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Russische Whistleblowerin Stepanowa
Startrecht bei Leichtathletik-EM, aber nicht bei Olympischen Spielen?

Eine der berühmtesten Whistleblowerinnen des Sports hat einen Teilsieg errungen: Die russische Anti-Doping-Aktivistin Julia Stepanowa darf als neutrale Athletin an internationalen Wettbewerben teilnehmen. Damit machte der Leichtathletik-Weltverband den Weg frei für ihren Start bei der Leichtathletik-EM in Amsterdam. Ob sie bei den Olympischen Spielen starten darf, ist weiter unklar.

Von Andrea Schültke | 01.07.2016
    Doping-Kronzeugin Julia Stepanowa posiert am 01.02.2015 in Berlin in der Rudolf-Harbig-Halle. Vier Tage nach dem Ablauf ihrer Dopingsperre ging die Russin bei den norddeutschen Meisterschaften der Leichtathleten au
    Doping-Kronzeugin Julia Stepanowa wieder am Start (dpa)
    Es ist ein symbolischer Erfolg für alle Whistleblower – nicht nur im Sport. Julia Stepanowa ist für ihren Mut belohnt worden. Die junge Frau hatte gemeinsam mit ihrem Mann Beweise geliefert für das flächendeckende Dopingsystem in der russischen Leichtathletik. Jetzt hat der Internationale Leichtathletikverband diese Courage anerkannt. Bereits vor zwei Wochen hatte Rune Andersen, Leiter der Ermittlungskommission zum Doping in der russischen Leichtathletik, die Türen für Julia Stepanowa weit geöffnet:
    "Jeder Athlet, der einen herausragenden Beitrag zum Kampf gegen Doping geleistet hat, sollte eine Starterlaubnis beantragen können. Das gilt vor allem für Julia Stepanowa", erklärte der Norweger nach einer Sitzung, auf der der Weltverband gleichzeitig die Verlängerung der Sperre für die anderen russischen Leichtathleten verkündet hatte.
    Stepanowa war zurückhaltend optimistisch
    Julia Stepanowa war gleich nach der in Aussicht gestellten Starterlaubnis für sie noch sehr zurückhaltend. In der ARD-Sportschau sagte sie:
    "Das heißt vielleicht - nicht garantiert. Ich werde mich erst freuen, wenn ich die entsprechenden Dokumente habe."
    Die wird sie jetzt bekommen. Einem Comeback auf der großen Bühne steht nichts mehr im Weg. Die Whistleblowerin, die selbst eine zweijährige Dopingsperre verbüßt hat, könnte am Mittwoch bei den Europameisterschaften in Amsterdam im Vorlauf über 800 Meter antreten. Der europäische Leichtathletikverband hat das Startrecht für die Russin bereits akzeptiert.
    Deutscher Sport begrüßt Stepanowas Rehabilitierung
    Zustimmung für die IAAF- Entscheidung auch von deutschen Funktionären: Für Clemens Prokop, den Präsidenten des deutschen Leichtathletik-Verbandes hat die IAAF-Entscheidung Symbolcharakter. Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, sprach von einem "Signal in die richtige Richtung". Eine Starterlaubnis für internationale Leichtathletik-Wettbewerbe bedeutet aber noch lange nicht die Teilnahme an den Olympischen Spielen. Der deutsche Marathonläufer Arne Gabius hatte schon vor zwei Wochen im Deutschlandfunk den Appell ans IOC gerichtet:
    "Frau Stepanowa nicht irgendwelche Hürden in den Weg zu stellen, sondern einfach zu sagen: Sie ist willkommen in der Olympischen Familie, sie darf in Rio starten und das wäre wirklich ein super Zeichen."
    Damit tut sich das Internationale Olympische Komitee sich allerdings noch schwer. In einer schriftlichen Erklärung heißt es, das IOC werde alle Unterlagen der IAAF prüfen, sobald sie ihm vorliegen. Eine Willkommenskultur für eine Whistleblowerin klingt anders.