Freitag, 19. April 2024

Archiv

Zerreissprobe
Die Ukraine vor der Präsidentschaftswahl

Seit dem Februar 2014 ist die Ukraine ein anderer Staat. Vorbei die Zeiten der Orangenen Revolution. Über Hundert Tote hat der Euro-Maidan gefordert, im Osten herrscht Krieg. Während Kiew größte Mühe hat, das Land zusammenzuhalten, wird am Sonntag ein neuer Präsident gewählt.

Von Sabine Adler | 23.05.2014
    Ein strenger Geruch weht über den Maidan in Kiew. Zwar ist das Pflaster unter den Barrikaden blitz blank gefegt, doch die WC-Häuschen miefen. Sie stehen vor dem abgebrannten Gewerkschaftshaus, dessen rußverschmierte Fassade seltsam rosa Flecken zieren. Ein Künstler ertrug den Anblick der Ruine nicht, wollte mit der Farbe den Helden des Maidan ein Zeichen setzen. Vom Gewerkschaftshaus hat man einen guten Blick auf beide Enden des Maidan. Zum Unabhängigkeitsdenkmal vor dem Hotel Ukraina. Und zum anderen Ende, wo sich Restaurant an Restaurant reiht.
    Blut floss über den Asphalt
    Eine Touristenecke. Am 20. Februar lagen hier fast ein Dutzend Leichen. Schulter an Schulter. Elf tote Maidanaktivisten. Auf dem Asphalt. Es war ein strahlend sonniger Tag, aber eiskalt. Die Männer, die eben noch auf den Barrikaden gestanden hatten, waren regelrecht abgeschossen worden. Nun hatte jemand ihre Körper hierher vor den Schnellimbiss gebracht, sie notdürftig mit Tüchern zugedeckt, das Blut floss noch über den Boden. Ein junger Mann mit rußverschmiertem Gesicht, auf dem Kopf eine Art Helm starrte entsetzt auf die, die gerade noch seine Kampfgefährten waren.
    Priester Ioan war herbeigeeilt, schwenkte beim improvisierten Trauergottesdienst das Weihrauchfässchen, ein großes Kreuz auf der Brust, einen Stahlhelm auf dem Kopf. Hinterher sagte er:
    "Es war furchtbar, aus irgendeinem Grund haben sie geschossen. Auch auf mich. Wir dachten, dass wir das nicht übeleben. So viele Tote. Das ist unmenschlich. Ich bin gerannt, um Hilfe zu holen, einen Arzt. Ich sah, wie sie fielen, nicht wieder aufstanden. Und du, geh nicht ohne Helm, sie schießen."
    Über 100 Tote hat der Euro-Maidan gefordert
    An diesem 20. Februar, einem Donnerstag, ist die Ukraine ein anderer Staat geworden. Vorbei das Land der Orangenen Revolution mit seinen friedlichen Protesten. Über 100 Tote hat der Euro-Maidan gefordert. Im Osten herrscht Krieg.
    Als die Demonstrationen Ende November begonnen hatten, schlug die Empörung hoch, weil protestierende Studenten geschlagen worden waren. Keine 50 Personen waren anfangs auf die Straße gegangen gegen Präsdient Viktor Janukowitsch, weil der, anders als vorher zugesagt, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union doch nicht unterschrieben hatte.
    Die prügelnde Staatsgewalt trieb Hunderttausende auf die Straße, Sonntag für Sonntag. Der Euro-Maidan formierte sich, immer mehr harrten trotz Eiseskälte in dem Protestlager aus, wärmten sich im Haus der Gewerkschaften auf, die Aktivisten übernahmen die seltsamsten Aufgaben. Pawel Moskolenko, 24 Jahre alt, war Schlafsaalwächter - mit Universitätsabschluss. Auf einem Stuhl inmitten der Luftmatratzen passte er auf, dass keinem der Ruhebedürftigen sein Hab und Gut unter dem Kopfkissen weggezogen wurde. "Hier ruhen sich die aus, die Tag und Nacht auf den Barrikaden stehen, die das Territorium des Euro-Maidan bewachen. Wir lassen die rein, die Ruhe brauchen. Obdachlose, Leute ohne Papiere bitten wir zum Ausgang, denn sie belegen Plätze, die wir für die Revolutionäre brauchen."
