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Saudi-Arabien und Iran
Machtkampf im Mittleren Osten

Im Mittleren Osten tobt ein Machtkampf: Saudi-Arabien und Iran ringen um die Hegemonie in der Region. Beide Staaten führen Stellvertreterkriege in Syrien und im Jemen - und streben gleichzeitig innerpolitische Reformen an. Können Modernisierungen inmitten eines sich zuspitzenden Konflikts gelingen?

Von Sebastian Engelbrecht |
    Ein Hubschrauber der saudi-arabischen Sicherheitskräfte fliegt am 15.08.2017 über der Heiligen Moschee von Mekka (Saudi-Arabien).
    Schon wegen der heiligen Stätten in Mekka ist Iran auf gute Beziehungen zu Saudi Arabien angewiesen, doch haben sich beide Staaten in einen Konflikt verbissen (picture alliance / dpa / Saudi Press Agency)
    Ein Samstag im November. Flug EK 817 aus Dubai nähert sich Riad, der Hauptstadt von Saudi-Arabien. Mit an Bord: eine zwanzigköpfige Delegation der Bundesakademie für Sicherheitspolitik aus Berlin. Die Fluggäste wissen nicht, dass in diesem Augenblick Huthi-Rebellen im Jemen den Flughafen von Riad angreifen.
    Die Maschine ist gelandet. Scheinbar Routine.
    Kaum haben die Passagiere das Flughafengebäude verlassen, trifft eine saudische Flugabwehrrakete vom Typ Patriot das Geschoss der Huthis in der Luft. Zwei heftige Detonationen sind zu hören. Es ist die 78. Rakete, die die schiitischen Huthi-Rebellen seit Beginn des Krieges im Jemen im März 2015 auf Saudi-Arabien abgefeuert haben. Die erste, die auf die saudische Hauptstadt zielt.
    Iranische Raketen für Huthi-Rebellen?
    Der erste Angriff der Huthis auf Riad zeigt: Die saudische Führung steht außenpolitisch und militärisch unter Druck. Mit Luftschlägen gegen die Huthis im Jemen ist es nicht getan. Für Abdel Aziz Aluwaisheg, stellvertretender Generalsekretär des Golf-Kooperationsrates, ist klar, dass die Mittelstreckenrakete aus dem Iran stammt und dass iranische Militärs die Huthis im Jemen an den Waffen ausbilden. Aluwaisheg spricht für den Zusammenschluss von sechs Staaten auf der arabischen Halbinsel.
    "Das scheint der weitreichendste Angriff zu sein, den die Huthis bisher versucht haben. Von der Grenze zum Jemen bis Riad sind es mehr als 1.000 Kilometer. Das ist die Rakete mit der höchsten Reichweite, die sie ausprobiert haben. Glücklicherweise konnte die Luftabwehr sie abfangen, sodass sie keinen Schaden anrichten konnte."
    Ein Demonstrant trägt am 13.11.2017 in Sanaa (Jemen) bei einem Protest, auf dem die Öffnung der Flug- und Seehäfen in dem Land gefordert wird, eine riesige jemenitische Flagge. Ein von Saudi-Arabien geführtes Bündnis fliegt im Jemen Luftangriffe gegen Huthi-Rebellen. Die Koalition hatte in der vergangenen Woche die Flug- und Seehäfen geschlossen. Hilfsorganisationen warnten jedoch, dem Land drohe durch die Blockade eine der größten Hungerkatastrophen weltweit.
    Proteste in Sanaa gegen die Blockade der Flug- und Seehäfen im Jemen durch Saudi Arabien und weitere Golfstaaten (picture alliance / dpa / Hani Al-Ansi)
    Schärfer reagiert der saudische Außenminister, Adel Jubair. Er nennt den Angriff der Huthis auf Riad einen "Kriegsakt". Es folgt eine weitreichende Land-, See und Luftblockade gegen das Land. Damit wollen die Saudis Waffenimporte aus Iran verhindern, treffen jedoch vor allem die Zivilbevölkerung im Jemen, wo eine Hungersnot herrscht und die Cholera grassiert.
    Der Jemen ist eines der Länder des Mittleren Ostens, in dem die Erzfeinde Saudi-Arabien und Iran einen brutalen Stellvertreterkrieg führen. Auch wenn der iranische Präsident Rohani bestreitet, dass Iran die Rakete geliefert hat, die Riad treffen sollte.
