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Ex-Bundeswehr-Generalinspekteur Kujat
Kramp-Karrenbauer soll "schwierige Fragen anpacken"

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer verdiene einen Vertrauensvorschuss im Amt der Verteidigungsministerin, sagte der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, im Dlf. Das Personal der Bundeswehr müsse aufgestockt werden und die Soldaten bräuchten eine bessere Ausrüstung.

Harald Kujat im Gespräch mit Dirk Müller |
Harald Kujat, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzender des Nato-Militärausschusses.
Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat, ist heute Aufsichtsratschef des Waffenherstellers Heckler & Koch (imago / Jürgen Heinrich)
Dirk Müller: Nach Ursula von der Leyen also nun Annegret Kramp-Karrenbauer, die CDU-Chefin, im Amt der Verteidigungsministerin. Die Bundeswehr braucht eine starke Kraft, das haben wir eben noch von Klaus Müller gehört. Darüber reden wollen wir mit dem früheren NATO-General Harald Kujat, er sitzt seit ein paar Tagen an der Spitze im Aufsichtsrat beim Deutschen Rüstungsunternehmen Heckler und Koch. Guten Tag!
Harald Kujat: Ich grüße Sie, hallo!
Müller: Herr Kujat, stärker geht es jetzt nimmer?
Kujat: Was heißt das, stärker geht es jetzt nicht mehr, was meinen Sie damit?
Müller: Ja, ich meine damit, dass das die stärkste Entscheidung ist, die eine starke Frau treffen konnte?
Kujat: Na ja, es ist so, dass Frau Kramp-Karrenbauer in der Tat einen Vertrauensvorschuss verdient, ich setze viel Vertrauen in Frau Kramp-Karrenbauer. Ich schätze sie so ein, dass sie nicht ihre Person, sondern die Sache in den Vordergrund stellt. Und das ist für mich eine sehr positive Aussicht, muss ich sagen. Sie wird sicherlich einige Zeit brauchen, um den Scherbenhaufen zu beseitigen, den Frau von der Leyen hinterlassen hat, einige Monate sicherlich, vielleicht ist dann ja auch schon das Ende der Koalition da. Aber ich hoffe sehr, dass sie dann einen Neuanfang wagen wird, und ich vertraue ihr, dass sie das auch machen wird.
"Frau von der Leyen hat einen Scherbenhaufen hinterlassen"
Müller: Jetzt habe ich Ihre Anspielung auch verstanden, Sie meinten also, von der Leyen hat großen Schaden hinterlassen, weil sie auch die Person in den Vordergrund gestellt hat?
Kujat: Unter anderem, ja.
Müller: Woran haben Sie das festgemacht?
Kujat: Ihre Person.
Müller: Ihre Person. Sagen Sie uns ein Beispiel.
Kujat: Na ja, da könnte ich Ihnen 1.000 Beispiele nennen. Sie hätten ja nur die Medien verfolgen müssen, es war immer Frau von der Leyen, die im Vordergrund stand. Wenn Sie jetzt den Untersuchungsausschuss sehen, die Berateraffäre als Beispiel nehmen: Es sind immer andere, die die Schuld tragen. Frau von der Leyen hat offensichtlich, wenn es um Fehlentscheidungen ging, wenn es um Fehlrichtungen ging, nichts damit zu tun gehabt.
Müller: Ist das nicht immer so bei Ministern?
Kujat: Nein, das kenne ich ganz anders. Ich kenne Minister, die schon bei kleinsten Anlässen ihren Rücktritt eingereicht haben oder selbst, wenn sie überhaupt keine Schuld hatten. Ich denke nur an Georg Leber, mit dem ich ja sehr lange zusammengearbeitet habe, aber auch bei anderen. Das kenne ich im Gegenteil. Es ist so, dass das offensichtlich eine Entwicklung ist der letzten Jahre, dass man wenig auf das reagiert, was eigentlich geboten ist für jemanden, der Verantwortung trägt. Das muss man wirklich so feststellen.
Müller: Woran liegt das? Weil die Bereitschaft nicht da war, zuzuhören, auf die Kritiker zuzugehen, auf die Stimmen zu hören?
Kujat: Na ja, ich will jetzt nicht über Frau von der Leyen sprechen.
Müller: Wollen wir ja eigentlich auch gar nicht, stimmt. Aber wenn wir dabei sind, vielleicht noch einen Satz dazu.
Kujat: Nein, der einfache Satz ist der: Sie ist in das Verteidigungsministerium gegangen und hat die Rezepte aus dem Familienministerium mitgebracht, die sie im Übrigen auch dann gar nicht umgesetzt hat. Sie hat viel angekündigt, Trendwende Finanzen, Trendwende Personal, Trendwende Material.
