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AfD-Vize von Storch
"Die Politik der Regierung hat unser Land zerstört"

Mit ihrer Politik verstoße Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen die Verfassung, sagte die stellvertretende Fraktionschefin der AfD Beatrix von Storch im Dlf. Merkel habe nicht den Auftrag, Politik für die Welt zu machen, sondern für das Wohl des deutschen Volkes. Mit der AfD werde es im neuen Bundestag wieder eine echte Opposition geben.

Beatrix von Storch im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Die stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch, im Oktober 2017.
    "Die Leute bei uns sind wirklich sauer": Die stellvertretende Bundesvorsitzende der AfD, Beatrix von Storch (dpa-Bildfunk / Timm Schamberger)
    Jasper Barenberg: Dem Bundestag haben die Jahre der Großen Koalition nicht gut getan. Da sind sich die Beobachter im Grunde einig und viele der Beteiligten ja auch. Als Ort von kontroverser Streitkultur hat das Parlament gelitten in den letzten Jahren. Das dürfte sich jetzt ändern. Dafür will die SPD sorgen, die sich nach dem Wahldebakel schnell und klar für die Opposition entschieden hat. Dafür dürfte aber auch die AfD sorgen. Zum ersten Mal seit 1961 ziehen 92 Abgeordnete einer Partei rechts von der Union ins Parlament ein. Und ihr Fraktionschef Alexander Gauland hat noch in der Wahlnacht angekündigt, was von der AfD zu erwarten ist:
    O-Ton Alexander Gauland: "Wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen!"
    Barenberg: Soweit die Reaktion von Alexander Gauland auf den Wahlsieg. - Am Telefon ist jetzt die stellvertretende Fraktionschefin der AfD im Bundestag. Guten Morgen, Beatrix von Storch!
    Beatrix von Storch: Guten Morgen.
    Debatten in der Sache gibt es nur mit uns
    Barenberg: Ist also ab heute die Jagdsaison eröffnet?
    von Storch: Ab heute ist auf jeden Fall die Saison eröffnet, in der eine Regierung wieder mit einer echten Opposition zu tun hat, die tatsächlich andere Themen setzt. Die SPD will zwar auch Opposition sein, aber sie hat ja gar keine Oppositionshaltung und keine anderen Themen als die der Regierung auch. Sie wird die Eurorettung weiter unterstützen. Sie wird die Zentralisierung der Europäischen Union, die Abgabe unserer Souveränität an europäische Institutionen weiter befürworten. Sie wird die Migrationspolitik weiter mitmachen. Sie hat gar keine anderen Positionen, und das ist das, was es braucht für eine offene Debatte. Deswegen kommt die Opposition tatsächlich durch uns hinein, denn Debatten in der Sache gibt es nur mit uns.
    "Jetzt werden wir eine Stufe sachlicher als im Wahlkampf"
    Barenberg: Ich möchte mal Markus Frohnmaier zitieren, Bundestagsabgeordneter und Bundesvorsitzender der Jungen Alternative. Er hat gesagt: Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht. Wenn wir das zusammendenken mit dem Satz von Alexander Gauland, wir werden die Kanzlerin jagen, ist das ein bisschen die Tonlage, mit der wir rechnen müssen?
    von Storch: Herr Gauland hat an dem Wahlabend mehrere Dinge gesagt. Sie haben natürlich nur das eine herausgegriffen. Wir haben nicht von ins Gesicht schlagen irgendwo geredet, was andere gesagt haben. Das haben wir nicht gesagt. Aber Herr Gauland hat noch etwas anderes gesagt, und das wird natürlich nicht zitiert. Herr Gauland hat gesagt, jetzt ist der Wahlkampf vorbei, jetzt werden wir eine Stufe sachlicher werden als im Wahlkampf alle sind. Alle sind im Wahlkampf nicht ganz sachlich, und genau das hat er angemahnt. Ich glaube, das war zwei Sätze nach dem, was Sie gerade geschnitten haben. Es geht jetzt darum, dass wir uns konstruktiv miteinander auseinandersetzen, hart in der Sache, aber sachlich im Ton. Und ich glaube, nur das ist das, was einen wirklich voranbringt.