    Die Hauptstadt Kiew in einem nicht erklärten Ausnahmezustand
    Menschen mit Ukraine- und EU-Flaggen auf dem Maidan in Kiew
    Menschen mit Ukraine- und EU-Flaggen auf dem Maidan in Kiew (dpa / picture alliance / Zurab Dzhavakhadze)
    Der Platz war Symbol für den Wunsch, zu Europa gehören zu wollen, vor allem aber sich des korrupten Regimes zu entledigen. Die Hauptstadt Kiew lebte in einem nicht erklärten Ausnahmezustand. Bis es lichterloh brannte. Die Demonstranten zündeten Autoreifen an, damit der dicke schwarze Rauch den Sicherheitskräften die Sicht bei ihren Einsätzen nahm. Tagsüber schleppten die Kiewer alles, was sich abfackeln ließ, auf den Platz. Abends fütterten sie das Feuer, tagelang. Sie klopften Steine aus dem Pflaster, füllten Wasserflaschen mit Benzin, ihre Munition gegen die Polizei, die sie mit Gewalt von dem Platz vertreiben wollte. Seit Januar waren fünf Tote zu beklagen, diese Februarwoche sollte alles ändern.
    Am 20. und 21. Februar feuerten Scharfschützen auf die Aktivisten, Dutzende Menschen starben durch Kugeln aus Präzisionsgewehren. Die Maidankämpfer feuerten zurück. Wer auf wen ist trotz Untersuchungskommission bis heute nicht beantwortet. Autos rasen zum Platz, um die Verletzten abzutransportieren.
    "Sie bringen die Leute um, sie töten sie. Es gibt Dutzende Tote und Hunderte Verletzte."
    Wer auf wen schoss, bis heute ungeklärt
    Während auf dem Maidan den zweiten Tag in Folge geschossen wurde, verhandelten in der Nacht zum 21. Februar die drei Oppositionsführer Jazeniuk, Klitschko und Tjagnibog mit dem ukrainischen Präsidenten unter Vermittlung des deutschen, polnischen und französischen Außenministers, bis am Vormittag endlich ein Kompromiss unterschrieben wird. Den der Maidan zurückwies.
    Noch während Hunderttausende auf dem Platz den Toten das letzte Geleit geben, zündet der Maidan die nächste Eskalationsstufe. Den Bürgern, die nach der Trauerfeier auf dem Platz bleiben, ist es bitterernst: Ein Präsident, der auf Demonstranten schießen lässt, muss weg. Sofort. Sie wollen keine Wahl abwarten, auch keine vorgezogene. Nicht mit Janukowitsch. Klitschko und Co. werden öffentlich abgewatscht.
    Volk ist enttäuscht von den Oppositionsführern
    "Das ganze Volk des Maidan ist enttäuscht von dem heutigen Auftritt der drei Oppositionsführer. Sie sind Verräter. Sie wollten ihre Vereinbarung mit Janukowitsch erst dem Maidan vorlegen. Doch wir haben davon aus den Nachrichten erfahren. Die Ukraine ist aufgestanden, dass hat nicht die Opposition organisiert. Wir, das Volk, verlangen von Janukowitsch: Entweder tritt er zurück oder ihn erwarten Gefängnis oder ein Feuer in seinem Palast oder ein Schicksal wie Ghadaffi. Für diese Wahl hat er 24 Stunden Zeit."
    Noch in der Nacht floh Viktor Janukowitsch, trat erst am nächsten Nachmittag wieder in Erscheidung, in Charkiw bei einem Fernsehinterview. Da war er schon nicht mehr Präsident. Die Werchowna Rada, das Parlament, hatte ihn in Abwesenheit abgesetzt, wegen Nichterfüllung seiner Pflichten. Kein undemokratisches Verfahren, aber nicht verfassungskonform. Deshalb ist die Präsidentschaftswahl am Sonntag unabdingbar, sagt der Politologe Sergej Gaidan.
    "Die Wahlen sind nötig, damit wir der Welt zeigen können, dass wir ein Staat sind mit einer legitim gewählten Regierung."
