabhängigkeit vom herkömmlichen Kunstmarkt legt er viel Wert.

    "Beim Maler der bringt die Bilder da hin und der Galerist hängt die hin und erwartet dann, dass er 50 bis 60 Prozent verdient. Ich finde, das ist nicht mehr so ganz zeitgemäß."

    Viele lehnen den Onlinehandel ab - doch Gordon lässt sich nicht beirren

    Der Nachteil des Onlinebetriebs - ohne Galerie keine Museumsausstellungen, nur wenig Rezensionen im Feuilleton oder in Kunstmagazinen. Der etablierte Kunstbetrieb rümpft die Nase. Kunst und Internet - das geht nach Meinung vieler nicht zusammen. Auch der Sammler Thomas Olbricht, der seine Werke unter anderem in Berlin in einem privaten Showroom zeigt, kauft nur, was er selbst gesehen hat und lehnt den Internethandel ab.

    "Weil die Farben sind nicht in Ordnung, die Beschreibungen stimmen nicht, es wird viel geschönt, sie müssen das Original sehen und fühlen."

    Auch die Kölner Galeristin Gisela Capitain glaubt nicht daran, dass der Onlinehandel eine Zukunft hat. Nicht zuletzt, weil die Galerie ihnen in schlechten Zeiten Rückhalt bietet.

    "Also es gibt immer mehr Künstler die eine sogenannte Website haben und dadurch jemanden ermöglichen ihn anzusprechen. Die Künstler, die das auf eigene Faust und eigene Rechnung tun, haben letztendlich dann doch einen etwas schwierigen Stand in dem System von Galerien. Und dann gibt es ja immer wieder Phasen, in denen sie nicht so erfolgreich sind. Was machen sie dann?"

    Edward B. Gordon kann mit dieser Kritik gut leben. Er macht weiter wie bisher, fährt nicht in den Urlaub, arbeitet sieben Tage die Woche und "malt täglich ein Bild". Seine Onlinegalerie und sein Blog sind rund um die Uhr geöffnet. Zu seinen Förderern und Kunden zählt neben Ex Bundeskanzler Schröder auch der FAZ Herausgeber Frank Schirrmacher. Gerade ist - ganz analog - im Schweizer Kein und Aber Verlag ein Buch mit seinen Berlin-Bildern erschienen. Die Distanz des Kunstbetriebs hält er nicht nur räumlich aus, sondern kann sie auch sonst gut verkraften.

    "Ich habe eher das Gefühl, dass der Kunstmarkt ein bisschen Angst davor hat. Dieses Flügelschlagen, wenn man dann noch jemanden so abwertet, ist es eher ein Zeichen, dass sie ein bisschen Befürchtungen und so haben. Mir ist es lieber, es hängt jemand mein Bild ins Wohnzimmer und freut sich daran, als dass es jemand in den Keller stellt und so grässlich findet, aber er hofft, dass es sich in der Rendite verdoppelt."