    Sunniten gegen Schiiten
    Der Golf-Kooperationsrat hat sein Mitgliedsland Kuwait gebeten, zwischen Saudis und Iran zu vermitteln. Die kuwaitische Regierung überbrachte den Iranern ein Paket an Forderungen der Saudis. Abdel Aziz Aluwaisheg residiert in Riad in einer festungsartigen Zentrale seiner Organisation hinter schmalen, schießschartenartigen Fenstern und referiert, was Saudis und seine Partner am Golf von Teheran verlangen. Aluwaishegs Position ist offiziell die des Golfkooperationsrates, faktisch aber von der Haltung Riads nicht zu unterscheiden.
    "Wir haben Iran aufgefordert, sich im Blick auf sehr spezifische Fragen öffentlich zu bekennen, nämlich zum internationalen Recht, zur Charta der Vereinten Nationen. Auch dazu, dass religiöse Zugehörigkeit die Loyalität der Bürger gegenüber ihrem eigenen Staat nicht ersetzen kann, zu international anerkannten Grenzen, zum Respektieren der nationalen Integrität, der politischen Unabhängigkeit und zur gegenseitigen Nichteinmischung. Das ist dem Iran über Kuwait schriftlich übergeben worden. Wenn Iran das als Grundlage akzeptiert und sich dazu verpflichtet - und wir sind bereit, das ebenso zu tun - dann können wir auf einem gemeinsamen Boden und in einer gemeinsamen Sprache wieder den Dialog beginnen."
    Seit die USA sich als Ordnungsmacht aus dem Mittleren Osten zurückgezogen haben, kämpfen Saudi-Arabien und Iran um die Vorherrschaft in der Region. Sunniten gegen Schiiten. Das saudische Königshaus hat Angst vor einer Übermacht des Nachbarn im Norden. Tatsächlich arbeiten die religiösen Führer der Islamischen Republik Iran seit 1979 mit revolutionärem Eifer daran, ihren Einfluss in der Region zu vergrößern - und mit ihm die schiitische Variante des Islam.
    Iran erweitert seinen Einfluss in der Region
    Sie haben Erfolg. Im Libanon ist die schiitische Hisbollah mit iranischer Unterstützung zur stärksten militärischen Kraft des Landes geworden und hat nach israelischen Angaben 100.000 Raketen stationiert, die auf Israel gerichtet sind. Nach Syrien entsandte Teheran zur Unterstützung von Präsident Assad eine schlagkräftige Truppe von Revolutionswächtern, verstärkt durch afghanische und pakistanische Söldner. Und im Irak stellte Teheran im Kampf gegen den "Islamischen Staat" eine Kampftruppe auf die Beine, die bis heute im Nachbarland aktiv sein soll. So entstand auf der Landkarte des Mittleren Ostens nördlich von Saudi-Arabien ein sogenannter "schiitischer Halbmond" vom Libanon bis nach Iran. Durch die Rebellion der schiitischen Huthis im Jemen fühlt sich die streng sunnitische Regierung Saudi-Arabiens in ihrem Handlungsspielraum zudem von Süden bedrängt. Sie befürchtet eine "Hisbollahisierung" des Jemen, ein Kippen der Kräfteverhältnisse zugunsten Iran-treuer schiitischer Milizen.
    Ein Dienstagabend im Zentrum von Riad. Der weite Platz zwischen der Großen Moschee und dem Palast des Gouverneurs der Stadt ist fast menschenleer. Zwei nagelneue amerikanische Geländewagen stehen auf der Mitte des Platzes. An einem Verwaltungsgebäude neben der Moschee hängt ein Plakat mit der Aufschrift "Meine Gebete - mein Glück" auf Arabisch und Englisch. Auf diesem Platz haben schon öffentliche Hinrichtungen stattgefunden. In Saudi-Arabien gilt nach wie vor die Scharia, religiöses Recht. Aber der gesellschaftliche Umbruch ist längst im Gange.
    Saudi-Arabien steht nicht nur außenpolitisch und militärisch vor immer neuen Herausforderungen durch Iran und seine Bündnispartner, sondern auch innenpolitisch vor großen Umwälzungen. Seit dem 20. Juni 2017 hat das Reformtempo noch einmal zugenommen. An diesem Tag ernannte König Salman seinen 31jährigen Sohn Mohammed bin Salman zum Kronprinzen.
    Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman im November 2016.
    Hat den Krieg gegen die Huthis im Jemen begonnen, nun, als Kronprinz, will er Saudi Arabien verändern: Mohammed bin Salman (picture alliance / AFP / Fayez Nureldine)
    Schon als Verteidigungsminister hatte Mohammed zwei Jahre zuvor, im Frühjahr 2015, kurz entschlossen gehandelt und den Krieg gegen die Huthis im Jemen begonnen. Nun, als Kronprinz noch mächtiger, hat er sich vorgenommen, das Land völlig neu aufzustellen und genießt dabei die Rückendeckung durch den König. Die politische Logik des Kronprinzen: Ohne neue innere Stärke kann Saudi-Arabien sich nicht als die entscheidende - wohlgemerkt sunnitische - Führungsmacht im Mittleren Osten behaupten.
