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Wirtschaftsköpfe 2014
Joe Kaeser - Siemens-Chef will Konzern stabilisieren

Weit über 100 Tage hat er schon hinter sich als neuer Siemens-Chef. Für dieses Jahr hat Joe Kaeser mit dem Konzern ehrgeizige Pläne. Er will Siemens stabilisieren und nimmt dafür auch die Mitarbeiter in die Pflicht.

Von Michael Watzke |
    Im Kalender von Joe Kaeser ist ein Termin 2014 besonders dick eingetragen: der 30.September. Dazu hat der Siemens-Chef vermerkt "…dass es Siemens auch nach dem 30.09.2014 geben wird!"
    Am 30.9.2014 endet das Restrukturierungs-Programm "Siemens 2014". 6 Milliarden Euro will der Konzern bis dahin eingespart haben. Jo Kaeser, der eigentlich Josef Käser heißt, will Siemens unbedingt profitabler machen. Der Gewinn pro Aktie soll von jetzt 5 Euro deutlich steigen:
    "Zumindestens 15 Prozent - auf Basis der ganzen Firma, und wenn wir so weiter machen jedes Jahr, sind wir ziemlich schnell sehr profitabel."
    Knapp ein halbes Jahr steht Kaeser nun an der Siemens-Spitze. Als erstes Etappenziel nach den Löscher-Cromme-Chaos-Tagen nannte er: "Die Beruhigung unseres Unternehmens war die Stabilisierung seiner inneren Ordnung."
    Mit der Unordnung bei Siemens ist es wie mit Kaesers gewaltigem Schnurrbart. Den rasierte sich der 56-jährige Niederbayer im vergangenen Jahr komplett ab. Aber wenn man nicht aufpasst, wachsen die Stoppeln schnell nach. Auch bei Siemens gab es neue Unruhe nach der Entlassung von Personalchefin Brigitte Ederer und weiteren 15.000 Mitarbeitern. Trotzdem bescheinigt sich Kaeser nach 150 Tagen im Amt "eine ganze interessante und, wie ich meine, auch erfreuliche Entwicklung. Eine Menge ist passiert. Und mit der Neuausrichtung der Regionen haben wir auch bereits erste strategische Impulse gesetzt."
    Kaeser sieht eigene Arbeit positiv
    Seit diesem Jahr sind die Siemens-Vorstände nicht nur für Sektoren, sondern auch für Regionen zuständig. So will der Konzern eine bessere Anbindung an die Märkte erreichen. Kaeser hatte gleich Glück damit: in den USA konnte er ein neues Milliarden-Geschäft mit Offshore-Windrädern verkünden, und bei den dauer-verspäteten Bummel-ICE-Zügen für die Deutsche Bahn geht es zumindest ruckelweise vorwärts. Kaeser hat viel Druck gemacht und sich als Kümmerer präsentiert – auch vor Ort, in den Produktions-Standorten. Das sei an der Basis des Unternehmens gut angekommen, behauptet der Siemens-Chef:
    "Alle Mitarbeiter fragen die selbe Frage: was muss ich für einen Beitrag leisten? Und das ist natürlich schwierig bei 370 000 Kolleginnen und Kollegen. - Egal wo Sie beschäftigt sind: Machen Sie das so, als wäre es Ihre eigene Firma!"
    Diesen Wahlspruch setzt Kaeser sogar am Aktienmarkt durch: Siemens will in den nächsten 22 Monaten eigene Wertpapiere in Höhe von 4 Milliarden Euro zurückkaufen. Das soll der Stabilisierung des Konzerns dienen. Möglicherweise wird Kaeser als nächstes die Abschaffung des umstrittenen Siemens-Sektors "Infrastruktur and Städte" bekanntgeben - ein Konstrukt seines Vorgängers Peter Löscher, das viele Analysten als "Resterampe" verspottenen. Kaeser steht für weniger hierarchische Abgrenzungen. Sein Motto für 2014:
    "Silos müssen sich öffnen und Barrieren verschwinden."
    Arbeitsplatzabbau bleibt eine Option
    Verschwinden wie Kaesers Schnurrbart, den der Siemens-Chef seit dem Abrasieren nach eigenen Angaben nicht vermisst. Auch seine Frau habe dem Schnauzer keine Träne nachgeweint. Und in Kaesers niederbayerischem Heimatort Arnbruck stellen die Einwohner bei ihrem berühmten Mitbürger keine Veränderung fest, seit Kaeser an der Siemens-Spitze steht:
    "Der [?] sagt Fürdi, Grüss dich, Servus zu die Leut." - "Der ist mit den ganzen Vereinen verbunden, seine Frau ist beim Gemeinderat." - "Das ist egal, ob da Faschingsball ist oder, die sitzen da am Tisch unter den Leuten und das ist selbstverständlich."
    Im 2000-Seelen-Ort Arnbruck ist Josef Käser auch weiterhin Schirmherr des örtlichen "Raubritter-Festes". Als Raubritter sieht er sich bei Siemens allerdings nicht. Aggressive Übernahmen fremder oder hektisches Abstoßen eigener Konzernteile werde es mit ihm nicht geben.
    "Kaufen und verkaufen ist kein Wert an sich und deswegen werden wir das auch nicht des Kaufens und Verkaufens willen tun."
    Was nicht heißt, dass sich 2014 so mancher Siemensianer plötzlich außerhalb des Konzerns wiederfinden könnte. Joe Kaeser verspricht lediglich "eine gute Zukunft, eine gute Perspektive. Nicht für alle, aber für die allermeisten."