Nach Gletscherabbruch
Wissenschaftler: "Kein zwingender Zusammenhang mit Klimawandel" - Lötschental einer weiteren Katastrophe entgangen

Der Gletscherabbruch im Lötschental in der Schweiz müsse nicht zwangsläufig in Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen, sagte der Glaziologe Matthias Huss von der ETH Zürich im Deutschlandfunk. Allerdings sehe man in den letzten Jahren eine Häufung ähnlicher Ereignisse.

    Das Foto zeigt das überflutete Dorf Blatten im Schweizer Lötschental. Von den Häusern sind nur noch Dächer zu sehen. Im Vordergrund ist eine Gerölllawine.
    Das Dorf Blatten im Schweizer Lötschental ist nach einem Gletscherabbruch überflutet. (picture alliance / KEYSTONE / JEAN-CHRISTOPHE BOTT)
    Huss betonte im DLF, dass ein ganzes Dorf durch einen Gletscherabbruch verschwinde, sei auch für die Schweiz absolut ungewöhnlich; das habe es so noch nie gegeben. Ob der Mensch durch den Klimawandel dafür verantwortlich sei, könne man zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht sagen.

    "Kaskade von Ereignissen"

    Es habe eine ganze Kaskade von Ereignissen gegeben, meinte Huss. Begonnen habe es damit, dass ein Berggipfel oberhalb des Gletschers instabil geworden sei. Dieser Gipfel sei dann kollabiert und habe sich auf dem Gletscher abgelagert. Der Gletscher wiederrum sei durch das zusätzliche Material aus dem Bergsturz instabil geworden und ins Tal gerutscht.
    Die genaue Ursache, warum der Berggipfel instabil geworden sei, müsse man noch erforschen. Es sei durchaus möglich, dass dies eine Folge des Klimawandels sei; gerade in hohen Lagen würde der Permafrost die Felsen zusammenhalten. Der Glaziologe sagte weiter, es scheine, dass dieser Prozess immer häufiger geschehe. Allerdings habe es ähnliche Ereignisse auch schon in Urzeiten gegeben.

    Bergsteiger müssen sich gründlicher vorbereiten

    Der Experte für Klimafragen beim Deutschen Alpenverein, Hipp, sieht durch die Folgen des Klimawandels insgesamt eine Zunahme der Gefahren wie Steinschlag und Felsstürze. Die Alpen seien durch den Klimawandel und die damit einhergehende Erwärmung im Ungleichgewicht und würden instabil. Man müsse davon ausgehen, dass Ereignisse wie im Lötschental weiter zunehmen.
    Wie groß die Gefahr für Bewohner und Wanderer in den Alpen sei, hänge stark davon ab, wo man sich bewege. Hipp sagte, der normale Bergwanderer, der sich nicht im Hochgebirge bewege, müsse sich weniger Sorgen machen. Aber schon in Lagen ab 2.000 Metern Höhe sehe man einen klar belegten Zusammenhang zwischen der Zunahme der Gefahren und dem menschengemachten Klimawandel. Im Gebirge werde es immer gewisse Gefahren geben, ihre Wahrscheinlichkeit nehme durch den Klimawandel aber zu.

    Wasser des Flusses fließt jetzt stellenweise ab

    Vor Ort im Schweizer Lötschental hat sich die Lage indessen leicht entspannt. Wie die Behörden mitteilten, sind vorerst keine weiteren Evakuierungen nötig. Der Schweizer Rundfunk berichtete, dass das hinter dem Schuttkegel aufgestaute Wasser des Flusses Lonza stellenweise abfließe. Damit sinkt das Risiko einer Flutwelle.
    Ein großer Teil des Birchgletschers war am Mittwoch abgebrochen. Eine Gerölllawine überrollte daraufhin das zuvor evakuierte Dorf Blatten.
    Diese Nachricht wurde am 31.05.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.