    Kronprinz will Saudi Arabien verändern
    Mit seiner "Vision 2030" will der Kronprinz das Land unabhängig vom Öl machen und die Nutzung erneuerbarer Energien einführen. Außerdem strebt er eine "Saudisierung" der Wirtschaft an und hat dafür ein Quotensystem eingeführt: Unternehmer müssen einen fest gelegten Prozentsatz an Saudis beschäftigen.
    Das gilt auch für ausländische Unternehmen. Die Deutsche Bahn etwa. Sie ist seit 2012 am Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von der Hafenstadt Jiddah in die Pilgerstädte Mekka und Medina beteiligt - im Projektmanagement. Dabei müssen die Bahn-Manager eine Quote von 25 Prozent saudischer Mitarbeiter erfüllen. Für das Unternehmen ist das Geschäft in Saudi-Arabien riskanter und komplizierter geworden. Nicht nur wegen der "Saudisierung" im Inneren, sondern auch wegen des Krieges gegen den Jemen und wegen der außenpolitischen Spannungen mit Iran. Peter Haaks, Leiter der Region Mittlerer Osten der "DB Engineering & Consulting GmbH", sieht die Geschäftsbeziehungen davon aber nicht bedroht.
    "Der arabische, der saudische Kunde schätzt sehr, wenn man auch in schwierigen Zeiten dort bleibt und dann nicht gleich aufgibt und woanders hinzieht. Also wir wollen nicht Nomadentum betreiben, sondern wir wollen in den Kernländern in der Welt, in denen wir Strukturen aufbauen, natürlich eine Langfristigkeit auch hinbekommen, und das bedingt automatisch, dass man auch mal weniger gute Zeiten hat, und das ist etwas, was wir in Saudi-Arabien gerade erleben."
    Die Deutsche Bahn will in Saudi-Arabien im Geschäft bleiben, trotz des niedrigen Ölpreises, trotz des Krieges gegen die Huthis und trotz der Auflagen durch die "Saudisierung" im Zuge der Reformen des Kronprinzen.
    "Er ist jung und er hat eine Vision"
    Auf den Straßen von Riad ist vom Wandel wenig zu sehen. Die Hauptstadt hat 4,6 Millionen Einwohner und besteht vor allem aus fünf- bis achtstöckigen Betonbauten, überragt vom "Kingdom Tower", einem 300 Meter hohen Büroturm, der aussieht wie ein Flaschenöffner.
    Stadtansicht Riad, Saudi-Arabien
    Auf den Straßen von Riad ist noch kein Wandel zu sehen, aber Bauten wie der "Kingdom Tower" demonstrieren neue Ambitionen (imago / Thomas Koehler)
    Der Bus zum diplomatischen Viertel passiert einen Kontrollpunkt, der von Polizeiautos und einer Reihe von Panzerwagen gesäumt ist. Unter den Gästen der deutschen Botschaft ist an diesem Abend Fateen Obaid, ein Palästinenser, der seit 20 Jahren in Riad arbeitet. Er ist Journalist bei "Al-Hayyat", einem Blatt, das in der ganzen arabischen Welt vertrieben wird, mit Mitteln aus Saudi-Arabien. Wie viele in Saudi-Arabien hat Obaid ein Leuchten in den Augen, wenn er über den Kronprinzen spricht.
    "Er ist sehr jung und voller Energie, und er hat eine Vision, er hat Ambitionen. Sein großes Projekt ist der Bau einer großen Stadt an der Grenze von Jordanien, Ägypten und Saudi-Arabien. Solche riesigen Projekte werden diesem Land natürlich ein neues Ziel setzen, nämlich wie andere Länder zu sein, wie Dubai zum Beispiel, und mehr in Freiheit zu leben."
    Radikaler noch handelt das Königshaus unter Führung des Kronprinzen bei der Bekämpfung der Korruption im eigenen Land. Seit dem 5. November ließ der König eine Reihe von Geschäftsleuten und sogar Mitglieder der königlichen Familie festnehmen, die er der Korruption beschuldigt. Zwei Minister setzte er ab. König Salman überließ dem Kronprinzen selbst den Vorsitz eines Anti-Korruptions-Komitees. Der Vorwurf gegen die Beschuldigten lautet, sie hätten sich illegales Vermögen im Wert von insgesamt 100 Milliarden Dollar angeeignet.
