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Datenfalle Internet

Wer im Internet einkauft, bei Online-Spielen mitmacht oder über Facebook und Co Kontakte pflegt, von dem erstellt der jeweilige Dienste-Anbieter auch ein Nutzer-Profil. Jetzt haben die Verbraucherzentralen mal nachgefragt, wie das denn ist, wenn man sein Nutzerprofil wieder löschen möchte.

Philip Banse im Gespräch mit Theo Geers | 07.12.2011
    Theo Geers: Philip Banse in Berlin – kann einem da Angst und bange werden?

    Philip Banse: Das fände ich übertrieben, aber ärgerlich ist es schon, was die Verbrauchzentralen mit einer eigenen Untersuchung und einer repräsentativen Umfrage festgestellt haben: Viele Online-Dienste machen es den Verbrauchern schwer, ihr Konto und ihre Daten zu löschen. Die Löschfunktion ist oft sehr gut versteckt: Ein gutes Drittel der privaten Internetnutzer hat schon mal versucht, ihren Account irgendwo zu löschen; die Hälfte von ihnen hatte große Probleme, die Löschfunktion zu finden. Dazu kommt: Wenn Verbraucher die Löschfunktion gefunden haben, ist der Löschvorgang an sich oft kompliziert, da müssen Formulare ausgefüllt, Mails geschickt und Fragen beantwortet werden, das sei nicht akzeptabel, sagte Gerd Billen, der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbandes:

    "Wer keinen leicht zu findenden Ausgang aus Online-Shops, aus Accounts aus Netzwerken anbietet, missachtet nach meiner Auffassung das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das ist ein Grundrecht, das mir die Möglichkeit gibt, eben selbst zu bestimmen, wo und wie ich Daten zur Verfügung stelle oder eben nicht. Deswegen ist es an der Zeit, dass Bundeswirtschaftsminister Rösler jetzt tätig wird."

    Dem Wirtschaftsminister liege der Entwurf für ein neues Telemediengesetz vor, dort müsse rein geschrieben werden, dass Dienste mit Nutzerkonten einen deutlich sichtbaren Knopf zum Austritt, zum Löschen der persönlichen Daten, anbieten müsse. Wirtschaftsminister Rösler hat das bisher abgelehnt, weil die EU eine Regelung plane. Das sei kein Argument, sagte Gerd Billen, Deutschland könne sehr wohl mit einem besseren Gesetz vorangehen und Maßstäbe setzen.

    Theo Geers: Es heißt ja nicht umsonst "Das Internet vergisst nichts" – was mache ich denn, wenn ich mein Nutzerprofil löschen möchte oder wenn ich das zum Beispiel ändern möchte, wenn ich zum Beispiel "die Werbung danach" nicht will? Kann ich zum Beispiel bei Amazon einstellen, dass man keine weiteren Buchvorschläge haben will?

    Philip Banse: Also: Recht einfach zu finden ist der Aufgang etwa beim sozialen Netzwerk "Wer kennt wen". Bei anderen Diensten wie etwa Amazon schaut man erstmal in den Kontoeinstellungen nach. Wenn da die Löschoption nicht zu finden ist, geht man in die Hilfe und sucht dort nach "Konto löschen" – so findet man etwa bei Facebook den Löschknopf. "Werbung danach" sollte es dann eigentlich nicht mehr geben, denn die persönlichen Daten sollen ja gelöscht sein. Aber das führt noch zu einem anderen Aspekt: Was sind eigentlich persönliche Daten? Auf Geburtsdatum und Adresse werden sich viele noch einigen können. Aber Facebook hat neulich erklärt, dass sie bestimmte Informationen als Firmeneigentum ansehen und nicht löschen, etwa Nachrichten und Freundesanfragen.

    Theo Geers: Kann ich sicher sein, dass mein Nutzerprofil gelöscht, geändert wird? Wie kann ich das bei Bockbeinigkeit des Anbieters durchsetzen, wie kann ich das kontrollieren?

    Philip Banse: Nein, sicher sein kann man sich in der Regel nicht. Beispiel Facebook: Da hatte ja jüngst der Jura-Student Maximilian Schrems seine Daten von Facebook angefordert und festgestellt, dort noch Daten gespeichert waren, die er glaubte, längst gelöscht zu haben. Wer sich nicht sicher ist, was ein bestimmtes Unternehmen über sie oder ihn gespeichert hat, könne formlos Auskunft verlangen, sagt Cornelia Tausch vom Verbraucherzentrale Bundesverband:

    "Diesen Informationsanspruch hat jeder Mensch und die Unternehmen müssen darauf antworten. Wenn sie nicht darauf antworten, ermöglicht dieses eine Beschwerde bei den zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden."

    Wenn Verbraucher dann verlangen, persönliche Daten zu löschen, müssten die dann auch gelöscht werden. Aber wie gesagt: Was persönliche Daten sind, wird immer umstrittener, je mehr Daten anfallen.