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Aus Abfall wird Rohstoff
Bauschutt soll endlich recycelt werden

Was passiert eigentlich mit dem ganzen Bauschutt, wenn Häuser abgerissen oder Straßen erneuert werden? Dieser Bauschutt ist immerhin der größte Abfallquelle Deutschlands. 192 Millionen Tonnen fallen jedes Jahr an: Wertvolle Rohstoffe, aus denen sich wieder Straßen, Häuser und Schulen bauen lassen. An der passenden Verordnung basteln Politiker seit 13 Jahren.

Von Philip Banse | 08.12.2015
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    Neue Altlasten sind der Albtraum der Kommunen und deswegen verwenden sie bisher fast keine recycelten Baustoffe, verbrauchen lieber natürlich Ressourcen. (Julian Stratenschulte/dpa)
    Bauschutt und Erdreich landen heute knapp zur Hälfte in alten Hausmülldeponien und Tagebauen. Doch die sind jetzt alle voll. Und spezielle Bauschuttdeponien sind teuer, ebenfalls fast voll. Eine Mantelverordnung für mineralische Baustoffe soll jetzt bringen, was eigentlich alle wollen: "Ziel ist es, den Einsatz von Recyclingbaustoffen zu ermöglichen und die Einsatzbereiche deutlich zu erweitern."
    Helge Wendenburg ist Abteilungsleiter im Bundesministerium für Bauen und Umwelt. Mit einer Mantelverordnung will sein Bauministerium endlich bundeseinheitlich regeln, wie recycelter Bauschutt verwendet werden werden darf. 13 Jahre arbeiten Beamte wie Wendenburg an der Verordnung. Denn es könne viel schiefgehen, wenn aus geschredderten Straßen und Gebäuden neue Straßen und Schulen werden sollen: "Wir müssen doch, wenn wir Recyclingbaustoffe einsetzen wollen, und das wollen wir, das so gestalten, dass wir sicher sein können, dass am Ende aus der Verwendung dieser Stoffe keine Gewässerverunreinigung folgen und dass wir keine neuen Altlasten produzieren. Das ist unser Maßstab."
    Akzeptanz von Recycling-Baustoffen erhöhen
    Neue Altlasten sind der Albtraum der Kommunen und deswegen verwenden sie bisher fast keine recycelten Baustoffe, verbrauchen lieber natürlich Ressourcen. Um die Akzeptanz von Recycling-Baustoffen zu erhöhen, will die Mantelverordnung ungefährliche Recycling-Baustoffe zu "Produkten" erklären: "Das heißt, jede Kommune ist sich sicher, mit diesen Stoffen werde ich nicht in das Risiko laufen."
    Darüber hinaus hat Helge Wendenburg für ein penibles Grenzwertverfahren gesorgt: Für alle Recyclingbaustoffe muss wissenschaftlich ermittelt werden, wie viele Schadstoffe ausgewaschen werden durch Regen oder Grundwasser. Werden geltende Grenzwerte im Grundwasser überschritten, darf das Material nicht in Grundwassernähe verwendet werden. Die Grenzwerte der geplanten Verordnung seien zu streng, klagt die Industrie. Michael Knipper, Chef des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie, sagt: Strenge Grenzwerte machten Recycling-Produkte noch teurer, ihre Verwendung noch unattraktiver. "Wenn wir wirklich die Akzeptanz von recyceltem Material erhöhen wollen, müssen wir auch sagen, da ist ein praktikabler und und praxisnaher Wert. Wir können nie den neusten Stand der Wissenschaft und Technik berücksichtigen."
    Verwendungsverbot für eine Vielzahl von Baustoffen befürchtet
    Der Umwelt-Ministerialdirektor Helge Wendenburg ringt um Fassung: "Da ist jetzt drei Mal gefallen, wir würden wissenschaftlich abgeleitete Werte nehmen. Ja, mein Gott, was ist denn die Alternative?! Unwissenschaftlich Abgeleitete? Das heißt geschossene, gegriffene Werte, die ich mir mal so angucke? Nein."
    Die Bauindustrie befürchtet, sagt Lobbyist Knipper, dass sie wegen der vorgesehenen Grenzwerte einige Recycling-Produkte nicht mehr wird verkaufen können: "Das bedeutet de facto ein Verwendungsverbot für eine Vielzahl von Baustoffen."
    Rechtssicherheit gefordert
    Abteilungsleiter Wendenburg hält dagegen, man könne gern über Grenzwerte reden, aber nur mit wissenschaftlichen Argumenten: "Dafür gibt es 1.000 Seiten an wissenschaftlichen Begründungen. Und wenn daraus sich ergibt, dass wir Werte verändern müssen, dann kann man das machen. Aber zu sagen, der Wert ist aber nicht praktikabel, wenn ich den Wert einhalten soll, dann kann ich den Stoff nicht mehr verwerten - sorry, dann ist das so!"
    Der Entsorgungsunternehmer Andreas Heilmann von der GP Papenburg Entsorgung Ost, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung fordert daher eine Art Blankoscheck: "Wir machen die Branche tot, wenn sich eine Einstellung durchsetzt: Sei mal lieber vorsichtig. Wir wissen nicht, was der Gesetzgeber in 20 Jahren zu diesem Produkt, zu diesem Recyclat sagt. Wir brauchen Rechtssicherheit! Dann muss es eben heißen: Ja, wir haben neue Erkenntnisse gewonnen, vor 20 Jahren war das aber der Stand der Technik, war vollkommen in Ordnung und deswegen bleibt das Zeug jetzt bitte auch da drin, wo es ist."