    "Bislang hat es niemand gewagt, über die Akte Korruption zu sprechen. Jetzt ist die Zeit gekommen, darüber zu reden. Wenn Sie mich vor einem Jahr gefragt hätten, hätte ich geantwortet: Das wird niemals passieren, dass Mitglieder der königlichen Familie, Prinzen, nicht einmal dass Minister festgenommen werden. Dieser Bereich ist sehr heikel, aber es ist passiert. Es ist ein Schock für die Öffentlichkeit, für die saudischen Bürger, für die Ausländer, die hier leben, und auch für die Welt."
    Iraner hoffen auf Modernisierung
    1.300 Kilometer nördlich von Riad. In Irans Hauptstadt Teheran ist von Aufbruch wenig zu spüren. Es herrscht eine gedämpfte Atmosphäre. Von hier also wird der Huthi-Krieg gegen die Saudis gesteuert, von hier also stammen die Raketen, die in Saudi-Arabien niedergehen - glaubt man der saudischen Darstellung. Banner mit religiösen Aufschriften hängen an den Fassaden. Die religiös-politische Führung sieht ihr Land als die Führungsmacht in der Region. Auch deshalb trieb die iranische Regierung bis 2015 mit Hochdruck ihr Atomprogramm voran, das offiziell nur friedlichen Zwecken diente. Internationale Beobachter bezweifeln dies und halten es für erwiesen, dass Teheran Atomwaffen entwickeln will, um seine militärische Vormachtstellung zu sichern. Deswegen wurde das Land nördlich vom persischen Golf vom Westen boykottiert und mit Sanktionen belegt.
    Bis zum Sommer 2015. Mit dem Atomabkommen der UN-Vetomächte und Deutschlands mit dem Iran wurde dem Land die zivile Nutzung der Atomenergie erlaubt, die Entwicklung von Atomwaffen aber ausdrücklich verboten. Im Gegenzug haben die Westmächte ihre Sanktionen gegen Iran gelockert. Nun hoffen Staat und Gesellschaft, den Modernisierungsstau endlich abbauen zu können.
    Zu einem wirtschaftlichen Aufblühen hat das noch nicht gereicht. Zudem erschwerte US-Präsident Trump die Lage durch seine Rede im Weißen Haus vom 13. Oktober.
    "Wir können und wollen nicht länger bestätigen, dass der Iran das Abkommen einhält. Wir werden diesen Weg nicht weitergehen, der zu mehr Terror, Gewalt und zu einem nuklearen Ausbruch führen dürfte."
    Trump warf Iran vor, er halte sich nicht an den "Geist" des Abkommens, überließ aber die Entscheidung, ob die USA den Deal mit Iran aufkündigt, dem Kongress. Der muss bis Mitte Dezember darüber abstimmen. Seither bemühen sich europäische Diplomaten in Washington, das mühsam ausgehandelte Abkommen zu retten, das der Region Entspannung bringen sollte.
    Das Atomprogramm Irans ist aufgrund des internationalen Abkommens mindestens bis 2025 eingefroren. Das Land entwickelt aber weiterhin ballistische Raketen. Eine Provokation für die Saudis, die sich sicher sind, dass es Raketen iranischen Ursprungs sind, die immer wieder auf ihr Land zielen. Gegner wie Saudi-Arabien und Israel befürchten, die neu entwickelten Raketen Irans könnten später einmal gar mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden.
    Bei einer Militärparade zum Jahrestag des Ersten Golfkriegs zwischen Iran und Irak wird am 22.09.2017 an einem Schrein für den Gründer der Islamischen Republik, Ruhollah Chomeini, in Teheran (Iran) die neuste Rakete Irans präsentiert. Die Rakete hat angeblich eine Reichweite von etwa 2000 Kilometern.
    Das Atomprogramm des Iran ist seit 2015 eingefroren, das Land entwickelt aber weiterhin ballistische Raketen (AP / dpa / Ebrahim Noroozi)
    Der iranische Präsident Hasssan Rohani gibt sich trotz aller Bedenken betont gelassen.
    "Bezüglich des Atomabkommens gibt es eine weltweite Einigung, nämlich dass dieser Deal zum Frieden und zur Sicherheit in der Welt und zur Entwicklung der Region beiträgt. Die Gegner dieses Deals beschränken sich auch nur auf zwei oder drei Staaten. Insbesondere in den USA gibt es Gegner, die sich durch den Atom-Deal betrogen fühlen."
