Sonntag, 05. Mai 2024

Archiv

Griechenland-Hilfe
Brückenbauer Dijsselbloem

Brüssel will das Hilfsprogramm für Griechenland um vier Monate verlängern. Die Niederlande haben dem Kompromiss bereits zugestimmt. Großen Anteil an dieser Entscheidung hat der niederländische Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Er sieht sich am Ende eines kräftezehrenden Marathons mit möglichem Happyend.

Von Kerstin Schweighöfer | 27.02.2015
    Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem und der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis bei einer Pressekonferenz in Athen. Dijsselbloen trägt einen Kopfhörer. Im Hintergrund ist die Europa-Fahne.
    Jeroen Dijsselblom: ""Wir haben den Griechen die Möglichkeit gegeben, unter dem Rettungsschirm des Hilfsprogramms zu bleiben." (Aris Messinis, AFP)
    Wird das griechische Schuldendrama doch noch glimpflich ablaufen? Diese Frage beschäftigt auch die niederländischen Medien. Schließlich wird eine der Hauptrollen von einem Niederländer besetzt: Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Und der hat für ein vorläufiges Happyend gesorgt: Brüssel hat das Hilfsprogramm für Griechenland um vier Monate verlängert.
    Nicht umsonst gelten die Niederländer als Weltmeister im Kompromisse-Schließen. Auch Jeroen Dijsselbloem hat sich in den letzten Wochen ebenso unermüdlich wie unverdrossen als Brückenbauer erwiesen.
    "Wir haben den Griechen die Möglichkeit gegeben, unter dem Rettungsschirm des Hilfsprogramms zu bleiben. Die griechische Regierung darf bestimmte Änderungen durchführen, um Arbeitslosigkeit und Armut zu bekämpfen.
    Diesen Raum bieten wir ihnen, vorausgesetzt, diese Änderungen sind finanziell möglich, passen ins Budget und gefährden die Wiederbelebung der Wirtschaft nicht."
    Noch ein langer Weg
    Nun sind mehrere nationale Parlamente in der Eurozone am Zuge. Das niederländische hat diesen Kompromiss bereits abgesegnet – wobei sich alle Abgeordneten darüber einig waren, dass der Kompromiss lediglich eine Atempause darstellt und der Weg für die Griechen noch lang ist.
    Auch die Rechtsliberalen von Premierminister Mark Rutte stimmten zu – allerdings nicht ohne Bedingungen zu stellen. Die Rechtsliberalen hatten bisher einen ähnlich harten Standpunkt eingenommen wie Deutschlands Finanzminister Schäuble.
    Was wir wollen, ist vor allem die Zusicherung, dass Griechenland nicht sofort wieder Geld bekommt", so der rechtsliberale Abgeordnete Mark Harbers.
    Geld darf es erst dann wieder geben, wenn absehbar ist, dass die greichische Regierung es wirklich ernst meint und die angekündigten Reformen in die Tat umsetzt.
    Die Gegner einer Verlängerung des Hilfsprogamms sind nur eine kleine Minderheit, darunter die islam- und europafeindliche Partei für die Freiheit eines enttäuschten Geert Wilders':
    Alle diese Europhilen", so Wilders, "wollen um jeden Preis verhindern, dass ihr Europatraum platzt. Dafür nehmen sie alles in Kauf!
    Ziellinie in Sicht
    Für Eurogruppen-Chef Dijsselbloem ist nun die Ziellinie eines extrem kräfteraubenden Marathons in Sicht.
    Nach drei Eurogruppen-Treffen und einem Fehlstart: Bei seinem ersten Treffen mit dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis hätte Dijsselbloem fast vergessen, ihm zum Abschied die Hand zu geben – so sehr hatte ihn das selbstbewusste und kompromisslose Auftreten des Griechen aus dem Gleichgewicht gebracht.
    Kampfhähne
    Ein Zwischenfall, der prompt von einem niederländischen TV-Satire-Magazin in einem sogenannten Rap-battle verarbeitet wurde. In den Hauptrollen: Dijsselbloem und Varoufakis. "Ich werde das Geld zurückholen, das ist meine Pflicht", singt Dijsselbloem. "Von dir lass' ich mich nicht stoppen, Yanis Varoufakis!" - "Was ich tu' oder nicht, entscheid' ich selbst", kontert der Grieche. "Du kannst mir ganz normal die Hand geben, Jeroen, ich hab' kein Aids. Wir sind ein selbständiges Land, keine europäische Kolonie!"
    Glaubt man der französischen Presse , der Tageszeitung "Libération", wären die beiden Kampfhähne um ein Haar sogar wirklich mit den Fäusten aufeinander losgegangen: letzte Woche, beim zweiten Eurogruppentreffen, als Varoufakis Dijsselbloem als Lügner bezeichnet hatte. Doch soweit ist es nicht gekommen.
    Doch noch eine friedliche Einigung
    Alle haben sich auf friedlichem Weg geeinigt. Und Jeroen Dijsselbloems Position als Eurogruppenchef ist so stark, wie nie zuvor; die Aussicht bestens, dass er weitere vier Jahre in Brüssel bleiben kann. Auch im niederländischen Parlament bei der Debatte am Mittwoch regnete es Komplimente.
    Nicht viel zu feiern
    Der calvinistische Brückenbauer selbst gönnte sich nach dem alles entscheidenden dritten Eurogruppentreffen übrigens nur ein Bier. Bei "Kitty", einem irischen Pub im Brüssler Europaviertel. Es gab ja auch nichts groß zu feiern, fand Dijsselbloem: "Ich hab' bloß meine Arbeit getan."