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EU-Finanzminister-Treffen
Apple-Milliarden wecken Begehrlichkeiten

Beim Treffen der EU-Finanzminister in Bratislava wurden Überlegungen aus einigen Mitgliedsstaaten laut, wonach ein Teil der Steuernachzahlung, die der Apple-Konzern in Irland leisten soll, auch anderen Ländern zustehen könnte. Zugleich herrschte Einigkeit darüber, dass die EU im Kampf gegen Steuervermeidung weitergekommen sei.

Von Jörg Münchenberg | 10.09.2016
    Informelles Treffen der EU-Finanzminister in der Slowakei: Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und EZB-Präsident Mario Draghi im Gespräch.
    Informelles Treffen der EU-Finanzminister in der Slowakei: Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und EZB-Präsident Mario Draghi im Gespräch (AFP/ Vladimir Simicek)
    Die weitere Harmonisierung von Steuervorschriften und eine bessere Zusammenarbeit der nationalen Steuerbehörden, das war heute das Hauptthema bei den informellen Beratungen der EU-Finanzminister in Bratislava. Vor allem die von der EU-Kommission geforderten milliardenschweren Steuernachzahlungen für Apple hatten die Diskussion zusätzlich angeheizt – zumal es sich um ein schwebendes Verfahren handelt, da sowohl Apple als auch die irische Regierung gegen die Kommissionsentscheidung vor dem Europäischen Gericht geklagt haben.
    In Bratislava wurden unterdessen Überlegungen aus einigen Mitgliedsstaaten laut, wonach ein Teil der geforderten Steuernachzahlung - 13 Milliarden Euro stehen im Raum - auch anderen Ländern zustehen könnte. Schließlich geht es bei dem Fall um das gesamte Europageschäft von Apple. Doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich über entsprechende Gedankenspiele in Österreich, Italien oder Spanien eher skeptisch:
    "Naja, ich glaube, dass die Erwartungen, die da zum Teil geschürt werden, ein bisschen voreilig sind. Wie können dadurch, dass Gewinne, die möglicherweise in Irland entstanden sind und die dort nicht so hoch besteuert worden sind wie normal - was kann das für eine Auswirkung auf die Steueraufkommen in anderen EU-Ländern haben? Die Frage hat mir noch keiner beantworten können. Meine Experten sagen mir, sie wissen nicht, was die Kommission gemeint hat."
    Schäuble: Auch deutsche Steuerbehörden prüfen Fall Apple
    Die hatte die anderen Mitgliedsländer aufgefordert zu prüfen, ob Apple auch außerhalb von Irland Steuern nachbezahlen müsse. Dennoch würden natürlich auch deutsche Steuerbehörden den Fall prüfen, betonte Schäuble. Einig wiederum waren sich die Minister, dass es sich bei Apple, Amazon und Co. weitgehend um Altfälle handelt.
    Im Zuge der globalen Initiative gegen Steuerverkürzung und -vermeidung habe sich auch die EU neu aufgestellt und bei der sogenannten BEPS-Initiative inzwischen eine Vorreiterrolle übernommen. Insofern dürfe man die laufenden Untersuchungen der Kommission gegen einzelne multinationale Konzerne nicht überbewerten, meinte etwa der Finanzminister von Luxemburg, Pierre Gramegna:
    "Hier reden wir über die Vergangenheit. Sachen, die vor fünf oder zehn Jahren geschehen sind. Und da gibt es eben noch Unstimmigkeit über die Interpretation der Regeln."
    EU will Kampf gegen Steuervermeidung intensivieren
    Gleichzeitig will die EU ihren Kampf gegen Steuervermeidung und -verkürzung weiter intensivieren. Die Kommission kündigte an, dass sie weitere Vorschläge für ein einheitliches System von Steuererleichterungen vorlegen werde. Ende Oktober oder Anfang November soll es einen neuen Anlauf zur Harmonisierung der sogenannten Bemessungsgrundlage geben. Eurogruppenchef Jerun Deisselbloem:
    "Internationale Konzerne haben auch die Verpflichtung, dass sie Steuern bezahlen. Daran müssen wir alle arbeiten. Meine Botschaft an diese Unternehmen ist: Sie kämpfen den falschen Kampf. Sie müssen sich bewegen, die Zeiten haben sich geändert. Sie müssen Steuern bezahlen – ein Teil davon in den USA, einen Teil in Europa."
    Bislang freilich sind noch alle Bemühungen für eine Harmonisierung von Steuerausnahmen auf EU-Ebene am Widerstand einzelner Mitgliedsländer gescheitert. Der Fall Apple dürfte den Konsensdruck allerdings verstärkt haben.