    "Natürlich treibt eine Opposition eine Regierung vor sich her"
    Barenberg: Wenn Sie sagen, konstruktiv und sachlich, dann haben Sie ein Interesse daran, dass Töne wie die, die ich gerade zitiert habe, Aufräumen, Ausmisten, dass so etwas nicht im Bundestag vorkommt?
    von Storch: Ja klar! Jetzt muss man fragen, bis zu welcher Stelle. Was macht eine Regierung mit einer Opposition? Das war mal ganz normal, und wenn jemand anders als Gauland das gesagt hätte, dass die Regierung gejagt wird, dann wäre der Aufschrei nicht da gewesen. Natürlich treibt eine Opposition eine Regierung vor sich her. Man kann natürlich auch lange komplizierte Sätze machen und sagen, gegebenenfalls werden wir öfter mal eine kleine Anfrage stellen und darüber versuchen, einige Antworten von der Regierung zu kriegen. Kann man sagen, ja, aber Fakt ist, wir treiben sie vor uns her, und das ist die Aufgabe der Opposition.
    "Sorgen um den Zustand dieses Landes"
    Barenberg: Das ist völlig richtig. Das erwarten, glaube ich, auch alle von einer anständigen Opposition, von einer kräftigen Opposition. Aber Sie haben ja gerade selber gesagt, dass da der eine oder die andere schon über die Stränge geschlagen hat. Wenn Thomas Seitz, auch Abgeordneter im Bundestag, beispielsweise mit Blick auf SPD, Grüne und Linke von einer "linken Verräterbande" spricht, da wünschen Sie sich schon einen anderen Ton?
    von Storch: Ja, das ist doch klar. Ich glaube, da muss man mal verschiedene Dinge zusammennehmen. Erstens: Wir sind alle noch nicht mit vielen Jahren Erfahrung dabei. Die Schwere eines Wortes, wie schwer ein Wort wiegt, die Erfahrung muss man erst mal selber machen. Je größer das Mikrofon, desto leiser die Sprache. Das haben noch nicht alle. Da sind wir noch nicht alle dabei. Das muss man lernen. Das ist klar!
    Aber eine andere Sache muss man auch verstehen. Das, was die Politik der Regierung gewesen ist in den letzten Jahren, hat unser Land in einem Ausmaß zerstört und in einem Ausmaß gefährdet, dass die Leute bei uns wirklich auch sauer sind. Die machen sich tatsächlich Sorgen um den Zustand dieses Landes. Das ist eine ernst empfundene Sorge, die wir haben, die wir mit offenen Augen durch das Leben gehen und über die Straße gehen und nicht mehr U-Bahn fahren.
    "Man sollte nicht alles auf die Goldwaage legen"
    Barenberg: Wut rechtfertigt Beschimpfung?
    von Storch: Nein! Wut rechtfertigt nicht Beschimpfung. Aber man muss das einfach ein Stück weit verstehen, dass die Leute tatsächlich den Eindruck haben, dass diese Regierung unser Land wirklich, wirklich anfängt, in der Existenz zu gefährden. Da drückt sich nicht jeder aus wie Reich-Ranicki, das ist klar. Das darf sich gerne noch verbessern. Aber man sollte nicht alles auf die Goldwaage legen. Das was gesichert ist, dass wir uns nicht so aufführen werden wie die Grünen zu ihrer Anfangszeit, und zwar bei weitem nicht, und vielleicht möge man den Maßstab mal anlegen.
    Barenberg: Alexander Gauland hat ja auch gesagt, die AfD will unser Land und unser Volk zurückholen. Können Sie uns mal erklären, was damit gemeint war und was das heißt mit Blick auf die anderen Parteien? Wen repräsentieren die eigentlich, wenn die AfD als einzige die Bevölkerung repräsentiert, wenn ich das jetzt mal so interpretiere?
    von Storch: Jetzt geht es um die Begrifflichkeiten. Und wenn wir überlegen, dass wir eine Bundeskanzlerin haben …
    "Das Volk ist nicht jeder, der hier ist"
    Barenberg: Ich will nur herausfinden, was er gemeint hat.
    von Storch: Ja! Ich rede über den Begriff Volk, den die Bundeskanzlerin ja entgegen der Verfassung uminterpretiert hat in alle, die gerade mal so hier sind. Am Anfang waren es alle, die schon länger so hier sind, und dann irgendwann alle, die jetzt gerade da sind, auch wenn sie noch nicht länger da sind oder kürzer da sind, sondern gerade erst angekommen sind. Das ist gegen die Verfassung. Das Volk ist nicht jeder, der hier ist, sondern das Volk ist - das steht im Grundgesetz - das deutsche Staatsvolk. Das sind die mit der deutschen Staatsbürgerschaft. Das andere ist die Bevölkerung. Das ist etwas anderes. Und wenn wir einen obersten Repräsentanten haben - und ich mach mal die Kanzlerin dazu -, die Politik meint machen zu müssen für alle, die gerade so da sind, und für alle, die noch so kommen, dann ist das einfach gegen die Verfassung. Das ist nicht ihr Auftrag. Sie hat nicht den Auftrag, Politik für die Welt zu machen, sondern sie hat den Auftrag, Politik für das Wohl des deutschen Volkes zu machen, und das muss man mal aussprechen dürfen.
