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Treffen von Merkel, Renzi und Hollande
"Europa ist nicht am Ende"

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande haben sich angesichts der Krisen in der Welt und der Bedrohung durch den Terrorismus für größere gemeinsame Verteidigungsanstrengungen der EU ausgesprochen. Gemeinsam mit Italiens Regierungschef Matteo Renzi berieten sie außerdem über die Folgen des Brexit-Votums für die EU.

22.08.2016
    Francois Hollande, Matteo Renzi und Angela Merkel auf dem Flugzeugträger Garibaldi vor der Insel Ventotene
    Hollande (l.), Renzi und Merkel auf dem Flugzeugträger Garibaldi vor der Insel Ventotene. (dpa/picture alliance/ANSA/Cesare Abbate)
    Ziel des Minigipfels auf der italienischen Insel Ventotene war es, dem Projekt Europa nach dem Votum der Briten für einen Austritt aus der EU wieder neues Leben einzuhauchen. Unter anderem sprachen sich die Staats- und Regierungschefs für eine stärkere Förderung der Jugend Europas und eine gemeinsame Flüchtlingspolitik aus.
    Renzi forderte zudem starke Maßnahmen für ein wirtschaftliches Wachstum in Europa. "Viele haben gedacht, nach dem Brexit ist Europa am Ende", sagte er bei dem Treffen. "Aber es ist nicht so. Wir haben den Willen, Zukunftsgeschichte zu schreiben."
    Renzi schrieb in seinem wöchentlichen Newsletter: "Wir wollen, dass das Europa nach dem Brexit - das Europa, das in seinem Herzen vom Terrorismus getroffen wurde -, die kraftvollen Ideale von Einheit und Frieden, Freiheit und Träumen, Dialog und Identität wiederbelebt."
    Merkel: Austausch zwischen Geheimdiensten verbessern
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warb für ein größeres gemeinsames Engagement der Europäischen Union beim Thema Sicherheit. "Wir spüren angesichts des islamistischen Terrors, angesichts des Bürgerkriegs in Syrien, dass wir mehr für unsere innere und äußere Sicherheit tun müssen", sagte Merkel am Montag bei dem Mini-Gipfel auf dem Flugzeugträger "Giuseppe Garibaldi" vor der italienischen Insel Ventotene.
    Die Kanzlerin sprach sich des Weiteren dafür aus, den Austausch zwischen den Geheimdiensten zu verstärken und die Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung auszubauen. Bei der Aufgabe, die Grenzschutzmechanismen zu verbessern, sei die EU bereits vorangekommen.
    Als Fortschritt nannte Merkel, "dass Europa ein vollkommen neues Frontex auf die Beine gestellt hat". Auch Deutschland habe dabei seine Position geändert: Nachdem es sich jahrelang dagegen gewehrt habe, "dass Zuständigkeiten beim Grenzschutz europäisiert werden", arbeite es heute in der EU-Grenzschutzagentur Frontex intensiv mit den anderen Mitgliedstaaten zusammen. Der Grenzschutz sei "eine der ganz großen Aufgaben für die Europäische Union, um die Freizügigkeit im Inneren auch weiter erhalten zu können", sagte Merkel.
    "Wir müssen die Ambition haben, vorne mit dabei zu sein"
    Auch Hollande sprach sich angesichts der internationalen Krisen für ein stärkeres Engagement der EU zugunsten gemeinsamer Verteidigungsanstrengungen aus. "Europa sollte stärker als heute seine eigene Verteidigung in die Hand nehmen", so Hollande. Er sprach sich auch dafür aus, zusätzliche Mittel in die gemeinsamen Verteidigungsanstrengungen zu stecken. Frankreich werde seinen Beitrag dazu leisten.
    Als weiteres Thema des Dreier-Treffens nannte Merkel Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft. Die EU sei noch nicht in allen Bereichen der wettbewerbsfähigste Akteur. So gebe es in anderen Teilen der Welt, etwa im digitalen Bereich, bedeutende Innovationen. "Wir müssen die Ambition haben, hier vorne mit dabei zu sein", sagte die Kanzlerin.
    "Die Werte Europas leben"
    Merkel, Hollande und Renzi besuchten auf Ventotene auch das Grab des italienischen Antifaschisten Altiero Spinelli. Die Kanzlerin sagte, mit dem Besuch habe sie gemeinsam mit Hollande und Renzi "deutlich gemacht, dass wir wissen, woher diese Europäische Union kommt. Dass sie in finstersten Zeiten Europas entstanden ist und vorgedacht wurde." Die "gute Botschaft unserer Zeit" sei, dass aus dieser Vision Realität geworden sei. Nun müsse man daran arbeiten, "den Menschen wieder ein sicheres Europa zu garantieren und gleichzeitig die Werte Europas zu leben". Spinelli war während des Zweiten Weltkriegs als Gefangener auf der Insel. Gemeinsam mit anderen schrieb er ein Manifest für ein vereintes Europa. Er gilt als Vordenker der Europäischen Union.
    Die Staats- und Regierungschefs der drei - abgesehen von Großbritannien - bevölkerungsreichsten EU-Staaten hatten sich bereits Ende Juni, unmittelbar nach dem überraschenden Votum der Briten für einen EU-Austritt, in Berlin getroffen. Dort plädierten sie dafür, Europa einen "neuen Impuls" zu geben. Mitte September ist im slowakischen Bratislava ein EU-Gipfel ohne Großbritannien zu den Folgen des Brexit-Votums geplant.
    (cvo/kis)