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Treibhausemissionen und Politik
Schlechte Noten beim Klimaschutz für Deutschland

Wenn es um die Ziele im Klimaschutz geht, dann liegen Staaten wie Schweden und Marokko klar vor Deutschland. Das zeigt eine internationale Studie. Nachholbedarf haben allerdings alle Länder: Die im Pariser Abkommen vereinbarten Ziele wurden bisher von keinem Staat voll erreicht.

Von Georg Ehring | 10.12.2018
    Das Kraftwerk Jaworzno (Polen); rechts im Bild die Baustelle für einen neuen Kraftwerksblock.
    Kohlekraftwerke sorgen dafür, dass die globalen CO2-Emissionen immer noch weiter steigen. Umweltschützer gehen aber davon aus, dass sich dieser Trend mittelfristig umkehren wird. (dpa / picture alliance / Jan Woitas)
    Zeugnisvergabe in Kattowitz – welches Land hat seine Hausaufgaben im Klimaschutz erledigt und wer muss noch nachsitzen? Der umwelt- und entwicklungspolitische Verband Germanwatch hat heute zusammen mit den Wissenschaftlern des New Climate Institute und dem Climate Action Network den Klimaschutz-Index herausgegeben. Der Index bewertet die Politik von 57 Industrie- und Schwellenländern und die Entwicklung der CO2-Emissionen. Das Ergebnis:
    "Die ersten drei Plätze haben wir wieder freilassen müssen, weil kein Land gut genug ist, um gefährlichen Klimaschutz zu vermeiden, dann folgen Schweden und Marokko."
    Deutschland nur im Mittelfeld
    Das sagt Jan Burck von Germanwatch. Maßstab ist dabei der Beitrag, den ein Land leisten müsste, um die Erderwärmung deutlich unter zwei Grad zu halten – wie im Pariser Abkommen vereinbart. Auch Schweden und Marokko schaffen dies nicht, doch sie kommen diesem Anspruch noch am nächsten. Sie setzen stark auf Wind- beziehungsweise Solarenergie und kommen dadurch auf relativ niedrige CO2-Emissionen. Wobei in Schweden auch die Atomenergie CO2-freien Strom liefert. Deutschland liegt in dem Index im Mittelfeld – es ist um fünf Plätze auf den 27. Rang abgerutscht. Jan Burck:
    "Ganz simpel: Der Klimaschutzindex betrachtet die Emissionen sehr stark und die sind seit 2009 in Deutschland nicht mehr gesunken und das ist ein Grund. Und gleichzeitig gucken wir uns auch die Politik in den Ländern an und auch hier bekommt Deutschland momentan eher mäßige Noten."
    Emissionen im Transport- und Gebäudebereich stagnieren
    Und zwar nicht nur deshalb, weil die Stromerzeugung nach wie vor zu einem großen Teil auf Braun- und Steinkohle basiert. Sondern auch, so Niklas Höhne vom New Climate Institute:
    "Aber auch in den anderen Sektoren, gerade auch im Transport- und im Gebäudebereich, und in der Industrie, stagnieren die Emissionen und gehen nicht zurück. Und da sieht man derzeit noch keine politischen Maßnahmen, die das ändern werden."
    Für Karsten Sach, der Leiter der deutschen Delegation, kann die Bewertung Deutschlands in dem Index zum Teil nachvollziehen:
    "Ich denke, hier wird sehr eindeutig anerkannt, dass Deutschland eine Führungsrolle hat, aber das Nichterreichen des 2020er-Ziels schlägt gegenüber den Dingen, die wir als Politik schon mal formuliert haben, schon mal auch durch und führt dann zu einer relativ niedrigen Einschätzung unserer Politik, die aber nur einen Teilausschnitt abbildet."
    Manche Schwellenländer liegen bereits vorn
    Das Klimaschutzgesetz, das die Bundesregierung im nächsten Jahr verabschieden will, solle sicherstellen, dass Deutschland künftig seine Ziele erreicht. Manche Schwellenländer sind im Klimaschutz inzwischen weiter als viele Industrieländer. Indien steht hier mit Platz elf relativ weit vorne – und das ist kein Zufall. Jan Burck:
    "Indien hat im Vergleich zu den anderen Ländern mit die niedrigsten Pro-Kopf-Emissionen. Die sind zum Beispiel um den Faktor sieben niedriger als in Deutschland – pro Kopf. Gleichzeitig baut Indien momentan die erneuerbaren Energien relativ stark aus, was ja auch ein wichtiger Faktor bei uns im Klimaschutz-Index ist und die Politik-Bewertung ist relativ gut."
    Die Bewertung basiert auf dem Jahr 2016, nicht für alle Länder gibt es neuere Zahlen. Seitdem sind die Emissionen weltweit weiter gestiegen – schlechte Zeiten also für den Klimaschutz. Doch Niklas Höhne erwartet, dass sich das bald ändert:
    Preisentwicklung spricht für Erneuerbare Energien
    "Das liegt daran, dass die erneuerbaren Energien noch mal deutlich günstiger geworden sind. Seit Paris, seit 2015, sind die erneuerbaren Energien weltweit um ungefähr ein Drittel nochmal günstiger geworden. Und das bedeutet, dass in vielen Ländern es viel günstiger ist, erneuerbare Energien auszubauen als konventionelle. Und in vielen Regionen ist es jetzt sogar so, dass es günstiger ist, erneuerbare Energien neu zu bauen als existierende Kohlekraftwerke laufen zu lassen. Und wenn das passiert in vielen Regionen, dann ist das das Ende der Kohle und dann ist es auch das Ende der steigenden Emissionen."
    Und dieser Entwicklung können sich auch Länder nicht entziehen, in denen die Regierung der Klimaschutz wenig interessiert. Zum Beispiel die USA – sie stehen im Index auf dem vorletzten Platz vor Saudi-Arabien.
    "Auch in den USA ist es so, dass die Erneuerbaren sehr günstig sind. Und deswegen ändern sich schon die Vorhersagen der Emissionen für die USA nach unten, obwohl Präsident Trump ja eigentlich die Kohle fördern will. Aber gegen den Markt kann er eigentlich nichts machen."