Heinlein: Bildungsrepublik Deutschland: Die Kanzlerin entdeckte im Sommer ein neues Schlagwort und prompt machte sich Angela Merkel in den zurückliegenden Wochen auf Entdeckungstour quer durch die deutsche Bildungslandschaft. Kindergärten, Schulen und Hochschulen, Händeschütteln und viel öffentliche Aufmerksamkeit. Auch die Kanzlerin weiß: Bildung ist für viele Wähler ein Schlüsselthema. Die Sorge um die Zukunft der Kinder liegt allen Eltern am Herzen.
In dieser Woche nun der Höhepunkt dieser Bildungsoffensive: ein Gipfel in Dresden mit den Ministerpräsidenten, um gemeinsam Dinge auf den Weg zu bringen. Allerdings die Länder scheinen wenig bereit, ihre traditionellen Kompetenzen mit dem Bund zu teilen und in Zeiten der Finanzkrise ist das Geld knapper geworden. Dennoch: im "Interview der Woche" zeigte sich Bundesbildungsministerin Schavan hier im Deutschlandfunk optimistisch.
O-Ton Schavan: Ich bin davon überzeugt, dass der Gipfel erfolgreich sein wird. Das wird kein Gipfel nach dem Motto "schön, dass wir darüber gesprochen haben". Es wird ein Papier geben, das zeigt, wie sich Bund und Länder in die Pflicht nehmen lassen, so wie wir das beim Hochschulpakt gemacht haben.
Heinlein: Bundesbildungsministerin Schavan und vor dieser Sendung habe ich mit der Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz Margret Wintermantel gesprochen und sie gefragt, ob sie den Optimismus der Bundesbildungsministerin teilt.
Wintermantel: Ich hoffe sehr, dass bei dem Bildungsgipfel tatsächlich konkrete Zusagen gemacht werden und dass man wirklich so vernünftig ist, dass man sieht, dass man den Studierenden oder die jungen Leuten, die studieren wollen, wirklich die bestmögliche Ausbildung garantiert. Ich hoffe sehr, dass tatsächlich hier konkrete Zusagen gemacht werden.
Heinlein: Auf welche konkreten Zusagen hoffen Sie denn?
Wintermantel: Wir haben ja in der Hochschulrektorenkonferenz eine Reihe von Forderungen gestellt. Die wichtigste dieser Forderungen ist natürlich, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen gesichert ist und dass wir, um auch die Bologna-Reform wirklich zu einem Erfolg werden zu lassen, einfach mehr Personal in den Hochschulen brauchen. Wir haben ja die Zahl von 2,6 Milliarden Euro pro Jahr für fünf Jahre genannt und ich hoffe sehr, dass dieses beim Bildungsgipfel auch gehört wird.
Heinlein: Worauf gründen Sie Ihren Optimismus?
Wintermantel: Ich denke, die Politik weiß, dass tatsächlich die Chancen dieser Volkswirtschaft, die Chancen dieser Nation natürlich damit zu tun haben, wie gut unsere jungen Leute ausgebildet sind.
Heinlein: Müssen denn die Hochschulen eher in der Breite oder eher in der Spitze gefördert werden?
Wintermantel: Sie müssen sowohl in der Breite als auch in der Spitze gefördert werden. Für eine gute Spitze braucht man natürlich auch eine gewisse Breite. Aber es ist einfach so, dass wir nicht nur aus volkswirtschaftlichen Gründen, sondern auch um unseren jungen Leuten die Chance zu geben, ihre individuellen Kompetenzen wirklich zur Geltung kommen zu lassen, sie auch fördern.
Heinlein: Wie groß ist denn Ihre Sorge, dass in den Zeiten der Finanzkrise, die wir gegenwärtig erleben, das Geld auch für stärkere Bildungsausgaben, das Sie ja jetzt fordern, knapper wird?
Wintermantel: Natürlich ist die Sorge groß. Natürlich sehen wir die Schwierigkeiten in der aktuellen finanziellen Situation. Aber auf der anderen Seite: Man kann doch jetzt nicht irgendwie daran zweifeln, dass unsere jungen Leute tatsächlich die Chance für die Zukunft bedeuten.
Heinlein: Aber ein weiterer finanzieller Kraftakt scheint ja eher ausgeschlossen. Woher soll denn das Geld kommen? Haben Sie da Vorschläge?
Wintermantel: Ich denke, es ist nicht meine Aufgabe, Vorschläge zu machen, wo Geld weggenommen wird, um in die Bildung einzugehen. Aber tatsächlich ist es doch ein Gebot der Stunde. Wir müssen etwas für die jungen Leute tun, die vor den Türen der Hochschulen stehen.
