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Russland
Duma will Verbot ausländischer Organisationen ermöglichen

Mit dem Agentengesetz kann bereits das Justizministerium nicht kommerzielle Organisationen zu "ausländischen Agenten" erklärt und damit stigmatisiert. Nun will die Duma der Staatsanwaltschaft erlauben, ausländische Organisationen für unerwünscht zu erklären. Der Parlamentarier Dmitri Gudkow von "Gerechtes Russland" bezeichnete den entsprechenden Gesetzentwurf als skandalös.

Von Gesine Dornblüth |
    Dmitri Gudkow von der Partei "Gerechtes Russland" beim Trauermarsch für Boris Nemtsov.
    Dmitri Gudkow von der Partei "Gerechtes Russland" beim Trauermarsch für Boris Nemtsov. (picture alliance / dpa - Vladimir Astapkovich)
    Dass das Gesetz kommen wird, gilt als ausgemacht. Bei der zweiten Lesung in der vergangenen Woche stimmten die Abgeordneten der Staatsduma fast einstimmig dafür, unerwünschte ausländische Organisationen in Russland künftig verbieten zu lassen. Nur drei Parlamentarier waren dagegen, darunter Dmitri Gudkow von "Gerechtes Russland". Gudkow nennt den Gesetzesentwurf skandalös und kommentierte die Abstimmung per Videoübertragung direkt von der Abgeordnetenbank.
    "In allen zivilisierten Ländern der Welt kann nur ein Gericht entscheiden, ob ein Bürger oder eine Organisation gegen ein Gesetz verstoßen hat. Hier aber gibt es Abgeordnete, die es für richtig halten, die Entscheidung den Staatsanwälten zu überlassen."
    Die Staatsanwaltschaft darf ausländische und internationale Nichtregierungsorganisationen künftig als unerwünscht verbieten, wenn sie meint, dass sie die nationale Sicherheit, die Verteidigungsfähigkeit oder die verfassungsmäßige Ordnung Russlands gefährden. So sieht es der Gesetzesentwurf vor. Die Staatsanwaltschaft muss sich lediglich mit dem Außenministerium abstimmen. Wer danach noch mit den betreffenden Organisationen zusammenarbeitet, dem drohen hohe Geldstrafen und im Extremfall sechs Jahre Haft. Das Gesetz sieht außerdem vor, dass Medien nicht mehr über "unerwünschte" Organisationen informieren dürfen.
    Kritik von internationalen Organisationen
    Internationale Organisationen schlagen Alarm. Human Rights Watch und Amnesty International sprechen von einem weiteren Angriff auf die russische Zivilgesellschaft, der ihre Arbeit lähme und Nichtregierungsorganisationen kriminalisiere. Denis Primakov, Jurist bei Transparency International in Russland, weist zudem auf ganz konkrete negative Folgen für die russische Bevölkerung hin.
    "Internationale Wohltätigkeitsorganisationen bieten in Russland Dienste an, die es hier sonst nicht gibt. Sie können verschwinden. Und es geht auch um Arbeitsplätze. In internationalen Organisationen arbeiten lokale Mitarbeiter. Die würden arbeitslos."
    Das ist umso relevanter, als mit dem neuen Gesetz theoretisch auch ausländische Unternehmen für "unerwünscht" erklärt werden können. Der Abgeordnete Aleksandr Tarnavskij von der Partei "Gerechtes Russland" hat den Entwurf eingebracht. Im Radiosender Radio Liberty bestätigt er, dass die Initiative als Reaktion auf die westlichen Sanktionen gegen russische Firmen gedacht ist und auch auf ausländische Unternehmen zielt.
    "Mir scheint, es gibt eine Reihe von ausländischen kommerziellen und nichtkommerziellen Unternehmen, die aus unterschiedlichen Gründen ausschließlich arbeiten, um unser Land zu erniedrigen. Die Amerikaner haben angefangen und den Verkauf von Kalaschnikov-Gewehren in Amerika verboten. Wir antworten darauf."
    Der kremlkritische Abgeordnete Dmitri Gudkow warnt, das geplante Gesetz werde die russische Wirtschaft schädigen.
    "Dieses Gesetz wird dazu führen, dass noch mehr Kapital aus unserem Land abwandert. Es wird dem Investitionsklima schaden. Niemand investiert doch in Russland, wenn die Firma morgen aufgrund der Entscheidung eines Staatsanwaltes geschlossen werden kann."
    Stimmung in der russischen Elite
    Die dritte und letzte Lesung des Gesetzes ist für die nächsten Tage angekündigt. Der Entwurf entspricht der politischen Stimmung in der russischen Elite, die internationale Organisationen zunehmend für russlandfeindlich erklärt. Als zum Beispiel Rating-Agenturen die Kreditwürdigkeit Russlands herabstuften, schlugen russische Politiker vor, eigene Rating-Agenturen zu gründen und die internationalen zu ignorieren. Für Denis Primakov, den Juristen von Transparency International, steht fest:
    "Russland ist nicht Nordkorea, aber wir bewegen uns in die Richtung, und zwar sehr schnell."