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Alternative für Deutschland
Mitbegründer sieht kein Abdriften nach rechts

Vor dem Europaparteitag der "Alternative für Deutschland" sprach Mitbegründer Alexander Gauland im Deutschlandfunk von einem "camouflierten ideologischen Streit", der sich in der Partei abspiele. Die Rechtspopulisten seien aber nicht dabei, das Kommando zu übernehmen.

24.01.2014
    Peter Kapern: Am Wochenende trifft sich die Alternative für Deutschland in Aschaffenburg, um sich für die Europawahl im Mai zu rüsten. Ein Teil der Parteimitglieder will die AfD im politischen Spektrum nach rechts verschieben, sehr weit nach rechts. Alexander Gauland ist Mitbegründer und stellvertretender Sprecher der AfD. Heute veröffentlicht die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" einen Namensartikel des AfD-Mitbegründers Alexander Gaulands, in dem in Anlehnung an Bismarck heißt: Die Gründer der AfD hätten die Partei aufs Pferd gesetzt, reiten müssten die Mitglieder und Funktionäre nun selbst. Ob er damit klar machen will, dass die Gründer nun nichts mehr tun können, um ein Abdriften der Partei nach rechts zu verhindern, das habe ich Alexander Gauland kurz vor der Sendung gefragt.
    Alexander Gauland: Nein, das habe ich überhaupt nicht damit gemeint, denn wir sind ja alle noch dabei: Bernd Lucke an erster Stelle, Konrad Adam, Frauke Petry. Das habe ich nicht damit gemeint. Aber das sind ja nun viele Menschen und diese vielen Menschen müssen jetzt auch selber Politik machen. Und Sie sehen ja an Hessen und den ewigen hessischen Auseinandersetzungen, dass es manchen schwerfällt, Politik zu machen. Im Übrigen würde ich jetzt überhaupt nicht von einem Abdriften nach rechts reden. Das ist auch gar nicht mein Problem. Mein Problem ist, dass manche Menschen nicht miteinander sich vertragen und nicht miteinander umgehen können, auch wenn sie unterschiedliche Positionen haben. Und das muss eine junge Partei lernen und das müssen die Menschen lernen. Und das habe ich damit gemeint.
    Kapern: Das heißt, das, was wir gerade an Schauspiel von der AfD aufgeführt bekommen, das dreht sich alles nur um persönliche Unverträglichkeiten?
    Gauland: Das sind nicht nur persönliche Unverträglichkeiten. Das Schauspiel, von dem Sie sprechen, findet ja Gott sei Dank in den meisten Landesverbänden nicht statt, sondern da findet vernünftige Arbeit statt. Aber nehmen wir mal Hessen: Dahinter steckt natürlich – das will ich gern zugeben -, was ich einen camouflierten ideologischen Streit nenne. Und der muss vernünftig diskutiert und ausgetragen werden. Das habe ich auch versucht, in dem Artikel in der "FAZ" darzustellen.
    Kapern: Sie beschreiben diesen camouflierten ideologischen Streit als eine Auseinandersetzung zwischen Wirtschaftsliberalen auf der einen Seite und Nationalkonservativen auf der anderen Seite. Das klingt aber doch ein wenig verniedlichend. Ist es nicht vielmehr so, dass da derzeit Rechtspopulisten versuchen, das Kommando zu übernehmen?
    Gauland: Das sehe ich überhaupt nicht. Ich weiß auch nicht so recht, was Rechtspopulisten sind. Ich weiß, das ist ein Begriff aus der Medienwelt. Damit kann ich aber wenig anfangen. Sondern die Menschen, die auch in der AfD sind und auf die ich auch eingehe, sind Menschen, die mit einigen Entwicklungen bei uns gewisse Probleme haben. Da können Sie die Energiewende nehmen, da können Sie das Familienbild nehmen, da können Sie die ganze Einwanderung nehmen. Das hat wenig mit rechts zu tun, sondern mit dem Suchen nach einer Identität und mit Menschen, die gewisse Schwierigkeiten mit dominanten Themen in der öffentlichen Meinung haben und die mit ihren Themen überhaupt nicht mehr vorkommen.
    Kapern: Viele Beobachter, Herr Gauland, finden für das, was Sie gerade beschrieben haben, klarere Worte. Die machen bei Ihnen, bei der AfD, Islamophobie und Schwulenfeindlichkeit aus.
