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Irak
Weiter Tauziehen um neue Regierung

Während im Nordirak die US-Luftwaffe und kurdische Kämpfer gegen die IS-Terrormiliz vorgehen, streiten in der Hauptstadt Bagdad die Parteien weiter um die Macht. Spätestens am Montag läuft eine Frist zur Regierungsbildung ab. Dann droht noch größeres politisches Chaos.

Von Martin Zagatta |
    Kurdische Peschmerga-Kämpfer nahe der Front bei Makhmur, 280 Kilometer nördlich von Bagdad.
    280 Kilometer nördlich von Bagdad: Peschmerga-Kämpfer nahe der Front bei Makhmur (AFP / SAFIN HAMED)
    Der Peschmerga, den kurdischen Truppen, ist gelungen, tausende der von den Islamisten bedrohten Flüchtlinge in Sicherheit zu bringen. Das jedenfalls behauptet einer ihrer Kommandeure. Die Kurden haben die völlig erschöpften Menschen demnach zu Fuß aus dem Sindschar-Gebirge im Nordwesten des Landes herausgeführt. Die Befreiungssaktion ist offenbar von Kampfjets der USA vorbereitet worden. Sie haben Stellungen der Terroristen bombardiert, die Zehntausende in die Berge vertrieben hatten, vor allem jesidische Familien.
    In der Bergregion sollen sich aber immer noch Zehntausende aufhalten, die auf Nahrungsmittel angewiesen sind, die von Flugzeugen aus abgeworfen werden.
    An den Hilfslieferungen beteiligt sich auch Frankreich, so hat heute Außenminister Laurent Fabius in Bagdad bestätigt.
    Er wolle dem Irak, so Fabius, seine Solidarität ausdrücken und die Hilfslieferungen überwachen. Die USA wollen eine Luftbrücke für die Flüchtlinge einrichten und die Kurden weitere Befreiungsaktionen starten. Sie haben den Vertriebenen, die sie aus den Sindschar-Bergen gerettet haben, vorbei an den Stellungen der Dschihadisten, die Flucht auf syrisches Gebiet ermöglicht, in eine Region, die im Moment von syrischen Kurden kontrolliert wird. 70 Kinder, so heißt es nun, seien schon verhungert oder verdurstet. Und die jetzt Befreiten bestätigen offenbar auch, dass die Terrororganisation "Islamischer Staat" Hunderte Jesiden ermordet haben soll. Die Scharia-Kämpfer – so berichtet ein irakischer Minister unter Bezug auf die Flüchtlinge – hätten ihre Opfer hingerichtet, zum Teil lebendig begraben und rund 300 Frauen verschleppt.
    Präsident Fuad Masum in schwieriger Lage
    Derweil geht in Bagdad das Tauziehen um eine neue Regierung weiter. Der amtierende Premierminister Nuri Al-Maliki, hat zwar die Wahl vor drei Monaten gewonnen. Er findet bis jetzt allerdings keine Koalitionspartner, da viele ihn für den Zerfall des Landes und den Vormarsch der Terroristen verantwortlich machen.
    Damit kommt jetzt unser Präsident Fuad Masum in eine ganz schwierige Lage, meint Sattaral-Ghanem, ein Parteifreund des Regierungschefs. Und in der Tat: Die Zeit drängt nicht nur, weil die Islamisten das Machtvakuum in Bagdad für ihren Vormarsch nutzen. Heute, spätestens morgen läuft auch die in der Verfassung festgelegte Frist aus. Dann muss der Staatspräsident entscheiden, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt: Maliki, den kaum noch jemand will, der aber die meisten Stimmen hat. Oder einen anderen, dessen demokratische Legitimation dann anfechtbar wäre. Schon wird spekuliert, dass sich Präsident Masum dieser schwierigen Entscheidung entzieht – und selbst zurücktritt. Dann hätte der Irak noch immer keinen neuen Regierungschef - und auch keinen Präsidenten mehr. Das politische Chaos würde noch größer.