    Wahlen sind notwendig
    Die Palastrevolte war seit Wochen vorbereitet worden: Hinter den Kulissen hatte der schwerreiche Unternehmer und heutige Präsidentschaftskandidat Sergej Tigipko seine Fraktionskollegen von der Janukowitsch-Partei der Regionen davon überzeugt, im Falle des Falles gemeinsam mit der Opposition zu stimmen. So geschah es an Tag eins nach Janukowitschs Verschwinden.
    "Es ist wie in den 30er Jahren in Deutschland und Österreich, als die Faschisten an die Macht kamen. Das ist die Wiederholung."
    Der Auffassung, in Kiew hätten sich Faschisten an die Macht geputscht, war nicht nur Janukowitsch. Die Partei Swoboda und der sogenannte Rechte Sektor auf dem Maidan gelten als nationalistisch. Bereits in den ersten Wochen des Maidan wurde diskutiert, ob Vitali Klitschkos Partei UDAR und Arseji Jazeniuks Vaterland-Partei mit ihnen zusammenarbeiten können. Sie entschieden sich dafür, weil sie den Plan von Viktor Janukowitsch und russischen Politstrategen durchkreuzen wollten, die Opposition zu fragmentieren. Sie beschlossen, vereint aufzutreten und haben sich damit angreifbar gemacht. Von Faschismus kann allerdings keine Rede sein, doch die Beschimpfung verfängt, vor allem im Osten des Landes, wo zumeist russische Fernsehsender gesehen werden.
    In Deutschland, wo man sich bislang wenig für die Ukraine interessierte, meinten plötzlich Anhänger der Linkspartei, sich von den angeblichen Faschisten auf dem Maidan distanzieren zu müssen.
    Faschisten auf dem Maidan sind ein guter Vorwand sich rauszuhalten
    Aktivisten laufen durch die Straße. Einer trägt eine Gasmaske.
    Die Menschen bleiben trotz der Gewalt auf den Straßen, berichtet unsere Korrespondentin. (Sergey Dolzhenko, dpa / picture-alliance)
    Der amerikanische Historiker und Osteuropa-Experte Timothy Snyder hat dafür eine Erklärung. Faschisten auf dem Maidan seien der beste Vorwand, sich heraushalten zu können: "Wenn Faschisten auf dem Maidan sind, dann ist das wunderbar für Deutschland und Europa, dann müssen sie überhaupt nichts tun. Und der Wunsch, nichts tun zu wollen, kann ein sehr starker Wunsch sein. Es spielt auch so etwas wie Scham mit, wenn wir sehen, dass die Menschen in der Ukraine für etwas, was wir als selbstverständlich hinnehmen, ihr Leben riskieren und sterben."
    Unerträglich findet Snyder, wie einige deutsche Politker den Ukrainern die eigene Nationalität absprechen: "Es ist erschreckend, wie ältere SPD-Mitglieder, ehemalige Kanzler über die Ukraine reden: dass sie kein realer Staat und das ukrainische Volk kein Volk wie andere sei. Das ist die Fortsetzung einer kolonialen Sicht auf die Welt, die Deutschland doch überwunden zu haben schien. Das ist fast der gleiche Blick auf die Welt wie der Russlands. Helmut Schmidt und Gerhard Schröder sagen: Die Russen haben legitime Interessen. Wenn man das akzeptiert, dann geht es nur noch um Geopolitik, über die Köpfe der kleineren Länder hinweg. Mit Energiefragen und mit Macht und nicht mehr mit europäischen Werten und Gesetzen. Damit schmeichelt Russland Deutschland, gibt zu verstehen, wie schön es doch ist, wenn sich euer großer Mann mit unserem großen Mann trifft."
    Moskau darf wählen, die Krimbewohner nicht
    Vergleichsweise ungerührt nahm die Welt zur Kenntnis, wie Putins Soldaten keine Woche nach Antritt der Kiewer Übergangsregierung die Krim annektierten. Der sichtlich erschütterte ukrainische Präsident teilt dem Parlament das Ungeheuerliche mit. Oleksander Turtschinow:
    "Heute gegen fünf Uhr morgens haben Verbrecher in Tarnuniformen mit automatischen Waffen, Granatwerfern und Bomben das Parlaments- und das Regierungsgebäude der Krim besetzt. Die Gebäude sind blockiert. Ich wende mich an die Bürger: Bewahren Sie Ruhe. Und an die Patrioten: Schützen Sie die Regierungsgebäude vor Provokateuren und Extremisten."