    Gauland: Na ja, das ist ja dummes Zeug. Von Islamophobie war überhaupt nicht die Rede, da ist in letzter Zeit überhaupt nicht drüber gesprochen worden, auch in Hessen nicht. Und was heißt hier Schwulenfeindlichkeit? Das ist auch eine dumme Frage. Die meisten von uns und wahrscheinlich sogar alle möchten, dass jeder so leben kann wie er will. Ich glaube nur nicht, dass es sinnvoll ist, dass ein Thema, was 0,2 Prozent der Bevölkerung betrifft, nun sozusagen ununterbrochen in die Medien an erster Stelle gerückt wird. Da haben manche Menschen ein Problem damit, die ganz normal leben, wie auch schon die Eltern gelebt haben.
    Kapern: Der Politikwissenschaftler Oskar Niedermayer, der empfiehlt der AfD heute in einem Interview, einen unmissverständlich klaren Trennstrich zu ziehen. Das heißt im Umkehrschluss: Bislang ist die AfD dazu gar nicht bereit oder willens.
    Gauland: Ich habe das gelesen. Ich weiß nicht, was für einen Trennstrich er sucht. Es gibt keine Rechtsabweichung und wir haben immer ganz deutlich Menschen, die zum Beispiel aus der NPD gekommen sind, aus der DFU gekommen sind, bei uns ausgeschlossen, weil wir deren Politik und deren Ansichten nicht wollen. Was sollen sie mit einem Trennstrich anfangen? Das ist so eine typisch politologische Idee, die in der Praxis eigentlich ziemlicher Unsinn ist.
    Kapern: Aber gleichwohl: Das was Sie da eben bezeichnet haben als Positionen des, nennen wir ihn, nationalkonservativen Flügels, das widerspricht doch eigentlich Grundhaltungen des Wirtschaftsliberalismus. Der zeichnet sich ja eher durch ein hohes Maß an Weltoffenheit aus, und nun gibt es da einen Flügel, der genau das Gegenteil betreibt, indem er tradierte Familienbilder überbetont und die Zuwanderung, die angeblich zu große Zuwanderung thematisiert.
    Gauland: Ja natürlich gibt es da ein gewisses Spannungsverhältnis. Nur wir sind eine Partei der Heimatverbundenheit, eine klar deutsche Interessen formulierende Partei, und da muss man das natürlich abwägen. Und die Menschen, die das Gefühl haben, na ja, Einwanderung ist nicht immer gut, sondern ich muss mir angucken, wer kommt zu uns, ist unsere Gesellschaft sozusagen der richtige Platz für diesen Menschen, diese Menschen muss ich mitnehmen und die haben in der Partei einen Platz und deren Ansichten müssen gehört werden.
    Kapern: Ganz bemerkenswert an Ihrem Namensartikel, Herr Gauland, finde ich einen Verweis auf Talleyrand, der gesagt hat, die Sprache sei dazu da, Dinge zu verhüllen. Und dann heißt es bei Ihnen weiter: "Leider haben gerade manche Parteifreunde das Gegenteil verinnerlicht." Heißt das, Sie wünschen sich, dass die AfD ihre wahren Absichten und Positionen verhüllt, um die Wähler hinters Licht zu führen und so den Einzug ins Europaparlament zu schaffen?
    Gauland: Das ist natürlich nicht gemeint damit. Aber es gibt in der Tat Dinge, die man nicht in einer brutalen Sprache aussprechen soll, weil sie dadurch falsch sind, und das habe ich mit Talleyrand gemeint und darauf habe ich hingewiesen. Und ich glaube, unsere Wähler wissen genau, was wir wollen, und sie wissen auch, dass wir natürlich eine Pro-Europa-Partei sind, aber eine, die für deutsche Interessen in Europa steht. Und dass nicht aus deutscher Schuld, was immer das ist, jetzt der Versuch abgeleitet wird, uns und unsere Interessen an den Rand zu drängen. Das geht nicht.
    Kapern: Aber die Wortwahl, Herr Gauland, über Themen ändert ja noch nichts an den grundsätzlichen Positionen, die dahinter stecken. Wenn Sie also nicht Klartext sprechen wollen den Wählern gegenüber, dann setzen Sie sich doch dem Vorwurf aus, die ganze Partei zu camouflieren?
    Gauland: Entschuldigung! Wir sprechen ja ganz stark Klartext und Sie werden heute auf dem Parteitag …
    Kapern: Aber Sie empfehlen doch Talleyrand, der gesagt hat, die Sprache sei dazu da, Dinge zu verhüllen. Das ist doch Ihre Empfehlung in dem Artikel.
    Gauland: Ich empfehle Talleyrand, der immer eine vorsichtige diplomatische Sprache gewählt hat. Das ist völlig richtig. Dabei kann man völlig klare Positionen vertreten, was übrigens Talleyrand immer in seinem Leben getan hat.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.