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Zwischen Hörsaal und Projekt

Entwicklungshelfer - das dürfte nur für wenige Hochschulabsolventen ein Traumberuf sein. Studierende für verschiedene Facetten der Entwicklungszusammenarbeit zu interessieren, das hat sich die GIZ vorgenommen und schreibt jährlich einen Wettbewerb aus.

Von Claudia van Laak | 11.02.2011
    Wie kann die Armut der Nomaden in der Mongolei verringert werden ohne die Natur zu schädigen? Wie können traditionelle Handwerkskünste in Kolumbien mit modernem Produktdesign verbunden werden? Wie lassen sich die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie in Bangladesh verbessern?

    Mit diesen und anderen Fragen haben sich insgesamt 100 Studierende beschäftigt, sich mit Fallstudien am diesjährigen Wettbewerb der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ beteiligt. Ihre Aufgabe: Sich in kürzester Zeit in ein entwicklungspolitisches Thema einarbeiten, ein entsprechendes Projekt der GIZ genauer unter die Lupe nehmen, Verbesserungsvorschläge machen, ein Poster erstellen und die Ergebnisse 15 Minuten lang präsentieren - gerne auf Englisch.

    "Die Arbeit hat mir gebracht, dass ich gelernt habe, mit einem unheimlichen Zeitdruck komplexe Sachverhalte grafisch darzustellen. Die Vorauswahl lief ja über ein Poster, und dann das noch so darzustellen, dass auch andere als Politikwissenschaftler mir folgen konnten, was bei der Komplexität des Themas nicht einfach war."

    "Einfach dieser Austausch gegenseitig, die Diskussion immer wieder, tief reinzugehen in ein Thema, auch diesen Druck zu haben, unter Druck auch etwas zu produzieren, das war schon eine Herausforderung","

    die Julia Schrepel von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde gemeistert hat. Für ihre Arbeit über die Mongolei erhält sie einen Preis - er besteht in einem von der GIZ bezahlten Auslandsaufenthalt, vielleicht in der Mongolei. Julia Schrepel kann sich gut vorstellen, nach ihrem Studium in diesem Bereich zu arbeiten.

    ""Also ich interessiere mich schon ziemlich lange für Entwicklungszusammenarbeit. Problematisch finde ich, dass man so viel in verschiedenen Ländern arbeitet, ich weiß nicht, ob das auf die Dauer mein Lebensziel ist. Aber von der Arbeit her finde ich das absolut spannend."

    Auch Maria Befeldt gehört zu den Preisträgerinnen. Sie ist nicht gerade zimperlich mit dem von ihr untersuchten Projekt der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit umgegangen. Die Studentin der Freien Universität Berlin hat sich eine Online-Datenbank genauer angesehen, mit der in Kolumbien versucht wird, mehr Transparenz in die Vergabe von Bauaufträgen zu bringen, um so die Korruption einzudämmen. Ihre Bilanz:

    "Wir sind dazu gekommen, dass die Wirkung höchstwahrscheinlich verpufft, wenn es nicht kulturell verankert wird und in andere Maßnahmen eingebettet wird, und wenn auch innerhalb der Behörde die Mitarbeiter nicht entsprechend geschult werden und die alten Korruptionsstrukturen noch weiterhin bestehen."

    Der studentische Wettbewerb soll im besten Fall beiden Seiten etwas bringen. Ein Austausch zwischen Wissenschaft und entwicklungspolitischer Praxis wird möglich - dies ist auch den 14 beteiligten Hochschulen wichtig. Dörte Segebert, früher Gutachterin für entwicklungspolitische Projekte, heute Geografieprofessorin an der FU Berlin:

    "Jetzt wo ich an der Uni bin, sehe ich meine Aufgabe darin, die Vorbehalte in der Wissenschaft abzubauen. Bei den Studierenden Verständnis zu wecken dafür, wie läuft das eigentlich in der Praxis. Es ist oftmals sehr viel einfacher, die Entwicklungszusammenarbeit zu kritisieren aus so einer wissenschaftlichen Perspektive, das aber besser zu machen, fällt häufig sehr schwer."

    Der Wettbewerb führt dazu, dass die beteiligten Studierenden Kontakte bekommen, die für den Einstieg in den Beruf wichtig sind. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ profitiert im Gegenzug vom unkonventionellen Blick auf ihre entwicklungspolitischen Projekte. Randa Kourieh-Randarivelo von der GIZ:

    "Der Nutzen liegt größtenteils auf Seiten der Studenten, aber auch bei uns. Es gibt sehr originelle Perspektiven auf die Sachen. Die Kunsthochschule Weißensee beteiligt sich zum Beispiel jedes Jahr, die mit ihrem Blick ganz neue Fragestellungen aufwirft und so neue Ideen in die Programme bringt."

    So erhielten Studierende aus Weißensee in diesem Jahr einen Sonderpreis - sie wollen traditionelle Handwerkstechniken der Indio-Frauen in Kolumbien mit modernem Produktdesign kombinieren, um so neue Absatzmärkte zu schaffen und die Armut zu lindern. Ihre Idee: Keine Körbe mehr flechten, sondern Koffer für Laptops.