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Kampf gegen IS
"Auch im Interesse Deutschlands"

Die Terrormiliz Islamischer Staat muss gestoppt werden. Darin sind sich die deutschen Parteien alle einig. Nur wie? Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann sagte im Deutschlandfunk, die Bundesrepublik könnte bei Luftangriffen mit Awacs-Flugzeugen die Aufklärung unterstützen.

Karl-Georg Wellmann im Gespräch mit Peter Kapern |
    Kurdische Peschmerga kämpfen am 9. September 2014 im Irak gegen die Terrormiliz Islamischer Staat.
    Kurdische Peschmerga kämpfen im Irak gegen die Terrormiliz Islamischer Staat. (afp/Lopez)
    Der CDU-Außenpolitiker Wellmann verteidigte die Haltung Deutschlands im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS). "Es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung der Weltgemeinschaft", sagte er im Deutschlandfunk. "Wir müssen das einbringen, was wir leisten können." So könnte Deutschland mit Awacs-Flugzeugen bei der Aufklärung helfen, den Einsatz logistisch unterstützen oder die humanitäre Hilfe ausweiten.
    Eine direkte Beteiligung an Luftangriffen, addonwie es die USA planen, sehe er nicht. "Wir ducken uns nicht weg", sagte Wellmann. "Deutschland steht nicht an der Seite." Eine Reihe von Deutschen sei zur IS übergetreten und kämpfe für diese. Auch deshalb sei es im eigenen Interesse Deutschlands gegen die Islamisten vorzugehen.

