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"Wir tragen nicht viel zum CO2-Ausstoß bei"

Insbesondere die Schwellenländer sehen sich nicht als Verursacher des Klimawandels. Indiens Umweltminister Ramesh machte jetzt deutlich: Ohne oder gar gegen Indien seien die Chancen auf einen Durchbruch beim nächsten UN-Klimagipfel in Durban eher gering.

Von Axel Flemming | 05.07.2011
    Jairam Ramesh kam gerade aus Berlin, wo sich der Petersberger Klimadialog zwei Tage damit beschäftigte, ob es eine Nachfolgeregelung für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll geben wird.
    Indiens Umweltminister ist skeptisch, er befürchte, dass in Durban keine wesentlichen Fortschritte erreicht werden könnten. Insofern müssten ganz neue Ansätze auf den Weg gebracht werden, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu minimieren: "Es gibt ein neues Element: ein weltweites Ziel. Als das Rahmenabkommen der Vereinten Nationen zum Klimawandel 1992 geschlossen wurde, gab es das noch nicht. Aber heute arbeiten wir in diese Richtung, das war auch Konsens in Kopenhagen: den Anstieg der Temperatur auf zwei Grad zu begrenzen!"
    Ramesh gilt als einer der einflussreichsten Welt-Klima-Politiker. Vor den Hörern im Kuppelsaal des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung sprach er über die Riesenlücke, die nach seiner Ansicht zwischen Wissenschaft und politischem Handeln klafft: "Leider sind die Welt der Verhandlungen um den Klimawandel und die Welt der intellektuellen Bemühungen getrennt. Viele der weltweiten Studien werden von Think-Tanks betrieben, wie hier im PIK, leider schaffen sie es nie auf die große Bühne der Diskussionen um den Klimawandel."
    Bei den internationalen Verhandlungen zum Klimaschutz dürften Fragen des wirtschaftlichen Wachstums und einer sicheren Energieversorgung nicht losgelöst betrachtet werden.

    Er müsse auch als Umweltminister dafür sorgen, dass Indiens Volkswirtschaft weiterhin um jährlich jeweils acht bis neun Prozent wachsen kann und dass die 1,3 Milliarden Einwohner des Landes eine Chance auf einen höheren Lebensstandard bekommen, so Ramesh.
    Nach seinen Angaben entfallen auf Indien weniger als fünf Prozent des weltweiten Ausstoßes von klimaschädlichen Gasen, obwohl in dem Land rund 16 Prozent der Weltbevölkerung leben: "Wir tragen nicht viel zum CO2-Ausstoß bei, weder historisch, noch in der jüngsten Zeit haben wir das Problem der globalen Erwärmung verursacht. Aber wir müssen sehen, dass wir trotzdem Teil der Lösung dieser Probleme sein müssen. Die Herausforderung für mich war, meine Landsleute zu überzeugen, dass der Klimawandel für Indien wirklich eine Herausforderung ist."
    Veränderte Regenfälle, steigender Meeresspiegel, Gletscherschmelze und Abholzung, gleich vierfach sei Indien vom Klimawandel betroffen.
    Ramesh sieht Innovationen als Schlüssel für den Klimaschutz, mit deren Hilfe Energie besser genutzt und auch sauberer erzeugt werden kann. PIK-Direktor Hans Joachim Schellnhuber freute sich über die Ankündigung einer Konferenz der Schwellenländer mit den Industrieländern noch vor dem Gipfel in Durban in Potsdam: "Die Idee, dass sich die Industrie- und die Schwellenländer treffen, das ist eben das Neuartige. Bisher war eigentlich dieser Prozess immer gespalten, die Industrieländer haben ihre Agenda, die Schwellenländer beklagen sich, dass die Industrieländer nicht das Nötige tun. Und das wäre eben ein Versuch, diese beiden Welten über eine Brücke zu verbinden. Wenn man sagt, wir machen ein Klimagespräch, dann wird immer drauf verwiesen, wenn die Inder, die Brasilianer, die die Chinesen nicht mitmachen, ist es eh sinnlos. Und jetzt geht die Initiative von den Schwellenländern aus, das macht es außerordentlich attraktiv."