    Sogenannte grüne Männer, russische Soldaten ohne Hoheitsabzeichen, tauchten auf der Halbinsel auf, willfährige Helfer vor Ort erledigten die politische Übernahme. In den okkupierten Gebäuden ließen sich Moskau-treue Statthalter zum neuen Premierminister und Parlamentschef wählen bzw. ernennen, setzten für den 16. März ein Referendum an, bei dem die Krimbewohner den bereits beschlossenen Anschluss an die Russische Föderation abzunicken hatten. Der selbsternannte Parlamentspräsident Wladimir Konstantinow machte klar: Moskau darf wählen, die Krimbewohner nicht.
    "Wir haben eine Volksabstimmung anberaumt. Wir sind keine Anhänger von langwierigen politischen Strategien, das ist der Versuch, auf die Situation zu reagieren. Russland soll bis zum Referendum entscheiden, ob es die Krim aufnimmt oder nicht."
    Kiew war hilflos, die ukrainische Übergangsregierung buchstäblich noch keine drei Tage im Amt. Oleksander Turtschinow und Arseni Jazeniuk hatten die undankbaren Posten eines Übergangspräsidenten bzw. -premiers übernommen. Sie unterzeichneten den politischen Teil des EU-Assoziierungsabkommens, der wirtschaftliche muss noch warten. Sie aquirierten bedeutende internationale Finanzhilfen.
    Doch der Verlust der Krim fällt in ihre Amtszeit. Das Budapester Memorandum von 1994, in dem Russland, die USA und Großbritannien der Ukraine im Gegenzug zum Verzicht auf Atomwaffen ihre territoriale Integrität und Souveränitat zugesichert hatten, erwies sich als Makulatur.
    Rund 300 Kampfpanzer im Bereich der russisch-ukrainischen Grenze
    Eine ukrainische Frau nimmt ein Foto in Kiev auf. Im Hintergrund ukrainische und US-amerikanische Flaggen.
    Welche Rolle können die USA im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine spielen? (dpa/Robert Ghement)
    Keine drei Wochen später, am 18. März, wurde die Krim der Russischen Föderation angeschlossen, da drohte bereits eine neue Gefahr. Ein russischer Truppenaufmarsch an der Grenze. Der deutsche OSZE-Militär-Experte Hayko von Rosenzweig nannte das Ausmaß: "Wir wissen ganz sicher, dass 80.000 russische Truppen sich im Bereich der russisch-ukrainischen Grenze konzentriert haben, wir wissen von bis zu 300 Kampfpanzern."
    Anfangs bestritt Russland den Aufmarsch, erklärte ihn später zu Manöverübungen, kündigte mehrfach den Abzug an ohne freilich Taten folgen zu lassen. Ex-Präsident Leonid Kutschma: "Jeden Tag ziehen sie die Truppen ab und jeden Tag befinden sie sich an ein und derselben Stelle. Wenn sie die Ukrainer für dumm verkaufen wollen, schlimm genug, aber gleich die ganze Welt?"
    Ukrainer zutiefst verunsichert
    Seit Monaten hält der mächtige Nachbar die Drohkulisse aufrecht. Die Ukrainer sind zutiefst verunsichert, wie Lijana Kryschewska in Odessa: "Mir macht das Angst, du hast nur noch Angst. Du lebst von Nachrichtensendung zu Nachrichtensendung. Du überlegst die ganze Zeit, ob Du fliehen oder wegziehen sollst. Das ist furchtbar destruktiv. Man kann nicht arbeiten, nicht lesen, sich auf nichts Produktives konzentrieren."
    Zugleich mit der Krimbesetzung stifteten sogenannte russische Polittouristen im Osten Unruhe, die erste rote Fahne wurde in Charkiw gehisst. Wurden anfangs noch Zusammenstöße mit proukrainischen Demonstranten provoziert, besetzten wenig später neu entstandene prorussische Milizen plötzlich Polizeizentralen, Stadt-, Kreis- und Gebietsverwaltungen und Geheimdienstquartiere, errichteten Barrikaden. In Donezk, Lugansk, Slawiansk, Kramatorsk, Maripoul – insgesamt in einem Dutzend Städte der Ostukraine übernahmen die Separatisten, häufig geführt von russischen Staatsbürgern, das Kommando. Die Generalstaatsanwaltschaft hat diese Verbände diese Woche als terroristische Vereinigungen eingestuft.