    Das Interview mit Karl-Georg Wellmann in voller Länge:
    Peter Kapern: Es war ein Drahtseilakt für Barack Obama. Einerseits stand der US-Präsident unter dem Druck der oppositionellen Republikaner, die ihm Konzeptlosigkeit und mangelnde Entschlusskraft im Kampf gegen die Terrortruppen des sogenannten Islamischen Staates vorwarfen. Andererseits hatte er es mit einer Öffentlichkeit in den USA zu tun, die schlicht kriegsmüde ist und nicht ein weiteres Mal US-Soldaten in den Mittleren Osten marschieren sehen will. Was also tun? Mit welcher Strategie gegen den IS vorgehen? In der vergangenen Nacht hat Obama gesagt, was er tun will.
    Bei uns am Telefon ist Karl-Georg Wellmann von der CDU, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages. Guten Tag, Herr Wellmann.
    Karl-Georg Wellmann: Guten Tag! Ich Grüße Sie.
    Kapern: Herr Wellmann, muss der sogenannte Islamische Staat jetzt zittern, weil sein letztes Stündlein geschlagen hat?
    Wellmann: Das kann ich nicht beurteilen. Aber es ist wichtig, diese Organisation, die einen entsetzlichen Völkermord im Begriff ist zu begehen im Nordirak und schon viele Tausend Menschen ermordet hat, die müssen gestoppt werden, und das geht vor allem nicht nur durch politische Maßnahmen, nicht alleine durch amerikanische Luftangriffe, sondern es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung der Weltgemeinschaft.
    Kapern: Welchen Anteil daran wird Deutschland übernehmen?
    Wellmann: Ganz genau lässt sich das noch nicht sagen. Die Bundesregierung hat ja erklärt, sie beteiligt sich daran. Obama hat letzte Nacht seine Rede gehalten und gesagt, es gibt eine Koalition derjenigen, die sich an dem Kampf gegen die ISIS beteiligen. Wie das im Einzelnen aussieht, das müssen die militärischen Fachleute jetzt besprechen.
    Kapern: Aber wenn diese militärischen Fachleute Sie um Ihren Rat bitten würden, was würden Sie dann empfehlen? Welchen Anteil Deutschlands an dieser Koalition der Willigen?
    Wellmann: Wir müssen das einbringen aus Deutschland, was wir leisten können. Das kann reichen von AWACS-Luftaufklärung, das kann reichen über logistische Unterstützung, vor allem über die weitere Ausweitung der humanitären Hilfe, und ich erinnere daran, dass aus Europa 2000 Kämpfer zu der ISIS gegangen sind und kämpfen, darunter auch eine Reihe von Deutschen, und es ist in unserem höchsten Sicherheitsinteresse, dass dort etwas getan wird.
    Kapern: Halten Sie es auch für möglich, dass sich Deutschland so wie Frankreich auch an Luftschlägen direkt gegen die ISIS-Stellungen beteiligt?
    Wellmann: Nein, das sehe ich im Moment nicht, weil uns auch die logistischen Voraussetzungen dazu fehlen. Aber wir können andere Dinge beisteuern, die ich gesagt habe, zum Beispiel AWACS-Luftaufklärung, Radar-Aufklärung und dergleichen mehr.
    Kapern: Das heißt, Deutschland wird sich, wenn die USA anfragen, ob deutsche Kampfpiloten an diesem Kampf teilnehmen können, wieder mal wegducken?
    Wellmann: Nein! Ich habe ja gesagt, wir beteiligen uns in dem Maße, wie wir das können. Wir ducken uns nicht weg. Deutschland steht nicht beiseite, wenn woanders in der Welt ein Völkermord begangen wird.
    Kapern: Jetzt müssen Sie uns aber noch erläutern: Warum kann sich Deutschland nicht an Luftschlägen beteiligen? Was fehlt den deutschen Militärs dafür?
    Wellmann: Da müssten Sie die Militärs fragen. Ich bin Außenpolitiker und kann Ihnen nur allgemein sagen, dass wir uns jetzt innerhalb der westlichen Gemeinschaft, des westlichen Verteidigungsbündnisses hinsetzen müssen und besprechen, wer welchen Beitrag sinnvollerweise leisten kann. Die Amerikaner haben Flugzeugträger in der Region, die sie als logistische Basis nutzen. Das steht uns nicht zur Verfügung, aber wir können viele andere wertvolle Beiträge leisten, und wir haben ja auch schon begonnen, den Kurden zu helfen.
    Kapern: Nun sehen Sie es mir nach, Herr Wellmann, wenn ich Sie jetzt noch nicht so einfach davon kommen lasse mit dieser Antwort. Natürlich ist es richtig, dass die Amerikaner Flugzeugträger vor Ort haben, aber es gibt auch NATO-Stützpunkte, auf denen deutsche Flugzeuge landen und starten könnten, und die deutsche Luftwaffe war ja schon mal über dem Balkan im Einsatz. Warum geht das jetzt nicht?
    Wellmann: Ich habe ja gar nicht gesagt, dass es nicht geht. Ich habe gesagt, man muss sich jetzt zusammensetzen und sehen, wer welche Fähigkeiten hat und wer wen ergänzt. Wir haben jetzt die Amerikaner mit Luftschlägen, die Franzosen werden sich daran beteiligen. Ich sehe gar keine Notwendigkeit, dass jetzt auch deutsche Kampfflugzeuge dort teilnehmen. Es gibt andere Dinge, die werden mehr gebraucht von uns und da sind wir mehr gefragt, und das muss jetzt besprochen werden.
    Kapern: Nun hat ja der US-Präsident, Herr Wellmann, in der vergangenen Nacht auch klar gemacht, dass er die Luftschläge auch auf IS-Stellungen in Syrien ausweiten wird. Verhilft Obama damit möglicherweise Baschar al-Assad zum politischen Comeback des Jahres?
    Wellmann: Das eine hat mit dem anderen unmittelbar nichts zu tun. Es kommt jetzt auf die Bekämpfung dieser IS-Truppen an. Es kommt darauf an, das sind ja sunnitische Extremisten, die Türkei ist auch sunnitisch geprägt, dass die jetzt nicht Unruhe in der Türkei stiften und dort destabilisieren. Deshalb ist es auch so wichtig, dass die Türkei mit im Boot ist und auch die Golf-Staaten. Wie das jetzt im Einzelnen aussieht, weiß ich nicht. Nur die IS kommt ja aus Syrien, hat übergegriffen auf den Nordirak, dort brauchen wir eine politisch stabile Lösung. Das hat jetzt begonnen, das sieht sehr gut aus. Aber ich kann nachvollziehen, wenn der amerikanische Präsident sagt, wir können uns nicht auf den Nordirak beschränken, sondern müssen die auch dort bekämpfen, wo sie herkommen, wo sie ihre logistische Basis und ihre Hauptquartiere haben.
    Kapern: Der Vorsitzende der Fraktion der Linken, Gregor Gysi, hat heute früh hier im Deutschlandfunk gesagt, es sei ein kapitaler Fehler Obamas, nun wieder auf eine Koalition der Willigen zu setzen, statt sich an den Weltsicherheitsrat zu wenden. Gysi spricht von einem weiteren Bruch des Völkerrechts, der sich da anbahnt. Wie sehen Sie diese Sache?
    Wellmann: Es ist unverantwortlich, was Herr Gysi da wieder aus propagandistischen Gründen macht. Wir, unser Wohlstand hängt direkt vom Export ab. Ein Drittel unseres Bruttoinlandsprodukts wird durch Export erwirtschaftet. Da können wir uns nicht hinstellen und sagen, die anderen sorgen für Sicherheit und wir verdienen das Geld. Wir vertreten mit dem, was wir machen, auch Handelsinteressen, weil eben der Wohlstand nicht nur Deutschlands, sondern Europas davon abhängt, und da müssen wir uns beteiligen, wenn wir gefragt sind. Wir sind ja kein kleines Land, sondern die größte europäische Industriemacht, und da hat es keinen Sinn, beiseitezustehen. Das würde unseren Interessen in schwerer Weise schaden.
    Kapern: Da stehen Sie außenpolitisch gewissermaßen in der Tradition eines früheren Bundespräsidenten, nämlich in der von Horst Köhler, der so etwas auch gesagt hat und kurz darauf zurückgetreten ist.
    Wellmann: Das hat nicht nur Horst Köhler gesagt, das sagt die Bundeskanzlerin und das ist heute in der außenpolitischen Debatte breites Thema gewesen im Bundestag. Unsere Handelsrouten verlaufen in der Gegend, die Schiffe fahren am Horn von Afrika vorbei, wir haben Interesse, dass die Welt sicher ist und dass man sich nicht gegenseitig totschießt. Wir haben ein moralisches Interesse. Ich darf daran erinnern: Es ist einmal von Deutschland ein Völkermord ausgegangen, der Mord an den europäischen Juden, und deshalb müssen wir besonders sensibel reagieren, wenn wieder mal in der Welt ein Völkermord begangen wird, an Christen, an Jesiden, an Turkmenen, an wem auch immer und an Kurden, und das drohte in der Region und deshalb werden wir uns beteiligen.
    Kapern: ..., sagt Karl-Georg Wellmann, der außenpolitische Experte der Unions-Fraktion im Bundestag.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.