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Brüsseler Terroristen
Ursprüngliches Anschlagsziel Frankreich

Die Attentäter von Brüssel hatten nach Erkenntnissen der belgischen Ermittler zunächst einen weiteren Anschlag in Paris geplant. Aufgrund des hohen Fahndungsdrucks sei den Extremisten aber die Zeit davon gelaufen, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Daraufhin hätten sich die Terroristen für Brüssel als Anschlagsziel entschieden.

Von Kai Küstner |
    Polizeiwagen stehen vor einer Wohnung in der belgischen Haupstadt Brüssel, in der Terrorverdächtige festgenommen wurden.
    Brüssel war offenbar ursprünglich nicht das Anschlagsziel der Dschihadisten-Zelle. (picture alliance / dpa / Geert Vanden Wijngaert)
    Ursprünglich soll die belgische Hauptstadt gar nicht das Ziel der Attentäter gewesen sein – hat die Staatsanwaltschaft eigenen Angaben zufolge im Zuge der Ermittlungen festgestellt. Eigentlich hätten die Terrorristen abermals in Frankreich zuschlagen wollen. Aber weil die Fahndung so schnell vorangeschritten sei, hätten sie unter Druck entschieden, doch Brüssel ins Visier zu nehmen. So heißt es in einer Pressemitteilung der belgischen Behörden.
    Kurz nach der Terror-Serie in Brüssel hatten die Ermittler im Müll den Computer von einem der Selbstmord-Attentäter gefunden, von Ibrahim El Bakraoui. Sie entdeckten darauf das, was die Staatsanwaltschaft damals als das 'Testament' des Mannes bezeichnete.
    Rätsel um den 'Mann mit Hut' gelöst
    El Bakraoui beschreibt darin, wie er ständig auf der Flucht sei, sich nirgendwo mehr sicher fühle. Und dass er nicht im Gefängnis landen wolle. Diese Nachricht des Attentäters scheint die Theorie der Staatsanwaltschaft zu stützen, dass die Terror-Zelle extrem unter Druck geraten war. Möglicherweise auch durch die Festnahme Salah Abdeslams, einem Hauptverdächtigen für die Paris-Attentate.
    Seit gestern gelöst ist das Rätsel um den sogenannten 'Mann mit dem Hut', den bisher verzweifelt gesuchten dritten Verdächtigen vom Brüsseler Flughafen. Nun steht fest: Der 'Mann mit dem Hut' heißt Mohamed Abrini. Der war am Freitag in Brüssel festgenommen worden. Und hat laut Staatsanwaltschaft gestanden, am Tatort – dem Flughafen in Brüssel - zugegen gewesen zu sein.
    Dort hatten sich zwei Selbstmord-Attentäter in die Luft gesprengt. Ein dritter Verdächtiger jedoch war bereits vor der ersten Explosion geflohen. Überwachungs-Kameras zeigten ihn mit heller Jacke und dunklem Hut – und filmten die zweistündige Odyssey des Mannes hinein in die Brüsseler Innenstadt. Wo sich die Spur verlor. Bis zur Festnahme Abrinis. Wie die belgischen Behörde mitteilen, habe Abrini zugegeben, den Anorak in den Müll geworfen und seinen Hut verkauft zu haben. Was im Nachhinein bizarr anmutet. Dürfte Abrini doch gewusst haben, dass nach genau diesem Hut fieberhaft gefahndet werden würde.
    Doppelt schwerer Schlag gegen die Paris-Brüsseler-Terror-Zelle
    Immer klarer wird jedenfalls, wie eng verflochten die Terror-Serien von Brüssel und Paris miteinander sind: "Schon länger war Mohamed Abrini zur Fahndung ausgeschrieben im Zusammenhang mit den Paris-Anschlägen vom November 2015", bestätigte die belgische Staatsanwaltschaft. Abrini gilt als einer der Vorbereiter der Attentate in der französischen Hauptstadt. Nun scheint sich auch seine Verstrickung in die Brüssel-Anschläge nachweisen zu lassen. Auch wenn noch unklar ist, warum er seinen mitgebrachten Sprengsatz am Flughafen nicht zündete.
    "Es ist natürlich eine gute Nachricht, dass Abrini festgenommen wurde. Ich denke, wir haben eine Schlacht gewonnen – aber noch nicht den Krieg." So kommentierte Belgiens Innenminister Jambon – noch bevor bestätigt war, dass es sich bei Abrini um den Mann mit dem Hut handelte – den Fahndungserfolg der so viel gescholtenen Sicherheitskräfte.
    Nun ist klar, dass den Belgiern mit den Festnahmen am Freitag innerhalb nur weniger Stunden ein gleich doppelt schwerer Schlag gegen die Paris-Brüsseler-Terror-Zelle gelungen war: Denn noch ein weiterer, bislang verschollener Mann ist ihnen dabei ins Netz gegangen. Ein Verdächtiger mit dem Namen Osama K. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er ein Helfer des Metro-Attentäters von Brüssel ist. Osama K. ist demnach auch der Mann, der in einem Einkaufs-Zentrum die Reisetaschen besorgte, in denen die Angreifer später ihre Sprengsätze verstecken sollten.
    Die Ermittlungen gehen weiter
    Doch auch wenn es den Sicherheitskräften nun nach und nach zu gelingen scheint, das weit verzweigte Paris-Brüsseler-Terror-Geflecht zu entwirren – beendet sind die Ermittlungen noch nicht: "Es ist klar, dass diese Menschen ein logistisches Netzwerk hinter sich haben. Von dem wir nicht wissen, ob wir es schon aufgedeckt haben", so der belgische Innenminister.
    Bestes Beispiel dafür, dass die Suche weiter geht: Mehrere Dutzend Polizisten, unterstützt von Scharfschützen und Sprengstoffexperten, durchkämmtem am Sonnabend den Brüsseler Stadtteil Etterbeek. Das ist jener Bezirk, der auch direkt an die EU-Institutionen angrenzt. Dort vermuteten die Sicherheitskräfte eine Wohnung, die der Terror-Zelle als Rückzugsort gedient haben soll. Waffen oder Sprengstoff wurden dabei aber nicht gefunden.
    Je erfolgreicher die Polizei bei dem Versuch ist, das Netzwerk handlungsunfähig zu machen, um so einfacher dürfte den Menschen in Brüssel der schwierige Weg zurück in den Alltag fallen. Doch Experten warnen: Mehr Sicherheit wird es künftig nur geben, wenn man an die Wurzeln des Problems vordringt, sprich: verhindert, dass junge Männer überhaupt anfällig werden für die todbringende Ideologie des sogenannten 'Islamischen Staats'.