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Massaker vom 22. Juli 2011
"Wir gedenken Eurer am heutigen Tag"

Fünf Jahre nach den Terroranschlägen in Oslo und auf der Insel Utøya hat Norwegen der Opfer gedacht. Jugendliche lasen die Namen der 77 Menschen vor, die von Anders Breivik getötet wurden. Die Bundesregierung erinnerte an einen Deutschen, der an diesem Trauertag einige retten konnte.

22.07.2016
    Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg (l.) bei der Gedenkfeier
    Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg (l.) bei der Gedenkfeier: "Die Zeit heilt nicht alle Wunden." (Vegard Wivestad Grøtt / NTB Scanpix / AFP)
    "Für die, die jemanden verloren haben, sind fünf Jahre nichts", sagte Norwegens Ministerpräsidentin Erna Solberg bei der Gedenkfeier in Oslo. Die Spuren der Anschläge seien immer noch am Hochhaus in der norwegischen Hauptstadt und auf Utøya sichtbar. Die größten Spuren aber seien "in uns Menschen hinterlassen" worden, so Solberg. Die Zeit heile nicht alle Wunden.
    An der offiziellen Zeremonie im Regierungsviertel nahmen neben Solberg und dem norwegischen Kronprinzenpaar auch Angehörige der Opfer und Mitglieder der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei (AUF) teil. Es waren vor allem Mitglieder der AUF, die am 22. Juli 2011 getötet wurden, während sie ein Sommerlager auf Utøya besuchten. "Es tut so weh, die Liste mit den Namen zu hören", sagte Mani Hussaini, Chef der AUF, nun auf der Trauerfeier. "Es ist, als würde die Liste nie enden."
    "Wir gedenken Eurer am heutigen Tag", twitterte die landesweite Unterstützergruppe für die Opfer und deren Angehörige.
    Nachdem Breivik eine Bombe im Osloer Regierungsviertel gezündet hatte, durch die acht Menschen starben, erschoss er auf Utøya 69 Menschen, das jüngste Opfer war 14 Jahre alt.
    Viele wurden mit Booten gerettet
    Und es hätte wohl noch mehr Tote gegeben, wäre nicht Marcel Gleffe an dem Tag auf der Insel gewesen. Der Deutsche, ein Bundeswehr-Reservist, machte mit seiner Familie Urlaub. Mit einem kleinen Mietboot brachte er nach und nach rund 30 Menschen an ein rettendes Ufer. Insgesamt wurden etwa 150 Menschen durch Boote gerettet.
    Seine Geschichte dokumentierte das Bundesinnenministerium wenige Wochen nach dem Ereignis in einem Artikel. Nun - fünf Jahre später - erinnerte die Behörde daran noch einmal im Kurznachrichtendienst Twitter:
    Die jungen Sozialdemokraten sind inzwischen nach Utøya zurückgekehrt. Mehr als 1.000 AUF-Mitglieder meldeten sich im vergangenen Jahr an, so viele wie noch nie in der über 60-jährigen Geschichte des Sommercamps.
    "Er würde es wieder tun"
    Anders Breivik wurde im August 2012 zu 21 Jahren Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Gegen seine Haftbedingungen klagte er später und erhielt auch teilweise Recht.
    "Er sollte auch in 21 Jahren nicht herausgelassen werden, denn ich bin sicher, dass er das wieder tun wird", sagte die norwegische Journalistin Åsne Seierstad jüngst. Auf die Frage, wie der 22. Juli Norwegen verändert habe, antwortete die Autorin einer Breivik-Biografie: "Wir sind im Grunde weitgehend dieselben geblieben, die Debatten auch."
    (bor/kis)