Müller: Also familienfreundliche Bundeswehr, können wir uns alle noch dran erinnern.
Kujat: Ja, aber leider ist das ja nicht geschehen. Das ist in den Anfängen stecken geblieben. Das ist ja auch meine Kritik immer gewesen. Ich bin sehr dafür, dass die Lebensumstände der Soldaten in den Kasernen verbessert werden, raus aus den Acht-Mann-Stuben, rein in Zwei-Mann-Stuben, aber das kostet Geld und das hat sie nicht gemacht. Aber das ist nicht unser Thema, das ist ja Vergangenheit.
Müller: Genau. Und jetzt wollte ich Sie fragen, Annegret Kramp-Karrenbauer sagen Sie, Vorschusslorbeeren oder Vorschussvertrauen.
Kujat: Nein, ich sage gar nicht Vorschusslorbeeren. Ich habe den Eindruck, ich kenne sie ja nicht persönlich, aber ich habe den Eindruck, dass man ihr Vertrauen entgegenbringen kann, ich schätze sie eben so ein, dass sie auch die Dinge meint, die sie sagt, dass sie auch bereit ist, schwierige Fragen anzupacken, und das wird sie tun müssen, es ist in der Tat so, es ist ja auch in den Berichten, die bei Ihnen kamen, deutlich geworden: Untersuchungsausschuss, Gorch Fock, Materialdefizite - also es würde ja Stunden in Anspruch nehmen, wenn man die alle aufzählen wollte. Ich hoffe also, dass sie danach dann auch einen Neuanfang wagen wird.
"Verteidigungspolitik ist doch keine schwarze Kunst"
Müller: Wie gut ist das, dass sie keine Ahnung hat von der Bundeswehr?
Kujat: Wissen Sie, die Verteidigungspolitik ist doch keine schwarze Kunst. Sie kennt offenbar den Staatssekretär Tauber sehr gut, der Staatssekretär Tauber ist inzwischen in der Bundeswehr gut angekommen und hat einen hervorragenden Ruf. Er wird sie gut beraten. Sie kann auch ihren künftigen Mitarbeitern vertrauen, die jeden Minister bisher mit großer Loyalität unterstützt haben. Also warum sollte das nicht zu einem Kurswechsel führen, der die Bundeswehr sozusagen vom Kopf auf die Füße stellt?
Müller: Ja, weil das genau ja die Berater sind, die ja auch von der Leyen beraten haben.
Kujat: Nein, nein. Wenn Sie von Beratern sprechen, dann meinen wir und ich meine externe Berater. Herr Tauber ist erst seit kurzer Zeit im Amt, und natürlich wird sich Frau Kramp-Karrenbauer ihre persönlichen Mitarbeiter auch aussuchen können, das muss man ihr auch zubilligen, aber jetzt hätte ich beinahe gesagt, Manns genug ist, Frau genug ist, um ihre eigenen Vorstellungen durchzusetzen. Nein, ich schätze sie sehr, ich gebe ihr viel Vertrauen und ich hoffe, dass das auch genauso umgesetzt wird.
"Ich bin ja kein Waffenverkäufer"
Müller: Und Sie werden ihr dabei helfen, wenn es um neue Waffenkäufe und so geht, weil Sie jetzt da von kompetenter Stelle gute Tipps geben können?
Kujat: Na ja, ich bin ja kein Waffenverkäufer, sondern ich bin ein Kontrolleur, das ist ein kleiner Unterschied. Aber die Rüstungsindustrie ist wichtig für unser Land und sie ist wichtig für die Bundeswehr. Die Bundeswehr muss die Waffen bekommen, die die Soldaten brauchen, um ihren Auftrag erfüllen zu können.
Müller: Aber von der Leyen hat es ja auch geschafft, mehr Geld zu akquirieren. Wir haben ja einen deutlich Anstieg des Bundeswehretats während ihrer Amtszeit.
Kujat: Wir haben einen Anstieg, aber der entscheidende Punkt ist, und das bringe ich jetzt mal auf eine einfache Formel, auf einen einfachen Satz.
Müller: Ich hoffe, Sie bleiben uns treu am Telefon, wir haben ein bisschen Leitungsschwierigkeiten.
Kujat: Ja, ich bin ganz da, ich bin ganz da. Ein einfacher Satz ist das: Wir müssen die Aufgaben, die der Bundeswehr insbesondere von der Verfassung gestellt sind, und ihre militärischen Fähigkeiten und die finanziellen Mittel miteinander in Einklang bringen. Das ist der entscheidende Punkt. Und der ist bisher nicht erreicht worden, der ist nicht geleistet worden. Das heißt, die Struktur muss geändert werden, das Personal muss aufgestockt werden und die Soldaten müssen die Ausrüstung bekommen, die sie brauchen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.