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Einreise von Flüchtlingen
Deutschland führt vorübergehend wieder Grenzkontrollen ein

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat in Berlin mitgeteilt, dass Deutschland zunächst an der Grenze zu Österreich vorübergehend wieder Grenzkontrollen einführt. Ziel sei es, wieder zu einem geordneten Verfahren bei der Einreise zu kommen, sagte der CDU-Politiker. Dies sei auch aus Sicherheitsgründen notwendig.

    Ein Schild mit der Aufschrift "Bundesrepublik Deutschland" an der Autobahn bei Aachen.
    Die Bundesregierung führt vorübergehend wieder Grenzkontrollen ein - zunächst an der Grenze zur Österreich. (picture alliance / dpa/ Oliver Berg)
    Deutschland sei für den allergrößten Teil der Schutzsuchenden gar nicht zuständig, sagte de Maizière in Berlin. Er verwies auf die gültigen Regeln des Dublin-Verfahrens, wonach derjenige EU-Mitgliedstaat die Flüchtlinge registrieren und das Asylverfahren für sie durchführen müsse, in den diese zuerst einreisen. Daran müssten sich alle europäischen Länder halten. "Auch die Asylsuchenden müssen akzeptieren, dass sie sich einen Mitgliedstaat der EU, der ihnen Schutz gewährt, nicht einfach aussuchen können", sagte de Maizière.
    Der Bundesinnenminister betonte zudem, die große Hilfsbereitschaft der vergangenen Wochen in Deutschland dürfe nicht überstrapaziert werden. Die Wiederaufnahme der Grenzkontrollen sei auch ein Signal an Europa, dass die Lasten solidarisch verteilt werden müssten. Die Bundesregierung hatte angesichts der katastrophalen Lage in Ungarn vor gut einer Woche in Absprache mit der Regierung in Österreich beschlossen, Flüchtlinge aus Ungarn unbürokratisch und unregistriert einreisen zu lassen. Seither hatte die Zuwanderung noch einmal stark zugenommen.
    Kein Zugverkehr aus Österreich
    Nach Angaben der Österreichischen Bahn ist der Zugverkehr nach Deutschland um 17 Uhr bis Montagmorgen 6 Uhr eingestellt worden. Am Münchener Hauptbahnhof waren zuvor wieder mehrere tausend Flüchtlinge eingetroffen. Die Deutsche Bahn setzt inzwischen auch reguläre Züge für die Weiterleitung ein. Allein Baden-Württemberg nimmt heute 1.000 Menschen aus Bayern auf.
    Länder an der Grenze der Belastbarkeit
    Nach Einschätzung unseres Korrespondenten Johannes Kulms wirkt die Ankündigung von Grenzkontrollen wie eine abrupte Vollbremsung in der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Das könnte auch damit zusammenhängen, dass die Kritik der Bundesländer zuletzt stark zugenommen hatte. Zahlreiche Politiker aus Bund und Ländern hatten heute erklärt, die Grenzen der Belastbarkeit bei der Unterbringung der Flüchtlinge seien erreicht. Auch andere europäische Staaten hatten die Bundesregierung für ihre Flüchtlingspolitik kritisiert. Kulms meinte: "Vielleicht hat man am Ende auch gesehen, dass Deutschland sich ein Stück weit übernimmt, wenn es so schnell geht." Auch Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) habe darauf hingewiesen, dass nicht die Anzahl der Flüchtlinge das Problem sei, sondern das Tempo. "Vielleicht war das jetzt eine Kehrtwende in letzter Minute um zu sagen, wir brauchen erstmal eine Pause", so Kulms.
    CSU-Chef Horst Seehofer bezeichnete die Entscheidung der Bundesregierung als dringend notwendig. "Es ist ein ganz wichtiges Signal an die ganz Welt und auch nach innen", sagte der bayerische Ministerpräsident am Abend. Die Maßnahme sei auf Wunsch Bayerns in einem Telefonat zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und ihm vereinbart worden. Die Dringlichkeit begründete Seehofer auch mit dem bevorstehenden Oktoberfest in München. Die Stadt solle währenddessen kein Anlaufpunkt für Flüchtlinge sein.
    Stichwort Schengen
    EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erklärte in Brüssel, die vorübergehende Wiedereinführung der Grenzkontrollen scheine durch die Regeln des Schengen-Raums gedeckt zu sein. Sie erlaubten es, in einer Krisensituation so zu handeln. Zwischen den 26 europäischen Ländern im sogenannten Schengen-Raum gilt eigentlich die Reisefreiheit ohne Kontrollen. Sie dürfen aber in Ausnahmefällen vorübergehend wieder eingeführt werden, etwa bei geplanten Ereignissen wie einem politischen Gipfeltreffen oder einem Sportereignis. 2013 hatte die EU beschlossen, dass Schengen-Mitglieder als letztes Mittel Grenzkontrollen auch dann wieder einführen können, wenn sie die massenhafte Ankunft von Flüchtlingen befürchten und dadurch das Funktionieren des Schengen-Raums in Gefahr sehen.
    Juncker betonte aber, Ziel müsse es sein, möglichst rasch wieder zum Grundsatz der offenen Grenzen zurückzukehren. Umso wichtiger sei es, bei der morgigen Sitzung der europäischen Innen- und Justizminister zu einem Einverständnis zu kommen. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban dagegen begrüßte die Entscheidung der Bundesregierung für Grenzkontrollen und forderte in der "Bild"-Zeitung, nun müsse auch die griechische Grenze so schnell wie möglich geschützt werden.
    Die EU-Minister beraten morgen über die Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedsländer. Der Vorschlag einer festen Quote für die Verteilung ist umstritten.
    (nin/lob)