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Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi
Fünf-Sterne-Bewegung im Sinkflug

Einen radikalen Neuanfang hatte Virginia Raggi versprochen, als sie vor einem Jahr zur Bürgermeisterin Roms gewählt wurde. Mit ihr regiert erstmals eine Politikerin der Fünf-Sterne-Bewegung die italienische Hauptstadt. Doch inzwischen zweifeln die Römer an Raggis Fähigkeiten.

Von Jan-Christoph Kitzler |
    Virginia Raggi von der Fünf-Sterne-Bewegung.
    Nach einem Jahr Fünf-Sterne-Regierung in Rom sind die Wähler unzufrieden mit ihrer Bürgermeisterin Virginia Raggi. (picture alliance / dpa / Giuseppe Lami)
    Sie selbst würde sich umgerechnet eine 3+ geben, hat Virginia Raggi gesagt. Nach einem Jahr im Amt will Roms Bürgermeisterin den Eindruck vermitteln, es stehe gut um die Stadt und ihre Regierung packe die Dinge an.
    "Nun wir haben sehr viele Projekte in der Pipeline, wir ändern nach und nach das ganze System. Wir haben schon für ganz viele Dinge Ausschreibungen gemacht. Bei den Straßen beginnt man schon das zu sehen, bei den Parks. Wir bringen das alles auf den Weg. Es gibt natürlich noch viel zu tun, und wir haben Gegenwind, aber wir packen das."
    Doch die Römer, die die 38jährige vor einem Jahr ins Amt gewählt haben, glauben diesem Optimismus inzwischen nicht mehr. 70 % sind letzten Umfragen zufolge unzufrieden mit ihr und ihrer Verwaltung. Indikator ist für viel der Zustand der Straßen: die vielen und mitunter gefährlichen Löcher sind für die Römer ein Sinnbild für den Zustand der Stadt.
    Skandale oder Querelen
    Vielleicht liegt es daran, dass sich die Raggi-Stadtregierung in ihrem ersten Jahr vor allem mit sich selbst beschäftigt hat. 227 Anordnungen hat die Fünf-Sterne-Bürgermeisterin in einem Jahr verfügt. In zwei Dritteln davon ging es nicht um den Zustand der italienischen Hauptstadt, sondern um Personalfragen.
    Auch dabei hatte Raggi keine besonders glückliche Hand. Wegen handfester Skandale oder Querelen, nahmen der Vizebürgermeister und drei Assessoren ihren Hut, der Kämmerer, also der Schatzmeister Roms, sogar gleich zweimal. Leichtes Spiel für die Opposition, zum Beispiel für Andrea Romano, vom Partito Democratico.
    "Sie gibt anderen die Schuld für alles, was nicht funktioniert und kündigt wunderbare Initiativen an, von denen man nichts sieht. Und dabei hat sich der Zustand der Stadt in diesem Jahr verschlechtert, zum Beispiel beim öffentlichen Nahverkehr. Die Raggi-Verwaltung hat sich vor allem um Ernennungen gekümmert - um die zu ersetzen, die gegangen sind, die gehen mussten, gegen die ermittelt wurde, die festgenommen wurden - anstatt sich um die Probleme zu kümmern."
    Problemfall Müll
    Auch der Müll ist so ein Problem: die Entsorgung der Abfälle kostet in Rom viermal so viel, wie in Mailand. Auch weil die kommunale Stadtreinigung selbst nur 20 % verarbeiten kann. Der Rest wird von Privatunternehmen auf eine teure Reise geschickt. Bis nach Österreich und Deutschland. Die Lösung wären zum Beispiel Verbrennungsanlagen, neue Deponien, aber statt nach Lösungen zu suchen, behalf sich die erste Bürgerin Roms mit einer Lüge: Das sei von der EU verboten, sagte sie und wurde prompt von der EU-Kommission korrigiert, dem sei nicht so. Dennoch bleibt sie bei ihrer Linie.
    "Zur Zeit gibt es viele Irreführungen, da heißt es die Fünf Sterne wollten, Müllkippen und Verbrennungsanlagen in Rom und Umgebung eröffnen. Das stimmt überhaupt nicht. Wir werden weder Müllkippen noch Verbrennungsanlagen eröffnen. Schluss mit den Lügen."
    Mit Müllverbrennungsanlagen und Deponien lassen sich schließlich keine Wählerstimmen gewinnen.
    Anti-Migranten-Parolen
    Bei den Roma-Lagern, von denen es am Stadtrand von Rom mehrere gibt, ist das anders. Medienwirksam hat Virgina Raggi angekündigt, alle schließen zu wollen. Und wo die Fünf-Sterne-Bewegung mit Anti-Migranten-Parolen auf Stimmenfang am rechten Rand geht, ist auch Roms Bürgermeisterin nicht weit.
    "Wir haben hier in Rom eine erschreckend hohe Zahl an irregulären Migranten, wir müssen sie versorgen und wir müssen alle Instrumente, die das Gesetz uns zur Verfügung stellt, einsetzen, um das zu organisieren. Das sind Menschen, keine Nummern. Wir müssen das auf legale und auf die beste Weise regeln, wie möglich."
    Genutzt hat es Roms Bürgermeisterin bislang nicht. Und auch die Fünf-Sterne-Bewegung scheint insgesamt im Sinkflug. Bei den jüngsten landesweiten Kommunalwahlen konnte sie kein wichtiges Rathaus erobern und kam in vielen Städten nicht einmal in die Stichwahl.