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Zypern-Verhandlungen
Erdogans Einfluss

In der Schweiz startet eine neue Verhandlungsrunde zur Überwindung der Teilung Zyperns: Die Insel ist seit einem griechischen Putsch und einer türkischen Invasion 1974 geteilt. Entscheidend wird sein, ob die Schutzmacht Türkei an einem Kompromiss interessiert ist.

Von Michael Lehmann | 28.06.2017
    Ein Soldat der UNO-Friedensmission bewacht den Grenzübergang Ledras an der UNO-Pufferzone in der geteilten Stadt Nikosia.
    Ein Soldat der UNO-Friedensmission bewacht den Grenzübergang Ledras an der UNO-Pufferzone in der geteilten Stadt Nikosia. (dpa-Bildfunk / AP /Petros Karadjias)
    Es könnte doch so einfach sein für Zypern, sagen junge Menschen auf der geteilten Insel, wie dieser griechisch-zyprische Mann, der Freunde auf beiden Seiten in Nikosia hat – der einzigen noch geteilten Hauptstadt der Welt:
    "Unsere Regierung will Land zurück – aber wir werden es nicht zurückbekommen. Deshalb sollten wir die Mauern einfach einreißen und harmonisch zusammenleben, die ganze Trennung, die unmögliche Grenzbefestigung in seiner Heimatstadt ist doch einfach nur verrückt", sagt der junge Mann.
    35.000 stationierte türkische Soldaten
    Seine Eltern sähen das komplett anders, meint der griechische Zyprer – und Nikos Christodoulides, der Regierungssprecher der griechisch-zyprischen Regierung, nennt am Amtssitz des Präsidenten das Kernproblem der neuen Schweizer Gespräche: Die auf Zypern stationierten 35.000 türkischen Soldaten.
    "Im Jahr 2017 können es unsere Mitbürger im Süden einfach nicht akzeptieren, wenn ein drittes Land außerhalb Zyperns Souveränität verspricht und dann gleichzeitig eine ganze Armee hier stationiert. Das geht nicht – besonders, wenn es sich dabei um die Türkei handelt."
    Eine Einigung ist möglich, aber unwahrscheinlich
    Für Landverluste während der gewaltsamen Teilung 1974 muss es außerdem Entschädigungen geben. Auch dieser Punkt wird den Verhandlern in der Schweiz Kopfzerbrechen bereiten. Und auch nach Einschätzung des Büroleiters der Friedrich-Ebert-Stiftung in Nikosia, Hubert Faustmann, gibt es unterm Strich vor allem Grund zur Skepsis:
    "Eine Einigung in der Schweiz ist möglich, aber aus meiner Sicht eher unwahrscheinlich. Entscheidend wird sein, wie sich die Parteien in der Sicherheitsfrage positionieren. Und ob die türkische Seite sich soweit auf die griechische Seite zubewegt, in der Frage des Eingriffsrechts der Türkei und der Frage der türkischen Militärpräsenz auf der Insel, dass es für die griechisch-zypriotische Seite akzeptabel ist. Und sie dieses Angebot akzeptieren kann – dann werden wir einen Durchbruch sehen."
    Die Rolle Ankaras
    Wenn nicht, kann es wieder schnell vorbei sein mit den Gesprächen in der Schweiz. Die Verhandlungsführer, der griechisch-zyprischen Präsident Nicos Anastasiades und der Präsidenten der Türkischen Republik Nordzypern, Mustafa Akinci mögen sich noch so sehr um einen Erfolg bemühen – letztendlich, so meint es Johannes Dahl im Goethe-Institut in Nikosia, könnte es am Ende von Signalen aus Ankara abhängen.
    "Es ist ganz schwer, Prognosen zu machen, wie sich Erdogan verhalten wird. Es könnte ein Faktor eine Rolle spielen, dass es seiner internationalen Reputation sehr nutzen würde, wenn er eine Lösung von türkischer Seite konstruktiv unterstützen würde. Es kann aber auch so sein, dass die Distanz zur EU so groß geworden ist, dass es ihm egal ist, was die EU über ihn denkt. Und er die harte Linie fährt."
    Es wird dem türkischen Präsidenten nicht unrecht sein, dass seine Macht auch über Zypern seit der letzten Schweizer Verhandlungsrunde noch einmal gewachsen ist.