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Großbritannien
May und Corbyn wollen Brexit vorantreiben

Nach dem Dämpfer bei den Kommunalwahlen in Großbritannien wollen die beiden großen Parteien zeitnah eine Lösung für den Brexit finden. Premierministerin Theresa May und Labour-Chef Jeremy Corbyn haben einen Kompromiss ausgearbeitet - müssen aber mit Widerstand aus den eigenen Reihen rechnen.

Von Friedbert Meurer |
Die Köpfe von Corbyn und May nebeneinander in einer Bildmontage.
Labour-Chef Jeremy Corbyn und Premierministerin Theresa May haben einen Brexit-Kompromiss ausgearbeitet (picture alliance / Isabel Infantes)
Bis zu den Kommunalwahlen letzte Woche dümpelten die Brexit-Gespräche der beiden großen Parteien vor sich hin. Dann straften die Wähler beide Parteien ab. Die Reaktion der beiden Chefs, Theresa May und Jeremy Corbyn, kam prompt. Beide betonten, sie wollten jetzt eine Lösung für den Brexit finden.
"Was die Wähler beiden Parteien mit auf den Weg gegeben haben, ist: 'Macht voran, setzt endlich den Brexit um!'"
"Das ist ein gewaltiger Impuls für alle Abgeordneten. Wir müssen eine Vereinbarung und eine Einigung erzielen. Das Parlament muss das Problem mit dem Brexit lösen."
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Mehr als die Hälfte der Labour-Abgeordneten sind für ein zweites Referendum (AFP / Tolga Akmen)
Farage kritisiert Zollunions-Pläne von May
Die Lösung könnte so aussehen: Premierministerin Theresa May bietet unter großen Schmerzen an, dass das Vereinigte Königreich in der EU-Zollunion bleibt. Die Mitgliedschaft in der Zollunion soll aber nur bis zur nächsten Unterhauswahlen gelten. Dann könnten die Wähler entscheiden.
Viele Brexit-Anhänger bestehen aber auf einem Austritt aus der Zollunion, um eine unabhängige Handelspolitik betreiben zu können. Nigel Farage, der Chef der neuen Brexit-Partei, ging als einer der ersten auf die Barrikaden.
"Wenn sie das vorantreiben, dann ist das eine Koalition der Politiker gegen das Volk. Millionen werden sich von Labour und den Konservativen abwenden."
May und Corbyn aber glauben das Gegenteil. Gelingt ihnen ein Durchbruch, werde der Vormarsch der Brexit-Partei jäh gestoppt. Die große Frage lautet nur, ob ihre eigenen Parteien ihnen folgen.
"Es kann ja sein, dass die Premierministerin sich auf uns zubewegt", sagt etwa die Labour-Abgeordnete Nia Griffith. "Ihre potentiellen Nachfolger, zum Beispiel Boris Johnson, werden die Vereinbarung aber kippen wollen. Wie wollen wir das also wasserdicht bekommen?"
Hälfte der Labour-Fraktion für zweites Referendum
Etwa die Hälfte der Labour-Fraktion besteht außerdem auf einem zweiten Referendum. Das aber sieht der Kompromiss von May und Corbyn, wenn er denn zustande kommt, nicht vor. Und auch bei den Konservativen gibt es erheblichen Widerstand.
"Wir müssen auf die Formulierungen warten", meint der konservative Abgeordnete Kit Malthouse. "Wir hätten nichts mehr bei Zöllen und Handel zu sagen, da wir dann nicht mehr in der EU sind. Das ist schwer zu akzeptieren."
Eine Schüsselrolle spielt jetzt Labour-Chef Jeremy Corbyn. Er will wohl den Brexit als Thema endlich abräumen, damit Labour wieder mit seinen sozialen Anliegen durchdringen kann. Und Theresa May hat nur noch ein Ziel vor Augen: Großbritannien endlich wie versprochen aus der EU herauszuführen.
Die Zeit für die Premierministerin läuft ab: Heute will der Chef der konservativen Hinterbänkler, Graham Brady, May dem Vernehmen nach auffordern, endlich ein konkretes Datum zu nennen, wann sie wie versprochen zurücktreten will.