    Spätestens, wenn der frisch gewählte Präsident die neue Regierung formiert, wird die alte, die Interimsregierung, als schwaches Team in die Annalen der Geschichte eingehen, denn sie schaffte es nicht, den Unruhestiftern Einhalt zu gebieten. Was mit der vielerorts korrupten und illoyalen Polizei und Armee auch unmöglich war. Die ukrainischen Sichereitsorgane fielen der Kiewer Regierung in den Rücken. Die Staatsmacht hat bis heute größte Mühe, das Land zusammenzuhalten. Und doch: Der Moskauer Destabiliserungsplan ging nicht auf, meint der ukrainische Politologe Sergej Taran.
    "Die Hoffnung Russlands hat sich nicht erfüllt, dass der Konflikt in Lugansk und Donezk auf die übrige Ukraine übergreift oder auch nur auf den Süden. Nur diese beiden Regionen allein möchte Russland bislang nicht annektieren."
    Die Ereignisse vom 2. Mai in Odessa hätten einen Flächenbrand entfachen können. Nach schweren Auseinandersetzungen auf den Straßen, bei denen schon vier Personen durch Schüsse getötet worden waren, setzten die Maidan-Anhänger die Zelte des sogenannten Anti-Maidan in Brand. Die Menschen flüchteten in das Gewerkschaftshaus, das kurz darauf ebenfalls in Flammen stand. 46 Tote waren am Ende zu beklagen. Längst ist die Rede von einer Tschetschenisierung der Verhältnisse: Geiselnahmen, Folter, Plünderungen.
    Odessa gedenkt der Toten mit Blumen vor dem ausgebrannten Gewerkschaftshaus
    Odessa gedenkt der Toten mit Blumen vor dem ausgebrannten Gewerkschaftshaus (Deutschlandradio / Sabine Adler)
    Der Politologe Roman Bessmertnij spricht den prorussischen Milizen trotz ihres Referendums am 11. Mai und des versuchten Anschlusses an Russland jede politische Absicht ab.
    "Die Bezeichnung Separatismus ist fehl am Platz. Donezk und Lugansk als Volksrepubliken - darum geht es doch gar nicht, sondern um Banditen, die den Separatismus als Vorwand nehmen, um die Bevölkerung auszurauben und sie als lebende Schutzschilder zu benutzen."
    Wahlen sind patriotische Bürgerpflicht
    Für den Politologen Wolodymyr Fesenko ist Wählen am Sonntag patriotische Bürgerpflicht. "Jeder, der sich als ehrlicher und bewusster Ukrainer versteht, kann mit der Wahl Putin zeigen, dass sein Plan nicht funktioniert, die Wahlen platzen zu lassen und die Ukraine als Staat zu zerstören. Wer zur Wahl geht, leistet einen Beitrag für die politische Stabilisierung des Landes, und ich würde sogar sagen, für die Erneuerung des ukrainischen Staates."
    Poroschenko, der pausbäckige 48-Jährige, der im Volksmund Schokoladenkönig heißt, ist ein erfolgreicher Unternehmer. Die, die ihn wählen wollen, halten ihn für jemanden, der mit allen politischen Kräften eine gemeinsame Sprache findet, sich nicht überwirft. Er gibt sich entschlossen, mit den Separatisten aufzuräumen.
    "Die Anti-Terror-Operation wird weitergehen, denn wir können die Bevölkerung nicht den Terroristen ausliefern, das wäre vonseiten der Regierung höchst verantwortungslos."
    Vitali Klitschko, der vor einem halben Jahr noch als haushoher Favorit galt, verzichtet für Poroschenko auf seine Kandidatur, tritt nun als Bürgermeister von Kiew an. Oleg Tjagnibok von der rechtsnationalen Swoboda kandidiert auch, wohl wissend, auf einem der letzten Plätze zu landen. Arseni Jazeniuk, der Übergangspremier, überließ das Präsidentschaftsrennen seiner Parteichefin, Julia Timoschenko. Die Ikone der Orangenen Revolution gilt als Person von gestern, mit schuld daran, dass der Euromaidan überhaupt nötig wurde und die Ukraine in die tiefste Krise ihrer jungen Geschichte stürzte.