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Der Ursprung der frühen Affen

Paläontologie.- Wo haben sich die gemeinsamen Vorfahren von Affen und Menschen entwickelt? Über diese Frage streiten Paläontologen seit Jahrzehnten. Nun berichten französische Forscher im Fachmagazin "PNAS", dass sie in Asien 37 Millionen Jahre alte Fossilienfunde gemacht haben, die endlich einen alten Streit entscheiden könnten.

Von Michael Stang | 05.06.2012
    Manchmal braucht es ein wenig Geduld, so Jean-Jacques Jaeger, bevor man in der Wissenschaft Antworten auf eine Frage findet. Die Frage, die den Paläontologen von der französischen Université de Poitiers seit Jahrzehnten selbst antreibt, konnte er nun beantworten.

    "Dieser Fund schließt eine Lücke in unserer Theorie, dass der Ursprung der höheren Primaten Afrikas in Asien liegt. Wir haben diese Überlegung zwar schon vor zwei Jahren vorgestellt, aber uns fehlte damals noch der wirklich entscheidende Beweis. Den haben wir jetzt erbracht."

    Bei dem Beweis handelt es sich um vier Zähne eines Primaten, die Jean-Jacques Jaeger und seine Kollegen in Myanmar entdeckt haben.

    "Wir haben rund sechs Tonnen Material durchsucht, bevor wir gerade einmal diese vier Zähne dieses eigentümlichen, kleinen Tieres entdeckt haben."

    Mit bloßem Auge sind die Zähne von Afrasia jedoch nicht auszumachen. Hochgerecht brachte der Affe zu Lebzeiten vor rund 37 Millionen Jahren gerade einmal 100 Gramm auf die Waage.

    "Diese Zähne sind extrem klein. Wir mussten Lupen und Mikroskope benutzen, um sie zwischen den ganzen Steinchen des Abraumes zu finden. Wir haben wirklich Sandkorn für Sandkorn sortiert, um einzelne Zähne zu entdecken."

    Wie der Gattungsname Afrasia andeutet, soll der Fund die Verbindung Asiens und Afrikas hervorheben. Denn er beweist, dass sich die höheren Primaten erst und ausschließlich in Asien entwickelten, bevor sie nach Afrika zogen. Damit passen auf einmal auch die Primatenfossilien ins Theoriegebäude, die Jean-Jacques Jaeger vor zwei Jahren in Libyen entdeckt hatte. Diese Knochen waren 39 Millionen Jahre alt und gelten als älteste Vertreter der Affen, die je in Afrika gefunden wurden. Jedoch war damals nicht klar, wo die Entwicklung hin zu den höheren Primaten stattgefunden hat: in Asien oder Afrika. Die neuen Knochen jedoch zeigen nun eindeutig, dass der Weg von Asien nach Afrika ging. Denn in Asien können die Forscher nun die stete Entwicklung der Primaten anhand von Fossilien nachweisen. In Afrika hingegen tauchen diese Tiere erst sehr spät auf. Erstaunlich sei jedoch die Ähnlichkeit der alten Funde aus Libyen und den neuen aus Myanmar, so Jean-Jacques Jaeger.

    "Die oberen Backenzähne sehen sich nicht nur ähnlich, sondern sie sind identisch! Und genau das macht den Fund so bedeutsam. Es geht nicht um Ähnlichkeiten, sondern um tatsächliche Gemeinsamkeiten. Lediglich bei den unteren Backenzähnen gibt es winzige Unterschiede, aber es gibt keinen Zweifel an der Tatsache, dass wir es hier mir zwei eng verwandten Spezies zu tun haben."

    Wie diese frühen Primaten vor rund 40 Millionen Jahren die 8000 Kilometer von Asien bis nach Nordafrika zurückgelegt haben, wissen die Forscher noch nicht. Fest steht nur, dass diese Tiere Afrika eroberten. Viele Millionen Jahre später entwickelten sich aus ihnen unter anderem jene Vertreter, aus denen unsere Vorfahren hervorgegangen sind. Jedoch sind solche frühen Entwicklungen der Affen in Bezug auf die Menschwerdung reine Spekulation. Denn auch noch vor 20 Millionen Jahren, und damit 19 Millionen Jahre nach dem Auftreten der ersten kleinen Affen in Afrika, lebten immer noch die gemeinsamen Vorfahren aller Menschenaffen, einschließlich des Menschen selbst.