Heinlein: Frau Wintermantel, im Vorfeld des Gipfels gab es ja heftiges Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern. Haben Sie den Eindruck, dass man sich da gegenseitig im Wege steht?
Wintermantel: Wir hoffen sehr, dass Bund und Länder sich einigen, auch für die Weiterführung des Hochschulpakts, und dass sie sich wirklich darin einig sind, wie wichtig die Finanzierung des Bildungssystems ist.
Heinlein: War es ein Fehler, im Rahmen der Föderalismusreform die Kompetenzen für den Bildungsbereich fast vollständig den Ländern zu übereignen?
Wintermantel: Wir haben derzeit den Eindruck, dass das tatsächlich nicht gut war, dass es kein Erfolg gewesen ist. Aber wir hoffen sehr, dass Bund und Länder sich beim Bildungsgipfel einigen.
Heinlein: Sie sprechen viel von Hoffnung. Brauchen wir ganz konkret vielleicht mehr Bildungszentralismus, also mehr Mitsprache des Bundes bei Schulen und Hochschulen?
Wintermantel: Wir brauchen sicher eine klare Linie in der Hochschulbildung und wir brauchen einfach auch das Bekenntnis dazu, dass hier wirklich Zukunftsinvestitionen getätigt werden müssen.
Heinlein: Ist die föderale Bildungsvielfalt in Deutschland ein Standortvorteil, oder überwiegen die Schattenseiten nach Ihren Eindrücken?
Wintermantel: Mein Eindruck ist im Augenblick, dass eher die Schattenseiten überwiegen.
Heinlein: Frau Wintermantel, Angela Merkel, die Kanzlerin, erklärte an diesem Wochenende, es gehe ihr bei diesem Gipfel vor allem um eine bessere Verzahnung der Übergänge von der Schule über die Ausbildung bis zur Hochschule. Was ist denn notwendig, um dieses Ziel zu erreichen?
Wintermantel: Wenn die Hochschulen ihre Tore weiter öffnen sollen - und das ist ja die politische Absicht -, wenn sie das tun sollen, dann müssen natürlich auch finanzielle Mittel dazu zur Verfügung stehen. Dann müssen Brückenkurse beispielsweise angeboten werden. Dann muss einfach auf die Diversität auch eingegangen werden.
Heinlein: Braucht es da bundeseinheitliche Regelungen, oder ein regionales Klein-Klein, oder die Universitäten, die selbst dann entscheiden können, etwa einen Handwerksmeister für ein Studium aufzunehmen?
Wintermantel: Ich denke, man braucht vernünftige Prozeduren und es ist klar, dass Kompetenzen, die in der beruflichen Bildung erworben worden sind, auch im akademischen Bereich anerkannt werden sollten.
Heinlein: Sehen Sie da eine größere Offenheit auch auf Ihrer Seite?
Wintermantel: Auf der Seite der Hochschulen gibt es eine große Offenheit.
Heinlein: Aber bisher sind die Türen an den Hochschulen für Nicht-Abiturienten eher verschlossen?
Wintermantel: Die Hochschulen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber man muss ihnen natürlich auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen.
Heinlein: Die staatliche KfW-Bank verteuerte zuletzt deutlich den Zinssatz für Studienkredite. Ist dies das falsche Signal, um mehr Jugendliche, mehr Nicht-Akademiker an die Hochschulen zu locken?
Wintermantel: Na ja, das ist natürlich das falsche Signal. Wir müssen etwas tun! Wir dürfen nicht auf junge Leute in unserem Bildungssystem verzichten. Wenn es wirklich um die Finanzierung geht, das geht nicht.
Heinlein: Ist denn die oft genannte Zahl einer 40-Prozent-Akademikerquote eines Jahrgangs ein realistisches Ziel auf lange Sicht?
Wintermantel: Wenn die Hochschulen vernünftig und adäquat finanziert werden, ja.
Heinlein: Heißt das aber nicht unter dem Strich mehr Masse und weniger Klasse?
Wintermantel: Das muss es nicht heißen. Wir wollen Autonomie für die Hochschulen und wir wollen eine gute Grundfinanzierung.
Heinlein: Frage zum Schluss, Frau Wintermantel. Studiengebühren, überfüllte Hörsäle, Numerus clausus und so weiter. Wie können Sie denn Abiturienten derzeit ein Studium besonders schmackhaft machen?
Wintermantel: Ich denke schon, es ist eine Investition in die Zukunft und wir wissen ja aus allen Zahlen, dass eine akademische Ausbildung eine gute Grundlage für die Zukunft, für die individuelle Zukunft ist. Wir wissen, dies ist doch klar.