    Barenberg: Ich verstehe Sie also richtig, im nächsten Bundestag können zum Beispiel Flüchtlinge nicht damit rechnen, dass ihre Rechte und ihre Anliegen auch von der AfD berücksichtigt werden?
    "Auch wir wollen Flüchtlingen helfen"
    von Storch: Nein! Wir versuchen, eine gute Politik zu machen. Auch wir wollen Flüchtlingen helfen. Auch wir wollen die Migration nach Deutschland.
    Barenberg: Aber Sie haben gerade gesagt, nur die Interessen des Volkes, und dazu haben Sie ja offenbar Flüchtlinge nicht gezählt.
    von Storch: Nein. Ich zähle zunächst mal... Der Bundeskanzler leistet einen Amtseid. Und den Amtseid leistet er zum Wohle des deutschen Volkes. Da hilft er. Und zu unserem Wohle ist es natürlich auch, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten in der Welt auch helfen. Aber sie leistet keinen Eid darauf, dass wir zunächst die ganze Welt retten und am Ende gucken, ob für uns auch noch was übrig bleibt, um unseren Rentnern oder unseren Hartz-IV-Empfängern auch noch Unterstützung zukommen lassen zu können. Das heißt, sie dreht es völlig auf den Kopf. Man muss das einfach mal sagen dürfen. Das vornehmliche Ziel eines Bundeskanzlers ist es, oder der deutschen Bundesregierung ist es, zum Wohle des deutschen Volkes zu regieren, und das heißt auch, natürlich in der Welt zu helfen, Unterstützung zu leisten, humanitäre Zentren zu finanzieren, Flüchtlingen Schutz zu gewähren und möglicherweise Migranten nach Deutschland zu holen nach einem Einwanderungsrecht, das wir seit 2013 schon fordern. Das ist alles ganz klar. Aber nicht so, wie sie es gemacht hat.
    "Der Islam hat auch einen politischen Herrschaftsanspruch"
    Barenberg: Wir haben nicht mehr so arg viel Zeit, aber ich würde gerne mit Ihnen noch über den Streit um Albrecht Glaser sprechen, Ihren Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten. Warum halten Sie an einer Person fest, an einem Kandidaten, der Schwierigkeiten mit dem Grundgesetz hat?
    von Storch: Ich glaube, wir sind die Partei, die am allerstärksten auf das Grundrecht pochen. Das, was wir sagen ist, dass die Religionsfreiheit in Deutschland - auch das Asylrecht ist im Übrigen kein Grundrecht, das über allen Grundrechten steht und dem sich alle anderen Grundrechte unterzuordnen haben, sondern es kommt immer zu einem praktischen Ausgleich zwischen den Grundrechten. Und das Grundrecht Religionsfreiheit deckt eben nicht das, was der Islam in seinen meisten Auslegungen repräsentiert, nämlich eine Religion, die auch zusätzlich zu der Religion, was wir als Religion verstehen, einen politischen Herrschaftsanspruch hat. Der Islam hat in seinen meisten Auslegungen einen politischen Herrschaftsanspruch. Er hat den Anspruch, nicht nur das Leben des Gläubigen zu regeln, sondern auch das Zivilrecht, auch das Strafrecht, auch das öffentliche Recht, auch die ganze Gesellschaft, und dieses ist nicht gedeckt von unserer Religionsfreiheit. Das wird immer verwechselt, und das ist das, was wir sagen.
    "Der Islam ist nicht mit unserer Religionsfreiheit vereinbar"
    Barenberg: Haben die Muslime kein Anrecht auf Religionsfreiheit in Deutschland?
    von Storch: Sie haben kein Anrecht darauf, im Namen der Religionsfreiheit unser Zivilrecht, unser Strafrecht, unser öffentliches Recht zu regeln. Die Scharia ist integraler Bestandteil des Islam und die Scharia regelt eben alles das auch, und das ist nicht mit unserer Religionsfreiheit vereinbar.
    Barenberg: Beatrix von Storch, die stellvertretende Fraktionschefin im Bundestag von der AfD. Vielen Dank für das Gespräch heute Morgen.
    von Storch: Sehr gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.