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Auszeichnung vor 240 Jahren
Bernhard Schott: Der Herr der Noten

Der Schott-Musikverlag ist seit 250 Jahren erfolgreich. Dessen Gründer Bernhard Schott erkannte schon früh die Zeichen der Zeit und produzierte Notenwerke als Kupferstich für das musikbegeisterte Bürgertum. 1780 erhielt er für seine Handwerkskunst durch den Mainzer Kurfürsten eine besondere Auszeichnung.

Von Alfried Schmitz |
    Zwei Hände bewegen sich zügig über die Tastatur eines modernen Flügels
    Ende des 18. Jahrhunderts verhalf die damals sehr beliebte Hausmusik dem Musikverleger Bernhard Schott zum Aufstieg (imago images / blickwinkel)
    In bürgerlichen Kreisen kommt gegen Ende des 18. Jahrhunderts Hausmusik in Mode. Ein Instrument zu spielen, gehört in vielen Familien zur Erziehung und zum guten Ton. Der Bedarf an Notenblättern ist entsprechend groß.
    Der 20-jährige Bernhard Schott sieht darin seine Chance. Der handwerklich begabte junge Mann war als Theologie-Student nach Mainz gekommen. 1768 eröffnet er dort eine Werkstatt für Kupferstecherei und Notendruck. Zwei Jahre später gründet er einen Musikverlag und macht glänzende Geschäfte.
    Der Jungunternehmer ist auch ein hervorragender Musiker. Als Mitglied der kurfürstlichen Hofkappelle gewinnt Bernhard Schott die Gunst des Mainzer Erzbischofs und Kurfürsten Friedrich Karl Joseph von Erthal.
    "Und dieser Kurfürst ist ein ausgesprochener Musikfreund. Er liebt die schönen Künste. Er bringt die Musik raus aus dem rein höfischen Musizieren zum Bürgertum. 120 öffentliche Konzerte im Jahr soll er veranstaltet haben. Und für diese Konzerte braucht es natürlich Musiker, und für die Musiker braucht es Noten."
    (Christiane Albiez, Musikwissenschaftlerin beim Mainzer Schott-Verlag)
    Beginn einer außergewöhnlichen Karriere
    Und die setzt und druckt Bernhard Schott. Mit solcher Akribie und Genauigkeit, dass der musikbegeisterte Kurfürst ihm am 6. Juni 1780 eine außerordentliche Auszeichnung verleiht:
    "Das 'Privilegium Exclusivum'. Und er bekam im gleichen Zug dann noch das schöne Prädikat des Hofmusikstechers. Und das war dann die wichtigste Grundlage für die wirtschaftliche Stabilität des kleinen Unternehmens, denn innerhalb des Kurfürstentums durfte nun niemand außer ihm Noten stechen. Und damit war eine Art von Schutz für seine kreative Leistung gegeben."
    Zum weit verstreuten Kurzmainzer Territorium gehören damals Städte wie Aschaffenburg und Erfurt. Weit über 300.000 Menschen leben dort. Das vom Kurfürst erteilte Monopol für Notenstecherei sichert dem Verlagshaus daher gute Umsätze.
    Als Bernhard Schott stirbt, übernehmen seine drei Söhne das Familienunternehmen. Sie gründen Dependancen in Antwerpen, Brüssel, London, Wien, Paris und Leipzig, erweitern das Geschäft um Instrumentenbau und veröffentlichen Musikzeitschriften. Dadurch ist der Verlag im 19. Jahrhundert am Puls der Musikwelt und kann namhafte Komponisten unter Vertrag nehmen.
    "Es war so, dass in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die Zeitschrift 'Cäcilia', die bei Schott erschien, Leute gebeten hat, doch Beiträge zu schreiben. Also Aufsätze zu schreiben, Rezensionen zu schreiben über das Musikleben in ihren Städten. Und in diesem Zug wurde auch Ludwig van Beethoven angeschrieben, er möge doch vielleicht einen kleinen Artikel beitragen. Und in seiner Rückantwort bietet Beethoven sofort dem Verlag zwei große Werke an. Und zwar die 'Missa Solemnis' und die Sinfonie Nr. 9."
    Für seine Spätwerke lässt sich Beethoven zwar gut bezahlen, aber die Investition lohnt sich. Die Kassen im Hause Schott klingeln.
    Bei dem Musik- und Musikbuchverlag Schott Music wird am 17.12.2015 in Mainz (Rheinland-Pfalz) ein altes Notenblatt ausgestellt, welches der Komponist Ludwig van Beethoven zu seinen Lebzeiten seinem Lektor mit Änderungsanweisungen (rot) zurückgeschickt hatte.
    250 Jahre Schott-Musikverlag - Coronakrise "für uns sehr kritisch"
    Die Coronakrise träfe den Schott-Musikverlag sehr viel mehr, als zunächst angenommen, sagte Geschäftsführer Peter Hanser-Strecker im Dlf. Dass Opern- und Konzertveranstaltungen nicht stattfinden könnten, sei für das Haus "das Ärgste, was man sich überhaupt vorstellen kann".
    Enge Zusammenarbeit und Freundschaft mit Richard Wagner
    1855 übernimmt dann Franz, ein Enkel des Firmengründers, die Leitung des Verlags. Auch ihm gelingt ein wahrer Glücksgriff. Er schafft es, den populären Komponisten Richard Wagner für das Verlagshaus zu gewinnen.
    "Über einen befreundeten Kapellmeister hat Schott Kontakt mit Wagner aufgenommen und hat gesagt: 'Wollen Sie uns nicht einmal ein paar Ihrer dramatischen Musikwerke schicken?!' Und direkt zwei Tage später hat Wagner dann auch tatsächlich etwas geschickt. Das war 'Das Rheingold'. Und damit beginnt die verlegerische Zusammenarbeit, aber auch eine sehr, sehr enge Freundschaft zwischen Wagner und Franz und Betty Schott."
    Im Wagner-Saal, im historischen Teil des Verlagsgebäudes, erinnert noch heute alles an die Zeit, als Richard Wagner ständiger Gast beim Verleger-Ehepaar Schott war. Ein alter Flügel, eine Sitzgruppe im verschnörkelten Rokoko-Stil. Hier wurde nicht nur um Konditionen und Vorschüsse gerungen, hier soll sich Frauenheld Wagner auch diskret mit seiner Mainzer Geliebten getroffen haben.
    Bis heute ein Erfolg
    Nach dem Tod ihres Mannes überträgt Betty Schott einen Teil des Verlages an den Juristen Ludwig Strecker. Er und seine Nachfolger führen das Haus mit den avantgardistischen Werken von Komponisten wie Humperdinck, Strawinsky oder Orff in eine neue Musik-Ära.