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Wahlkampf-Reportage
Der Front National auf Stimmenfang

Am Sonntag wählt Frankreich ein neues Parlament. Der Markttag in Schirmeck im Elsass ist für den Front National die ideale Gelegenheit, um letzte Stimmen zu sammeln. Die rechtsextreme Partei hat hier viele Anhänger - gut 40 Prozent wählten im 2. Wahlgang für Marine Le Pen. Doch es gibt auch Gegenstimmen.

Von Anne Raith |
    Wenn mittwochs Markt im französischen Schirmeck im Elsass ist, wird die Grand' Rue für den Verkehr gesperrt.
    Wenn mittwochs Markt im französischen Schirmeck im Elsass ist, wird die Grand' Rue für den Verkehr gesperrt. (Deutschlandradio / Anne Raith)
    Mittwoch ist Markttag in Schirmeck. Das heißt, dass die Hauptstraße der kleinen elsässischen Gemeinde für den Verkehr gesperrt wird, damit genug Platz ist für die Obst- und Gemüsestände, den Brathähnchenwagen und den Brotverkäufer. Und das heißt auch, dass halb Schirmeck auf den Beinen ist, um einzukaufen.
    "Bonjour Madame, je suis candidate pour les législatives…"
    Ideale Voraussetzungen also, um Wahlkampf zu machen. Mit einem Stapel Flugblätter auf dem Arm zieht Hombeline du Parc von Stand zu Stand. "Frankreich verteidigen" steht in weißen Lettern auf dem Flyer über dem Konterfei der Anfang 40-Jährigen. Darunter: "Mit Unterstützung von Marine Le Pen."
    40 Prozent der Wähler stimmten im 2. Wahlgang für Le Pen
    Gut 40 Prozent der Wähler haben in Schirmeck im zweiten Wahlgang der Präsidentenwahl für die Chefin des Front National gestimmt. Gereicht hat es am Ende nicht, um in den Elysée-Palast einzuziehen. Leider, sagt du Parc. Umso wichtiger sei es nun, bei der Parlamentswahl gut abzuschneiden, bei der sie selbst für den 6. Wahlbezirk im Département Bas-Rhin kandidiert.
    Arbeitsplätze und Sicherheit sind die großen Themen
    "Was die Leute hier beschäftigt, ist in erster Linie, ob sie Arbeit haben und was sie sich leisten können von ihrem Gehalt. Und die Sicherheit spielt eine große Rolle, auch im Elsass gibt es potenzielle Gefährder, die unter Beobachtung stehen."
    "Meine Prioritäten" steht dann auch im Faltzettel von Hombeline du Parc: Freiheit, Sicherheit, Identität und Wohlstand.
    Das klingt gut, finden Fanny und ihr Mann. Die beiden unterstützen du Parc im Wahlkampf, verteilen Flugblätter, kleben Plakate.
    "Generation von Schwindlern austauschen"
    "Ich habe mich dem Front National immer nah gefühlt. Gerade als junge Person sagen mir die Ideen einfach mehr zu. Die Partei bleibt bei einer Linie, das ist viel schlüssiger und konsequenter."
    Die kleine Gruppe macht kehrt, die beiden kleinen Kinder des Paars im Schlepptau, um noch einmal über den Markt zu ziehen. Doch die Freude über den Wahlkampfauftritt der Front National-Kandidatin ist nicht überall so ungeteilt wie bei Fanny.
    "Bonjour Monsieur" "Non, non."
    Dankend lehnen einige das Flugblatt ab, als sie die kleine stilisierte Flamme des FN am unteren Rand entdecken. Andere schnauben ein wenig verächtlich. Sie sei doch viel zu hübsch, um den Hass zu repräsentieren, ruft ihr einer vom Olivenstand zu, woraufhin sich eine Auseinandersetzung entwickelt. Nachdem beide mehrere Minuten gegeneinander angeredet haben, zieht Hombeline du Parc schließlich weiter.
    "Es gibt Leute, die sagen, sie seien bereit zu diskutieren, sprechen aber die ganze Zeit selbst. Und wollen nur ihre Vorurteile bestätigt wissen."
    Patrick wiederum will erst gar nicht diskutieren. Die Kandidatin mache sogar jede Woche einen Bogen um ihn, amüsiert sich der Markthändler, wissend, dass er ein glühender Anhänger von Präsident Emmanuel Macron ist.
    "Ich bin in dem Alter, in dem die Politiker sind, die Frankreich verlachen. Diese ganze alte Generation von Schwindlern und Dieben muss ausgetauscht werden."
    Zumindest dieses Gefühl eint derzeit viele Franzosen.
    "Die Leute sind wütend auf die Politik"
    Die Schlange im Zeitungsladen von Jean-Paul Pépin ist überschaubar an diesem Morgen. Er hat Zeit für einen kurzen Plausch:
    Die Leute seien wütend, erklärt der ältere Mann. Und sie interessierten sich nicht mehr für Politik. Als Beweis führt Pépin einen Beleg in seiner Währung an:
    "Wenn die Leute wirklich wissen wollten, was los ist, dann würden sie doch mehr Zeitungen kaufen. Das tun sie nicht. Ich würde sagen, die Mehrheit interessiert sich einfach nicht."
    Tatsächlich haben viele Franzosen nach dem langen Präsidentenwahlkampf die Nase voll von Politik. Dabei kommt es jetzt erst drauf an.