„Gefeiert wie der größte Läufer aller Zeiten, so kommt er jetzt in das Ziel. / Es ist nach den 5.000 und den 10.000 Metern nun noch der Marathon-Lauf. Und so neigen wir unser Haupt vor der Leistung Emil Zátopeks, lachend im Ziel.“
Olympische Spiele 1952 in Helsinki. Emil Zátopek gewinnt die dritte Goldmedaille. Nach allen drei Langstreckenläufen steht der Tschechoslowake ganz oben auf dem Siegertreppchen - der Höhepunkt einer unglaublichen sportlichen Karriere, die gewissermaßen wider Willen begann.
Von der Schuhfabrik zum Läufer-Star
Am 19. September 1922 wurde Emil Zátopek in einer mährischen Kleinstadt geboren. Der Tischlersohn wuchs mit sechs Geschwistern auf. Nach der Schulausbildung arbeitete Emil tagsüber in einer Schuhfabrik, abends büffelte er an der höheren Gewerbeschule chemische Formeln.
Als die Werksleitung 1941 einen Straßenlauf organisierte, versuchte sich der wenig sportliche Chemielaborant zu drücken:
„Jeder ist verpflichtet, teilzunehmen, nur wer ist krank, braucht nicht zu laufen. Ich, sofort hab' ich mich gemeldet als krank. Was ist mit dir? Ich habe Knieschmerzen. Ja, das gilt nicht! Simulant, sofort zum Start!“
Trainiert via Waldläufen in Armeestiefeln
Der 19-Jährige wurde ohne jedes Training Zweiter und fand fortan Spaß am Laufen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er Berufssoldat und gewann 1945 den tschechoslowakischen Meistertitel über 5.000 Meter. Der willensstarke Athlet lief von Erfolg zu Erfolg und trainierte schließlich ohne Coach. Er machte Waldläufe in schweren Armeestiefeln und quälte sich beim Intervalltraining:
„Und damals, vielleicht, wenn ich vor Helsinki noch hab‘ verdoppelt dieses Pensum, damals waren keine anderen Läufer, die so viel zum Beispiel in dieser Methode trainiert haben. Heute - das ist Wissenschaft.“
Olympischer Goldregen
Schon bei den Olympischen Spielen 1948 in London hatte Emil Zátopek über 10.000 Meter Gold und über 5.000 Meter Silber gewonnen. Vier Jahre später in Helsinki trat er auch noch zum Marathonlauf an, seinem ersten überhaupt. Und jedes Mal überquerte Zátopek, die „tschechische Lokomotive“, wie er wegen seines eigenwilligen Laufstils genannt wurde, als erster die Ziellinie.
„In der Gegengeraden stampft Emil Zátopek, so als breche er jeden Augenblick zusammen. Sein Schütteln des Kopfes, sein Keuchen, sein Kämpfen um Luft, und dennoch ist er nicht zu besiegen.“
Heimischer Volksheld und Weltathlet
In seiner Heimat wurde der Ausnahmesportler zum Volkshelden, in aller Welt verehrte man den vielsprachigen und humorvollen Sportsmann, der stets für die Völkerverständigung eintrat.
1957, als seine Kräfte allmählich nachließen und Jüngere schneller liefen, beendete der Spitzenathlet mit 34 Jahren seine Karriere auf der Aschenbahn. 18 Weltrekorde hatte er aufgestellt, viermal olympisches Gold und einmal Silber gewonnen, dazu drei Europameister- und zig nationale Meister-Titel.
1957, als seine Kräfte allmählich nachließen und Jüngere schneller liefen, beendete der Spitzenathlet mit 34 Jahren seine Karriere auf der Aschenbahn. 18 Weltrekorde hatte er aufgestellt, viermal olympisches Gold und einmal Silber gewonnen, dazu drei Europameister- und zig nationale Meister-Titel.
Seiner Privilegien bewusst
Mit seiner Frau Dana, am selben Tag wie er geboren und Goldmedaillen-Gewinnerin 1952 im Speerwurf, führte Emil Zátopek - wie er wusste - ein privilegiertes Leben unter dem totalitären CSSR-Regime: „Sportler zu sein, das heißt auch, in die Welt zu reisen, viel zu sehen und auch etwas zu wissen.“
Die kommunistischen Machthaber missbrauchten den Vorzeigesportler für Propagandazwecke und Zátopek arrangierte sich.
1968 jedoch bekannte der Armeeoffizier eindeutig Flagge für die Reformsozialisten des „Prager Frühlings“. Als Oberst versuchte er sogar, die sowjetischen Truppen und Panzer zum Rückzug zu bewegen, die im August in die Tschechoslowakei einmarschierten und den Volksaufstand blutig niederschlugen:
„Ich halte es für unmodern, mit Waffen die Welt zu verändern. Man soll mit Gedanken und Vernunft und mit guten Absichten die Welt ändern, aber nicht mit Waffen.“
Zátopek wurde aus der Armee und der Partei entlassen, er musste im Uranbergwerk arbeiten. 1971 widerrief er öffentlich, erhielt Arbeit im Prager Sport-Archiv und durfte wieder reisen. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus rehabilitiert, wurde Emil Zátopek 1997 in Tschechien zum Athleten des Jahrhunderts gewählt und Präsident Havel ehrte ihn für seine Verdienste. Drei Jahre später starb der legendäre Läufer an den Folgen eines Schlaganfalls.