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Frankreich
Marschieren üben für den Nationalfeiertag

Die Franzosen feiern ihren Nationalfeiertag am 14. Juli traditionell mit einer großen Militärparade. In diesem Jahr steht sie im Zeichen der Hundertjahrfeiern zum Ersten Weltkrieg. Dazu sind auch Soldaten und junge Leute aus zahlreichen Ländern eingeladen - nicht alle sehen die Parade positiv.

Von Christiane Kaess | 14.07.2014
    Manchmal ist gemeinsames Marschieren auch für geübte Soldaten gar nicht einfach - wenn sie aus so vielen Nationen in Reih und Glied gebracht werden müssen. Sie befehlen nicht nur unterschiedlich, sie marschieren auch anders - gemächlich oder im Stechschritt. Jeweils drei Soldaten eines Landes tragen ihre Flagge vor die Präsidententribüne - flankiert von französischen Soldaten in historischen Uniformen aus dem Ersten Weltkrieg - lange graue Mäntel, Gewehre auf dem Rücken. Die gemeinsame Geschichte verbindet sie alle. Für Oberleutnant Hendrik Kuckat von der deutsch-französischen Brigade ist der Erste Weltkrieg gedanklich zwar weit weg, aber:
    "Die ganzen Parteien, die vor hundert Jahren im Krieg waren, dass wir jetzt hier quasi als Freunde die Parade eröffnet, finde ich ein schönes Zeichen."
    Ein britischer Soldat wischt sich den Schweiß unter der traditionellen hohen Bärenfellmütze von der Stirn. Bei den alljährlichen Gedenktagen in seinem Land sei es jetzt auch mal schön, hier zu sein. Der Leutnant aus Mali neben ihm behauptet, auch in seinem Land spiele der Erste Weltkrieg eine Rolle.
    "Ganz bestimmt - es waren damals eine Menge afrikanische Soldaten dabei".
    Auf der anderen Seite des Platzes übt man den Frieden ohne Waffen. Eine junge Frau aus Algerien hält eine Taube in der Hand.
    "Das ist toll - die bewegt sich ab und zu, aber wir haben gelernt, wie man sie festhält. Am Ende werden wir sie fliegen lassen."
    Seit einer Woche folgen die jungen Leute aus aller Welt in Paris einem dichten Programm - Museen, Diskussionsrunden - und die Vorbereitung auf die Militärparade. Anstrengend, findet Cordelia Merkl.
    "Durchschnittlich bekommen wir ungefähr drei bis fünf Stunden Schlaf, das merkt man jetzt so langsam auch".
    Um ein Handgelenk hat sie - wie die anderen - ein weißes Tuch gebunden. Als die Soldaten den Platz vor der Tribüne verlassen, ändert sich die Musik. Die jungen Teilnehmer laufen die jungen Teilnehmer los und nehmen den Platz ein. Sie bilden Kreise, Hand in Hand - es entsteht die Jahreszahl 1914. Zum Schluss der Choreografie fliegen die Tauben in den Himmel.
    Befremdliche Parade
    Krieg ist nicht für alle jungen Teilnehmer weit weg. Aisha Traoré aus Mali ist froh, dass Frankreich in ihrem Land militärisch eingegriffen hat, als dort Islamisten Angst und Schrecken verbreiteten. Vor allem stolz ist sie, hier zu sein.
    "Mali ist groß, es gibt viele junge Frauen, die Delegationen hier bestehen nur aus vier Leuten. Ich bemühe mich, mein Land gut zu vertreten."
    Die Neuseeländerin Isabell Kerr hat über den Ersten Weltkrieg in der Familie recherchiert. Eine Tante gab ihr Briefe eines Uronkels, der in Frankreich gekämpft hatte.
    "Ich habe sie im Flugzeug gelesen - er erzählt über die Schützengräben, über die Schlachtfelder, über seine Freunde, die gestorben sind - das ist wirklich sehr bewegend."
    Sie hat auch herausgefunden, dass ihr Urgroßvater damals als Arzt in einem englischen Militärkrankenhaus gearbeitet hat.
    "Ich werden seine Medaille beim Défilé tragen - für meine Familie ist das eine Ehre sein, denn zum ersten Mal seit 1919 trägt sie jemand."
    Für die jungen Deutschen ist die Militärparade zum französischen Nationalfeiertag dagegen befremdlich, meint auch Cordelia Merkl.
    "Also, ich hab das anfangs sehr, sehr kritisch gesehen - sehe es auch immer noch kritisch. Ich hab mir anfangs auch wirklich überlegt, möchte ich wirklich mitmachen. Mir geht es viel mehr um das Treffen der Leute als vielleicht die Teilnahme an dieser Militärparade."
    Maik Wirtz, der mit ihr aus Deutschland gekommen ist, stimmt zu. Sie seien schließlich die Generation von morgen.
    "Es ist schön zu sehen, dass auch die Leute - jetzt zum Beispiel Ukraine, Russlands einfach abends zusammen sitzen und sich noch unterhalten. Ich denke, es ist einfach wichtig für die zukünftige Politik."