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Nördlichste Population von Gelbbauchunken in Niedersachsen

Die Gelbbauchunke ist in Niedersachsen und in NRW vom Aussterben bedroht. Das liegt daran, dass viele ihrer Lebensräume begradigt oder asphaltiert wurden. Der Naturschutzverband NABU hat sich der Vernetzung der Populationen angenommen.

Von Susanne Schrammar | 16.07.2012
    In der lehmigbraunen Pfütze am Rande des Steinbruchs ist das Gelbbauchunkenmännchen kaum zu erkennen, doch im Regen stößt es leise Paarungsrufe aus. Im Laufe der Nacht, sagt Thomas Brandt vom Naturschutzbund Schaumburg, wird es damit vermutlich einige Weibchen anlocken.

    "Das Wetter, was für uns jetzt nicht so schön ist, das ist das, was denen gefällt, dieses Regenwetter, das stimuliert die gerade zu und ja – die werden sich schon damit beschäftigen, heute Nacht noch kleinere, weitere Gelbbauchunken zu schaffen."

    Thomas Brandt und seine Mitstreiter vom örtlichen NABU haben das fast Unmögliche geschafft: Als vor zehn Jahren der Steinbruch Liekwegen im niedersächsischen Landkreis Schaumburg verfüllt werden sollte, entdeckten die Naturschützer zwei Dutzend Exemplare der schon damals stark gefährdeten Froschlurchart. Mit engagiertem Einsatz gelang es dem NABU die Tiere zu retten und daraus die größte Population der Gelbbauchunken in Niedersachsen zu machen.

    "Die Fremdbodenverfüllung wurde gestoppt hier im Steinbruch und insofern war zunächst mal der Lebensraum gerettet. Jetzt musste man natürlich nochmal verschiedene Maßnahmen durchführen, um diesen Bestand zu fördern, das ist dann auch gemacht worden, da hat der Naturschutzbund mit großem Aufwand und viel ehrenamtlichen Engagement Kleingewässer wieder hergerichtet und das hat funktioniert: Die Gelbbauchunken haben zugenommen und eine stabile Population ist aus dieser Handvoll Gelbbauchunken dann entstanden."

    Rund 1000 Tiere bilden heute die Population im Schaumburger Land. Das ist zugleich die nördlichste in ganz Europa. Die Gelbbauchunke ist auf der Roten Liste Deutschlands als "stark gefährdet" und in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen sogar als "vom Aussterben bedroht" eingestuft. Um die Population der Amphibien mit den herzförmigen Pupillen zu vergrößern, hat der Naturschutzbund Deutschland jetzt ein Projekt gestartet: In fünf Bundesländern – Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz – sollen bestehende Populationen vergrößert und neue angesiedelt werden. Die Federführung liegt beim NABU Niedersachsen, Landesvorsitzender Holger Buschmann:

    "Hier geht es um 130 Projektgebiete, die bearbeitet werden sollen, das sind Steinbrüche, das sind Auenbereiche, das sind Waldwiesen, auch sehr große Flächen, teilweise über 140 Hektar groß. Wir wollen die Vorkommen, die es heute gibt der Gelbbauchunke, stärken, sodass sie sich ausbreiten, kann wieder und wir wollen die letzten Vorkommen auch miteinander vernetzen, da sie heute leider fast vollkommen voneinander isoliert sind."

    Ursprünglich kamen Gelbbauchunken vor allem in den Feuchtgebieten der Auenlandschaften vor, doch durch die Begradigung von Flüssen und Bächen wurde ihr Lebensraum extrem eingeschränkt. Die wenigen, streng geschützten Gelbbauchunken leben meist nur noch in vom Menschen geschaffenen Sekundärlebensräumen wie Ton-, Sand- oder Kiesgruben, Steinbrüchen oder Truppenübungsplätzen. Projektleiterin Mirjam Nadjafzadeh:

    "Wir wollen kleine Tümpel anlegen, Rohbodenflächen, wo dann die Laichgewässer für die Gelbbauchunken entstehen können und wir wollen vernetzen, das heißt, Trittsteinbiotope schaffen, dass die Gelbbauchunken zwischen den bestehenden Vorkommen wandern können, damit es auch wieder einen genetischen Austausch gibt – das ist eben wirklich sehr sehr wichtig. An einzelnen Stellen, wo keine natürliche Besiedlung erfolgen kann, haben wir auch Wiederansiedlungen geplant."

    Das Projekt ist auf sechs Jahre angelegt, Ziel ist, den jetzt sehr weiten Abstand zwischen den Lebensräumen auf einen Kilometer zu verkürzen. Im Rahmen des Bundesprogramms "Biologische Vielfalt" finanziert das Bundesumweltministerium mit 3,2 Millionen Euro 75 Prozent der Kosten, gefördert wird es zudem unter anderem vom Bundesamt für Naturschutz und den Ländern.