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Asteroidenmission
Japanische Hayabusa-2 startet mit deutschem Lander

Mehr als zehn Jahre ist es her, dass Japan sich erstmals auf den Weg zu einem Asteroiden machte. Hayabusa hieß das Projekt, was auf deutsch etwa so viel bedeutet wie Wanderfalke. Die Sonde sollte Proben nehmen und eine Landesonde absetzen. Die anspruchsvolle Mission glückte nur zum Teil. An diesem Wochenende wollen die Japaner erneut einen "Falken" Richtung Asteroiden schicken. Der Lander kommt diesmal aus Deutschland.

Von Guido Meyer |
    Die Mission von Hayabusa-2 soll im Prinzip so ablaufen wie der Flug von "Wanderfalke 1". Auch die Raumsonde ist in etwa baugleich. Nur das Ziel sei diesmal ein anderes, erläutert Junichiro Kawaguchi, der Programmdirektor des Zentrums für Weltraumerkundung der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA in Kanagawa in der Nähe von Tokio.
    "Wir fliegen diesmal zu einem anderen Asteroiden. Auch bei dem Objekt 1999 JU3 handelt es sich um einen erdnahen Asteroiden. Wir glauben, dass er einmal mit Wasser in Berührung gekommen ist und möglicherweise organisches Material enthält."
    Die Reise von Hayabusa-2 zum Asteroiden 1999 JU3 wird fast vier Jahre dauern. Seine Bahn um die Sonne führt diesen erdnahen Asteroiden bis fast hinaus zur Marsumlaufbahn und dann wieder hinein ins innere Sonnensystem innerhalb des Erdorbits.
    "Die Idee dieses Mal ist es natürlich, zu einem besonderen Asteroiden zu fliegen, der keine Gesteinsstruktur hat, sondern der eher so eine kohlenstoffhaltige Struktur hat. Und das ist natürlich eine interessante Geschichte, weil man weiß ja, dass diese Körper eigentlich ursprüngliches Material sind, und die Wassermoleküle, die dort rumhängen, die kommen aus den wirklichen Anfängen des Sonnensystems."
    Ralf Jaumann vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Berlin. Das DLR hat als Huckepack-Nutzlast der japanischen Hayabusa-2-Muttersonde einen eigenen Lander entwickelt – MASCOT, den Mobile Asteroid Surface SCOuT, einen "mobilen Kundschafter der Asteroidenoberfläche" also.
    Mikrowelle trifft auf Asteroiden
    Jaumann: "Das Experiment sieht aus wie eine Mikrowelle und ist auch so groß wie eine Mikrowelle, eine viereckige Kiste, die relativ stabil gebaut ist, weil sie soll ja auf den Asteroiden runterfallen. Und in dieser viereckigen Kiste sitzen eine ganze Reihe Geräte drin, die – wenn sie einmal auf der Asteroidenoberfläche sind – Messungen durchführen können."
    Dieser Missionsablauf erinnert an die erfolgreiche Loslösung der Abstiegssonde Philae vom Mutterschiff Rosetta Anfang des Monats und der darauf erfolgten erstmaligen Landung auf einem Kometen. Da es sich bei MASCOT jedoch um einen Würfel handelt, kommen weder Landebeine mit Schrauben noch Harpunen oder ein Gastank zum Einsatz.
    "Der Landevorgang bei MASCOT von Hayabusa ist ganz anders als der von Rosetta mit Philae. Die Hayabusa-Raumsonde kann über der Oberfläche des Asteroiden schweben. Und dann wird MASCOT ausgestoßen, ganz langsam, ungefähr fünf Zentimeter pro Sekunde, und fällt aus ungefähr 100 Meter Höhe auf die Oberfläche, ist nicht orientiert, hat keine Lagestabilisierung, taumelt hinunter auf die Oberfläche, kann dann autonom feststellen, wie es gelandet ist, und hat einen Aufrichtmechanismus, so ein Schwungrad, und kann sich – wenn es auf der falschen Seite liegt – selbstständig aufrichten."
    Stephan Ulamec aus dem Bereich Raumflugbetrieb und Astronautentraining beim DLR in Köln, der außer für MASCOT weiterhin für den Rosetta-Kometenlander Philae verantwortlich zeichnet. Ob MASCOT – so wie Philae – ein schattiges Plätzchen erwischt, spielt keine Rolle. Der Asteroidenlander verfügt ohnehin nicht über Solarpanele und wird nur etwa sechzehn Stunden lang funktionieren, bis die Bordbatterie leer ist. Einen ähnlichen Landeversuch hatte Japan selbst bei der ersten Hayabusa-Mission unternommen. Damals war der japanische Lander MINERVA jedoch zum falschen Zeitpunkt vom Mutterschiff gelöst worden. Das soll mit MASCOT besser funktionieren.
    Ulamec: "Das Vorbeifliegen ist ein Risiko. Wenn man aus 100 Meter Höhe MASCOT abwirft, dann zieht die Gravitation den Lander herunter. Wenn man natürlich dieses Ausrichten falsch macht – bei Hayabusa 1 gab es in der Tat Probleme mit dem japanischen MINERVA-Lander, der eben nicht den Asteroiden getroffen hat - dann kann es passieren, dass der Lander eben nicht die Oberfläche trifft sondern nur in einen anderen Orbit um den Asteroiden kommt."
    Vor diesen Schwierigkeiten wird die japanische Bodenkontrolle jedoch erst in knapp vier Jahren stehen, wenn der zweite "Wanderfalke" Marke Hayabusa nach fast 200 Millionen Kilometern am Ziel angekommen sein wird.