Heinlein: Im Deutschlandfunk Margret Wintermantel. Sie ist Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz. Wir haben das Gespräch vor dieser Sendung aufgezeichnet.
In dieser Woche nun der Höhepunkt dieser Bildungsoffensive: ein Gipfel in Dresden mit den Ministerpräsidenten, um gemeinsam Dinge auf den Weg zu bringen. Allerdings die Länder scheinen wenig bereit, ihre traditionellen Kompetenzen mit dem Bund zu teilen und in Zeiten der Finanzkrise ist das Geld knapper geworden. Dennoch: im "Interview der Woche" zeigte sich Bundesbildungsministerin Schavan hier im Deutschlandfunk optimistisch.
O-Ton Schavan: Ich bin davon überzeugt, dass der Gipfel erfolgreich sein wird. Das wird kein Gipfel nach dem Motto "schön, dass wir darüber gesprochen haben". Es wird ein Papier geben, das zeigt, wie sich Bund und Länder in die Pflicht nehmen lassen, so wie wir das beim Hochschulpakt gemacht haben.
Heinlein: Bundesbildungsministerin Schavan und vor dieser Sendung habe ich mit der Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz Margret Wintermantel gesprochen und sie gefragt, ob sie den Optimismus der Bundesbildungsministerin teilt.
Wintermantel: Ich hoffe sehr, dass bei dem Bildungsgipfel tatsächlich konkrete Zusagen gemacht werden und dass man wirklich so vernünftig ist, dass man sieht, dass man den Studierenden oder die jungen Leuten, die studieren wollen, wirklich die bestmögliche Ausbildung garantiert. Ich hoffe sehr, dass tatsächlich hier konkrete Zusagen gemacht werden.
Heinlein: Auf welche konkreten Zusagen hoffen Sie denn?
Wintermantel: Wir haben ja in der Hochschulrektorenkonferenz eine Reihe von Forderungen gestellt. Die wichtigste dieser Forderungen ist natürlich, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen gesichert ist und dass wir, um auch die Bologna-Reform wirklich zu einem Erfolg werden zu lassen, einfach mehr Personal in den Hochschulen brauchen. Wir haben ja die Zahl von 2,6 Milliarden Euro pro Jahr für fünf Jahre genannt und ich hoffe sehr, dass dieses beim Bildungsgipfel auch gehört wird.
Heinlein: Worauf gründen Sie Ihren Optimismus?
Wintermantel: Ich denke, die Politik weiß, dass tatsächlich die Chancen dieser Volkswirtschaft, die Chancen dieser Nation natürlich damit zu tun haben, wie gut unsere jungen Leute ausgebildet sind.
Heinlein: Müssen denn die Hochschulen eher in der Breite oder eher in der Spitze gefördert werden?
Wintermantel: Sie müssen sowohl in der Breite als auch in der Spitze gefördert werden. Für eine gute Spitze braucht man natürlich auch eine gewisse Breite. Aber es ist einfach so, dass wir nicht nur aus volkswirtschaftlichen Gründen, sondern auch um unseren jungen Leuten die Chance zu geben, ihre individuellen Kompetenzen wirklich zur Geltung kommen zu lassen, sie auch fördern.
Heinlein: Wie groß ist denn Ihre Sorge, dass in den Zeiten der Finanzkrise, die wir gegenwärtig erleben, das Geld auch für stärkere Bildungsausgaben, das Sie ja jetzt fordern, knapper wird?
Wintermantel: Natürlich ist die Sorge groß. Natürlich sehen wir die Schwierigkeiten in der aktuellen finanziellen Situation. Aber auf der anderen Seite: Man kann doch jetzt nicht irgendwie daran zweifeln, dass unsere jungen Leute tatsächlich die Chance für die Zukunft bedeuten.
Heinlein: Aber ein weiterer finanzieller Kraftakt scheint ja eher ausgeschlossen. Woher soll denn das Geld kommen? Haben Sie da Vorschläge?
Wintermantel: Ich denke, es ist nicht meine Aufgabe, Vorschläge zu machen, wo Geld weggenommen wird, um in die Bildung einzugehen. Aber tatsächlich ist es doch ein Gebot der Stunde. Wir müssen etwas für die jungen Leute tun, die vor den Türen der Hochschulen stehen.
Heinlein: Frau Wintermantel, im Vorfeld des Gipfels gab es ja heftiges Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern. Haben Sie den Eindruck, dass man sich da gegenseitig im Wege steht?