    Entscheidende Rolle: ausländische Banken
    Die Hoffnungen von Wirtschaft und Staat ruhen auf den ausländischen Banken. Sie sollen Großprojekte wie die Entwicklung von Gasfeldern, den Bau von Solaranlagen finanzieren. Aber sie zögern. Denn sollten die Amerikaner aus dem Atom-Deal aussteigen, müssten die europäischen Banken bei Geldgeschäften mit der iranischen Zentralbank um ihren Zugang zum amerikanischen Markt fürchten. Schon jetzt warnen US-Banken ihre Geschäftspartner in Europa vor Iran-Geschäften.
    Für europäische Firmen ist das Zögern der westlichen Banken besonders ärgerlich. Denn die geschäftliche Zusammenarbeit mit den hoch entwickelten Iranern fällt in vielen Bereichen leichter als etwa mit den Saudis, sagt Peter Haaks von der Deutschen Bahn.
    "Der Unterschied zum Beispiel zwischen Saudi-Arabien und dem Iran liegt insbesondere darin, dass wir im Iran eine Situation vorfinden, wo es ein bestehendes, sehr ausgeprägtes und ausgereiftes Eisenbahnnetz schon gibt. Wir begegnen auch im Iran einer Situation, wo wir mit fachkundigen Kunden und Ansprechpartnern beim Kunden über Eisenbahnthemen sprechen können, was zum Beispiel in den anderen Ländern der GCC-Staaten wie Saudi-Arabien oder Emirate nicht immer oder eigentlich gesagt in den wenigsten Fällen man vorfindet."
    Einen Berater-Vertrag hat die Bahn im Iran allerdings noch nicht abgeschlossen, weil die Rahmenbedingungen noch ungeklärt sind, etwa welche Banken Kredite übernehmen oder wie Zahlungen abgewickelt werden. In Teheran will kaum jemand über all das offen reden: über die Stagnation der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem Westen, über die Sorgen wegen der amerikanischen Haltung zum Atomprogramm und über den Kampf mit den Saudis um die Vorherrschaft. Einer der wenigen, der spricht, ist Raed Faridzadeh, Dozent für Germanistik an der Shahid Beheshti Universität in Teheran.
    "Seit zwei Jahren hofft man tatsächlich darauf, dass die Zeiten sich ändern, dass die Türen sich jetzt öffnen. Die Kooperationsbereitschaft, die man anfangs schon gesehen hat-dass sie sich vertieft und intensivieren möge."
    Raed Faridzadeh hat die Zeit der Sanktionen gegen Iran in schlechter Erinnerung. Internationale Kooperationen seiner Universität waren unmöglich. Er hofft darauf, dass Iran selbst im Falle eines Ausstiegs der Amerikaner den Atom-Deal aufrecht erhalten kann - gemeinsam mit den Europäern, Russland und China. Dann könnte Faridzadeh auch seine Kooperation mit der Freien Universität in Berlin fortsetzen.
    Machtkampf spaltet die Gläubigen
    "Ich glaube, die Möglichkeit besteht, dass man zum ersten Mal den Amerikanern die Stirn bietet und sagt: Nee, so einfach ist es nicht. Man muss jetzt lernen können, nicht jetzt mit Gewalt des Wortes, sondern mit Offenheit des Gedankens und des Herzens aufeinander zuzugehen."
    Die Emamzadeh Saleh Moschee in Tehran.
    Viele muslimische Gläubige leiden unter dem sunnitisch-schiitischen Machtkampf: Emamzadeh Saleh Moschee in Tehran. (AFP / Atta Kenare)
    Raed Faridzadeh ist ein Beispiel, wie sich im Mittleren Osten die Spannung zwischen Saudi-Arabien und Iran auf Kosten der Menschen entlädt. Auch als gläubiger Mensch leidet er unter dem Machtkampf beider Staaten, die sich beide als besonders gottesfürchtig präsentieren.
    "Bevor ich Schiit bin, bin ich Moslem, und tatsächlich ist Mekka die heiligste Stadt für die Muslime, und tatsächlich können wir uns nicht von Saudi-Arabien trennen, das ist ja unmöglich. Tagtäglich beten die Muslime auf Arabisch. Tagtäglich richten sie sich auf ein Ziel und das ist eben Mekka."
    Schon wegen der heiligen Stätten in Saudi-Arabien ist die Islamische Republik Iran auf gute Beziehungen zu Riad angewiesen. Als Vermittler versucht sich nun die Schweiz. Zur Wiedereröffnung der diplomatischen Vertretungen in Riad und Teheran hat es noch nicht gereicht. Bis dahin vertritt immerhin der Schweizer Botschafter in Riad die iranischen Interessen, der Botschafter aus Bern in Teheran die Interessen Saudi-Arabiens.