Freitag, 03. Mai 2024

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Vor 175 Jahren Gold gefunden
Als Kalifornien dem Goldrausch verfiel

Ein paar Klümpchen Gold, gefunden 1848 in der Sierra Nevada, lösten den ersten großen Goldrausch Amerikas aus – später mythisch verklärt als die Pionierzeit Kaliforniens. Gern verschwiegen wird dabei die vorsätzliche Vernichtung seiner Ureinwohner.

Von Ulrike Rückert | 24.01.2023
James W. Marshall - fand am 24. Januar 1848 an der Sutter’s Mill ein Goldnugget fand, was zum Auslöser des kalifornischen Goldrausches wurde
Fand am 24. Januar 1848 ein Goldnugget, das den kalifornischen Goldrausch auslöste: James W. Marshall (imago / UIG )
„Mr. Marshall kam mit seinem alten Hut in der Hand. Ich trat zu ihm hin und sah in dem Hut zehn oder zwölf Klümpchen. Ich nahm das größte und prüfte es mit meinen Zähnen, hielt es in die Höhe und rief: 'Gold, Jungs, Gold!‘“
So schilderte James Brown die Entdeckung, die den Goldrausch in Kalifornien auslöste. Brown und Marshall hatten mit anderen Männern an einem Fluss am Fuß der Sierra Nevada eine Sägemühle gebaut. Im Mühlgraben fand Marshall am 24. Januar 1848 das Gold. Umgehend informierte er den Besitzer der Sägemühle John Sutter.

Die Nisenan wurden nicht gefragt

Sutter, ein Schweizer, war 1839 in Kalifornien gelandet - damals eine abgelegene mexikanische Provinz. Vom Gouverneur erlangte er eine Landschenkung und zog ins unberührte Landesinnere. Am Sacramento ließ er sich nieder. Die Nisenan, deren Land er okkupierte, fragte niemand um Erlaubnis. Sutter brachte sie dazu, für ihn zu arbeiten, baute ein massives Fort, züchtete Vieh, baute Weizen an und drillte seine Arbeiter zu einer furchteinflößenden Privatarmee. Bald gebärdete er sich als Herr über das ganze Tal:
„Die Indianer begannen überall um mich herum, Probleme zu machen. Ich war genötigt, sie ernstlich zu bestrafen.“ - Zur Einschüchterung aller anderen überfiel Sutter Dörfer und massakrierte oder entführte die Bewohner.

Kalifornien - Zankapfel zwischen Mexiko und den USA

„Er hält sechs- oder achthundert Indianer in einem Zustand völliger Sklaverei“, notierte der Trapper James Clyman. Den Goldfund versuchte Sutter geheim zu halten – er wollte sich zuerst Brief und Siegel für das Land um die Sägemühle verschaffen. Das gelang ihm nicht, weil der Gouverneur geflohen war. Zu dieser Zeit herrschte Krieg zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten und Kalifornien war von amerikanischem Militär besetzt. Und die Katze war bald aus dem Sack.
„Wir hörten Geschichten von fabelhaften Entdeckungen. Jeder sprach von ‚Gold! Gold!“ - berichtete ein Offizier. Im Juni meldete eine Zeitung:
„Jeder Hafen bis nach San Diego, jede Stadt und jeder Rancho ist plötzlich menschenleer. Die Goldfelder, soweit bisher erkundet, erstrecken sich über hundert Meilen in der Länge und zwanzig in der Breite.“

Die Flut der Glücksjäger, die 1849 über Kalifornien brandete

Im Herbst kamen tausende Goldsucher aus Oregon und Südamerika dazu und Gerüchte vom neuen El Dorado erreichten die Ostküste. Inzwischen war der Krieg zu Ende und Kalifornien an die USA gefallen. Im Dezember bestätigte Präsident Polk den wundersamen Reichtum des neuen Territoriums. Binnen zwei Monaten war jedes verfügbare Schiff auf dem Weg und Planwagentrecks sammelten sich am Missouri. Starten konnten sie erst im Frühjahr und die Fahrt um Kap Horn dauerte ein halbes Jahr, doch im Sommer 1849 brandete die Flut der Glücksjäger über Kalifornien. An die hunderttausend kamen, auch aus Europa, Australien und China. Und im nächsten Jahr noch einmal so viele. Um Sutters Fort brodelte es von Menschen. Der Arzt George McKinstry schrieb:
„Der Embarcadero ist nun die große Stadt Sacramento. Der Fluss wird Tag und Nacht von den prächtigsten Dampfern durchpflügt, gefüllt mit hungrigen Goldsuchern und spekulierenden Yankees.“

Welche Katastrophe über die Indigenen hereinbrach

Vom Süden der Sierra bis zum Klamath-Gebirge im Norden gruben sie die Bachbetten um und wühlten sich in die Felshänge. Über die indigene Bevölkerung brach eine Katastrophe herein:
„Wenn wir den Indianer aus seinen Jagdgründen verdrängen, seine Fischgründe zerstören und seine Eichelhaine fällen, treiben wir ihn in die Berge und in den Hunger“, schrieb ein Journalist einsichtsvoll.

Nur wenige Glücksritter erfüllten ihre Träume

Aber die Eindringlinge beraubten die einheimischen Völker nicht nur ihrer Lebensgrundlage, sie bekämpften sie auch mit brutaler Gewalt. Morde und Massaker waren alltäglich, und Presse und Politiker sprachen unverhüllt von einem Vernichtungskrieg.
Die Schlächterei hörte auch nicht auf, als der Goldrausch zu Ende ging, der industrielle Bergbau begann und Bauernhöfe sich ausbreiteten. Für wenige der Glücksritter hatten sich ihre Träume erfüllt. John Sutter war unter den Verlierern. Die Goldsucher hatten sein Vieh geschlachtet und Siedler sein Land besetzt. So beklagte er sich:
„Ohne die Entdeckung des Goldes wäre ich der reichste Mann an der Pazifikküste geworden. Statt reich zu sein, bin ich ruiniert.“