Kommentar zur AfD-Einstufung
Parteien müssen nun Farbe bekennen

Die Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch erhöht für die Parteien den Entscheidungsdruck für ein mögliches Verbotsverfahren. Das gilt vor allem für die Union.

Von Nadine Lindner |
Das Bild zeigt ein AfD-Logo in Nahaufnahme
Der Verfassungsschutz hat nun die AfD bundesweit als rechtsextremistisch eingestuft (picture alliance / SvenSimon / Frank Hoermann / SVEN SIMON)
Der Zeitpunkt der Hochstufung kurz vor dem Regierungswechsel ist überraschend, die Tatsache als solches ist es nicht. Seit Monaten war über ein neues Gutachten zur AfD spekuliert worden.
Doch die Entscheidung, die AfD in ihrer Gänze als extremistisch einzustufen, ist für das Bundesamt nicht ohne Risiko. Denn die Behörde muss davon ausgehen, dass die AfD gegen diese Entscheidung vor Verwaltungsgerichten klagen wird. Der Rechtsstreit, ob die AfD ein Verdachtsfall für Extremismus ist, ist auch nach Jahren noch nicht abgeschlossen. 
Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass die Verwaltungsrichter nicht bei jeder Interpretation zur Verfassungsfeindlichkeit von Äußerungen aus der Mitgliedschaft mitgehen und dass sie zudem zum reinen Parteiprogramm wenig Beanstandungen haben.

Einstufung könnte AfD auch nutzen

Es ist nun also zentral, dass das Bundesamt bei der Hochstufung überzeugend argumentiert und ausreichend Belege liefert, sonst droht eine empfindliche Niederlage vor Gericht, zumal längst nicht alle Landesverbände der Partei als extremistisch gelten.
Innerhalb der AfD hat sich schon länger die Einschätzung durchgesetzt, dass ihr die Beobachtung durch den Verfassungsschutz eher nutzt als schadet, kann sie doch so den Opfermythos der verfolgten Oppositionspartei nähren.
Doch für ihre Mitglieder, die eine Waffenbesitzkarte beantragen, oder bei Beamten könnte es Schwierigkeiten bringen. Auch wenn es immer Einzelfallentscheidungen sind, die Mitgliedschaft in einer nun extremistischen Partei macht dies nicht einfacher. 
Für die anderen Parteien erhöht sich nun der Entscheidungsdruck, wie es in einem möglichen Verbotsverfahren weitergehen soll. Das gilt vor allem für die Union. Hier ringen ohnehin viele um den richtigen Umgang angesichts hoher Wahlergebnisse für die AfD. Viele Bundestagsabgeordnete hatten sich noch im November, in der alten Legislaturperiode, zögerlich gezeigt, für ein Parteiverbotsverfahren in Karlsruhe zu stimmen. 
Sie haben mit der Hochstufung ein Argument weniger und müssen nun Farbe bekennen. Das gilt auch für den Wunsch, im Bundestag unaufgeregter mit der AfD umzugehen, wie vom künftigen Fraktionschef Jens Spahn gefordert. Das dürfte mit dem heutigen Tag vorbei sein.