Wintermantel: Wir hoffen sehr, dass Bund und Länder sich einigen, auch für die Weiterführung des Hochschulpakts, und dass sie sich wirklich darin einig sind, wie wichtig die Finanzierung des Bildungssystems ist.
Heinlein: War es ein Fehler, im Rahmen der Föderalismusreform die Kompetenzen für den Bildungsbereich fast vollständig den Ländern zu übereignen?
Wintermantel: Wir haben derzeit den Eindruck, dass das tatsächlich nicht gut war, dass es kein Erfolg gewesen ist. Aber wir hoffen sehr, dass Bund und Länder sich beim Bildungsgipfel einigen.
Heinlein: Sie sprechen viel von Hoffnung. Brauchen wir ganz konkret vielleicht mehr Bildungszentralismus, also mehr Mitsprache des Bundes bei Schulen und Hochschulen?
Wintermantel: Wir brauchen sicher eine klare Linie in der Hochschulbildung und wir brauchen einfach auch das Bekenntnis dazu, dass hier wirklich Zukunftsinvestitionen getätigt werden müssen.
Heinlein: Ist die föderale Bildungsvielfalt in Deutschland ein Standortvorteil, oder überwiegen die Schattenseiten nach Ihren Eindrücken?
Wintermantel: Mein Eindruck ist im Augenblick, dass eher die Schattenseiten überwiegen.
Heinlein: Frau Wintermantel, Angela Merkel, die Kanzlerin, erklärte an diesem Wochenende, es gehe ihr bei diesem Gipfel vor allem um eine bessere Verzahnung der Übergänge von der Schule über die Ausbildung bis zur Hochschule. Was ist denn notwendig, um dieses Ziel zu erreichen?
Wintermantel: Wenn die Hochschulen ihre Tore weiter öffnen sollen - und das ist ja die politische Absicht -, wenn sie das tun sollen, dann müssen natürlich auch finanzielle Mittel dazu zur Verfügung stehen. Dann müssen Brückenkurse beispielsweise angeboten werden. Dann muss einfach auf die Diversität auch eingegangen werden.
Heinlein: Braucht es da bundeseinheitliche Regelungen, oder ein regionales Klein-Klein, oder die Universitäten, die selbst dann entscheiden können, etwa einen Handwerksmeister für ein Studium aufzunehmen?
Wintermantel: Ich denke, man braucht vernünftige Prozeduren und es ist klar, dass Kompetenzen, die in der beruflichen Bildung erworben worden sind, auch im akademischen Bereich anerkannt werden sollten.
Heinlein: Sehen Sie da eine größere Offenheit auch auf Ihrer Seite?
Wintermantel: Auf der Seite der Hochschulen gibt es eine große Offenheit.
Heinlein: Aber bisher sind die Türen an den Hochschulen für Nicht-Abiturienten eher verschlossen?
Wintermantel: Die Hochschulen sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, aber man muss ihnen natürlich auch die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen.
Heinlein: Die staatliche KfW-Bank verteuerte zuletzt deutlich den Zinssatz für Studienkredite. Ist dies das falsche Signal, um mehr Jugendliche, mehr Nicht-Akademiker an die Hochschulen zu locken?
Wintermantel: Na ja, das ist natürlich das falsche Signal. Wir müssen etwas tun! Wir dürfen nicht auf junge Leute in unserem Bildungssystem verzichten. Wenn es wirklich um die Finanzierung geht, das geht nicht.
Heinlein: Ist denn die oft genannte Zahl einer 40-Prozent-Akademikerquote eines Jahrgangs ein realistisches Ziel auf lange Sicht?
Wintermantel: Wenn die Hochschulen vernünftig und adäquat finanziert werden, ja.
Heinlein: Heißt das aber nicht unter dem Strich mehr Masse und weniger Klasse?
Wintermantel: Das muss es nicht heißen. Wir wollen Autonomie für die Hochschulen und wir wollen eine gute Grundfinanzierung.
Heinlein: Frage zum Schluss, Frau Wintermantel. Studiengebühren, überfüllte Hörsäle, Numerus clausus und so weiter. Wie können Sie denn Abiturienten derzeit ein Studium besonders schmackhaft machen?
Wintermantel: Ich denke schon, es ist eine Investition in die Zukunft und wir wissen ja aus allen Zahlen, dass eine akademische Ausbildung eine gute Grundlage für die Zukunft, für die individuelle Zukunft ist. Wir wissen, dies ist doch klar.
Heinlein: Im Deutschlandfunk Margret Wintermantel. Sie ist Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz. Wir haben das Gespräch vor dieser Sendung aufgezeichnet.