Archiv

Zensur auf Online-Plattformen
Upload-Filter für Bilder, Videos und Musik

Der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments hat eine Urheberrechtsreform beschlossen. Bilder, Videos und Musiktitel sollen mit Filtern geschützt, der unrechtmäßige Upload verhindert werden. Dieser Beschluss werde heftig kritisiert, erklärte IT-Experte Peter Welchering im Dlf. Ein Kritikpunkt: die Leistung der Filter.

Peter Welchering im Gespräch mit Christiane Knoll |
    Pfeile zeigen in Neon-Wolken / Arrows show in Neon Clouds
    Die EU will künftig unrechtmäßige Uploads durch Filter verhindern (imago / Aeriform)
    Peter Welchering Befürchtet wird, dass mit solchen Uploadfiltern Beiträge zensiert werden. Denn jeder Beitrag, der auf ein Portal oder eine Online-Plattform hochgeladen wird, wird von dieser Filtersoftware gescannt und dann entweder abgewiesen oder hochgeladen. Gescannt werden sollen die Beiträge jetzt nach dem Wunsch der EU-Parlamentarier auf Urheberrechtsverletzungen. Aber die Mitglieder des Rechtsausschusses haben überhaupt nicht analysiert, ob Uploadfilter Urheberrechtsverletzungen eigentlich feststellen können oder nicht. Sie haben sich nicht angeschaut, wie Uploadfilter arbeiten und welche verschiedenen Arten von Filtern es gibt. Mit anderen Worten: Was da im Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments beschlossen wurde, ist handwerklich schlecht gemacht, weil nicht geklärt wurde, wie diese Filterung technisch funktionieren soll.
    Filter arbeiten mit Wasserzeichen und digitalem Fingerabdruck
    Christiane Knoll Lassen Sie uns mit einem konkreten Beispiel anfangen: Ich möchte Musik hochladen, die geschützt ist. Gibt es für den Fall eine Lösung die funktioniert?
    Welchering Hier helfen Wasserzeichen. Das sind Filter, Suchprogramme, die einfach eine Art Wasserzeichen suchen, das die Autoren oder Produzenten von Videos oder Audiostücken in ihre Datei eingearbeitet haben. Wird solch ein Wasserzeichen erkannt, meldet das System einen Urheberrechtshinweis. Und die Datei kann nicht hochgeladen werden. Um hier Urheberrechtsverletzungen zu erkennen, brauche ich allerdings keinen Uploadfilter einzusetzen. Agenturen arbeiten schon heute mit Suchprogramme, die Wasserzeichen in Videodateien oder Musikstücken suchen. Wird so eine Datei gefunden, teilen Agentur oder Urheber das dem Plattformbetreiber mit. In der Regel wir die Datei dann heruntergenommen von der Plattform und eine Strafzahlung ist fällig.
    Kleinkind oder Taliban?!
    Andere Filtersysteme arbeiten mit einer Prüfsumme, also einer Art digitalem Fingerabdruck einer Datei. Funktioniert so: Wenn ein Internet-Nutzer dann ein Video hochlanden will, wird von seiner Datei auch eine Prüfsumme berechnet und mit den in einer Datenbank hinterlegten Prüfsummen der geschützten Werke verglichen. Bei einer Übereinstimmung gibt es ebenfalls eine Urheberrechtsmeldung, die Datei kann nicht hochgeladen werden. Das funktioniert bei Videos und Audios relativ gut. Bei Texten kann man damit keine Ergebnisse erzielen. Bei Fotos ist das auch mitunter schwierig. Denn da werden bildbestimmende Farben und Elemente und Elemente zu einer Prüfsumme verrechnet. So ein Verfahren ist etwa eingesetzt worden, um Propaganda-Fotos der Taliban zu verhindern. Als Folge wurden viele Fotos von Neugeborenen blockiert, weil sie angeblich terrorverdächtig sind. Bei genauerer Analyse liegt das daran, dass Babys und Taliban mit sehr vielen weißen Textilien bedeckt sind. Das führt dann zu einer Übereinstimmung bei der Prüfsumme. Das sind also falsche Positivmeldungen. Heißt konkret: Das Bild vom Enkelchen kann nicht auf Facebook gepostet werden, weil der Uploadfilter sagt: Das ist ein Taliban.
    Knoll In der Diskussion um die Uploadfilter wird aber immer wieder argumentiert, dass dadurch Zensur geübt werde
    Welchering Das ist bei Filtern der Fall, die mit Stichworten oder Textphrasen arbeiten. Die weisen dann etwa alle Dateien ab, in denen "Rassismus" oder "Asyl" auftaucht, weil diesen Diskussionen zu diesen Themen nicht erwünscht sind. Bei manchen Filtern müssen solche Indexwörter dann öfter auftauchen. Andere Filter arbeiten mit IP-Adressen, wenn von einer bestimmten gelisteten IP-Adresse ein Beitrag hochgeladen werden soll, wird der verhindert, oder Beiträge von IP-Adressen in Italien oder in den USA werden abgewiesen.
    Gegen Entscheidungen von Algorithmen gibt es keinen Rechtsweg
    Knoll Wer soll denn entscheiden, welche Filter zum Einsatz kommen?
    Welchering Darüber haben sich die Mitglieder des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments dummerweise überhaupt keinen Gedanken gemacht. Insofern wäre das den Plattformbetreibern überlassen. Und je nachdem, welche Filter die einsetzen und welche Vergleichsbasis die in der Abgleichdatenbank zugrunde legen, kämen dann auch ganz unterschiedliche Filterergebnisse heraus. Und deshalb kann man heute schon die Prognose wagen: Diese Uploadfilter werden jede Menge Dateien zurückweisen, in denen nun wirklich keinerlei Urheberrechtsverletzung steckt. Gegen diese Entscheidung von Algorithmen gibt es keinen Rechtsweg. Und deshalb wird hier Meinungsfreiheit massiv eingeschränkt.