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Sportschiedsgericht
Nur einige Richter entscheiden das Gros der Fälle

Ein kleiner Kreis von Personen bestimmt am internationalen Gerichtshof CAS maßgeblich die Entwicklung des Sportrechts. Dieser "Inner Circle“ entscheidet über die Zukunft einzelner Sportler. Wer diese Akteure sind und warum diese Machtkonzentration schwierig sein kann, zeigt eine Recherche der ARD.

Von Mareike Zeck |
    Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne
    Offiziell gibt es am internationalen Sportgerichtshof CAS etwa 400 Richter. Doch: Die meisten sind so gut wie arbeitslos. (picture alliance / dpa - Dominic Favre)
    Offiziell gibt es am internationalen Sportgerichtshof CAS etwa 400 Richter. Doch die meisten sind so gut wie arbeitslos. Johan Lindholm, Professor für Sportrecht in Schweden, hat der ARD Radio Recherche Sport exklusiv die Ergebnisse seiner neuen Studie präsentiert. Und da zeigt sich: Unter den Richtern am Sportgericht gibt es einen "Inner Circle".
    "Wir haben 17 Personen, die ungefähr die Hälfte der Aufträge bekommen. Diese 17 Personen also, die immer wieder benannt werden, haben dadurch natürlich viel Einfluss auf die CAS-Rechtssprechung", so Lindholm.
    Einer der am häufigsten eingesetzten Richter ist der Schweizer Jurist Michele Bernasconi. Bernasconi gilt els exterm einflussreich. Auf der anderen Seite gibt es genügend Richter, die gerne öfter eingesetzt werden würden. Wie dieser, der anonym bleiben möchte:
    "Ich hatte nur zwei Fälle in mehr als drei Jahren am CAS. Die meisten Richter der anderen Richter, mit denen ich gesprochen habe und die über Jahre keine Arbeit bekommen haben am CAS sind darüber frustriert. Und diese Leute, das sind in ihrem Land renommierte Anwälte. Meiner Meinung nach ist die große Zahl der Richter am CAS so eine Illusion. Du Zuteilung auf die Fälle sollte per Zufallsprinzip erfolgen."
    Würden die Richter nach dem Zufallsprinzip auf die Fälle verteilt, wäre auch das zweite Problem gelöst:
    Unklare Interessenslage
    Der ARD-Radio-Recherche-Sport liegen gleich mehrere Fälle vor, bei denen Richter theoretisch ihre persönlichen Interessen in einen Fall hätten einbringen können. Am eindrücklichsten: Der Fall des CAS-Richters Efraim Barak. Von 2015 bis 2017 arbeitete er als externer Berater für den israelischen Fußball-Verband an einem Streitfall, über den die FIFA entscheiden sollte. Während er hier auf ein Urteil zugunsten seines Verbandes hoffte, entschied er am CAS jedoch in mindestens vier Fällen mit, die die FIFA betrafen. Barak selbst sieht darin keinen Interessenskonflikt. Der CAS teilt schriftlich mit:
    "Die Informationen über Mr. Barak sind auf der CAS-Webseite öffentlich zugänglich und waren es auch schon im Jahr 2015. Falls die Parteien in den Fällen, in denen Mr. Barak als Richter zuständig war, der Meinung gewesen wären, er sollte nicht mit im Panel sitzen, hätten sie ihn anfechten können."
    Denn theoretisch ist das möglich. Die Parteien, die in einen Fall verwickelt sind, können den CAS bitten, den Richter auszutauschen. Doch Lucien Valloni, ein schweizer Anwalt, der oft Sportler vor dem CAS vertritt, ist da vorsichtig:
    "In vielen Fällen möchte man das tun aber man möchte auch nicht in unbedingt in einen Prozess starten und diesen Schiedsrichter schon vor den Kopf stoßen, wenn man nicht 100-prozentig fast sicher ist dass er dann auch abgewählt wird." Laut CAS wurden in den letzten drei Jahren bei mehr als 1500 Fällen 20 Mal Einspruch gegen einen Richter eingelegt. Keiner davon war erfolgreich.
    Der Schattenmann
    Matthieu Reeb ist der Generalsekretär des Sportgerichtshofs und die große Unbekannte im Machtgefüge des CAS. Reeb müssen alle Urteile vorgelegt werden, das macht den Schweizer zum wichtigsten Mann. Denn er kann den Richtern Änderungen vorschlagen kann. Auf Anfrage teilt Reeb dazu mit:
    "Weder ich, noch die Kollegen in der CAS-Verwaltung haben jemals einen Schiedsspruch geändert. Nur die Richter selbst können entscheiden, ob sie den Entwurf eines Schiedsspruches ändern in Anbetracht der gemachten hinweise."
    Dirk-Reiner Martens ist seit Jahren ein deutscher Richter am CAS und hat auch schon seine Erfahrung mit Reeb gemacht:
    "Ich erinnere mich nur an einen, einzigen Fall, wo ich schlicht andere Meinung war als der Generalsekretär, und ich hab mir das genau überlegt, was er mir vorgeschlagen hat, und hab gesagt, ne, ich bleib dabei."
    Status als unabhängiges Schiedsgericht auf Prüfstand
    Für die Parteien vor dem CAS ist damit nicht genau durchschaubar, welche Rolle der Generalsekretär in den Verfahren spielt. Der Anwalt von Eisschnelläuferin Claudia Pechstein, Thomas Summerer, hält diese diese Regelung für inakzeptabel:
    "dass die Unabhängigkeit von Richtern untergraben werden kann, durch eine Vorlagepflicht an einen Generalsekretär. Das wäre so, wie wenn hier ein staatlicher Richter am Oberlandesgericht München sein Urteil, wenn er es fertig geschrieben hat, vor Verkündung einem Abteilungsleiter im Justizministerium vorlegen müsste."
    Thomas Summerer ist im Auftrag von Claudia Pechstein gerade in großer Mission gegen den CAS unterwegs. Er ist vor das deutsche Bundesverfassungsgericht gezogen, um dem CAS seinen Status als unabhängiges Schiedsgericht absprechen zu lassen. Der internationale Sportgerichtshof steht auf dem Prüfstand.