Dienstag, 30. April 2024

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Ausschlussverfahren um Andreas Kalbitz
"Da muss die AfD auch mal Farbe bekennen"

Das Berliner Landgericht hat die Annulierung der AfD-Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz für unzulässig erklärt. Keine überraschende Entscheidung, sagte die Publizistin Liane Bednarz im Dlf. Die Frage sei nun, ob es den Willen zu einem Ausschlussverfahren wegen parteischädigendem Verhalten gibt.

Liane Bednarz im Gespräch mit Daniel Heinrich | 20.06.2020
Andreas Kalbitz, ehemaliger AfD-Chef von Brandenburg, nimmt an einer Kundgebung der AfD in Senftenberg teil.
Andreas Kalbitz ist nach der Annulierung seiner Mitgliedschaft trotzdem weiter öffentlich aufgetreten, wie hier auf einer AfD-Kundgebung in Senftenberg (picture alliance/dpa/Oliver Killig)
Dass der bisherige Brandenburger AfD-Landeschef Andreas Kalbitz in der Partei bleiben darf, sei eine formelle Entscheidung gewesen, sagte die Publizistin und Juristin Liane Bednarz im Deutschlandfunk. Das Parteiengesetz setze sehr hohe Hürden, um jemanden aus einer Partei auszuschließen. Das gehe nur, wenn jemand der Partei schweren Schaden zugefügt habe – und dann müssten die Schiedsgerichte darüber entscheiden.
Der AfD-Bundesvorstand hatte allerdings einen anderen Weg gewählt und im Mai die Mitgliedschaft von Kalbitz mit knapper Mehrheit für nichtig erklärt. Zur Begründung hieß es, dass Kalbitz bei seinem Eintritt in die Partei 2013 unter anderem eine frühere Mitgliedschaft in der inzwischen verbotenen rechtsextremen "Heimattreuen Deutschen Jugend" nicht angegeben habe.
Die Befürworter des Ausschlusses hatten als Grundlage eine Vorschrift aus der Satzung der AfD angeführt. Darin heißt es, dass Mitgliedschaften vom Vorstand nachträglich annuliert werden können, wenn ein Mitglied eine Mitgliedschaft zu einer extremistischen Gruppierung verschwiegen hat.
Eine Regelung, die dem Landgericht Berlin anscheinend zu weit geht: "Ich verstehe dieses Urteil so, dass das Landgericht Berlin sich auf den Standpunkt stellt, das sprengt die Rahmenbedingungen, die das Parteiengesetz vorsieht und insofern ist schlichweg diese Art von Verfahren nicht zulässig", sagte Bednarz. Das sei dann eine rein verfahrensrechtliche Frage, in der Kalbitz‘ Vergangenheit keine Rolle spiele.
Es sei aber noch abzuwarten, ob das Urteil des Landgerichtes so bestehen bleibt, denn die AfD werde dagegen wohl Berufung einlegen. Das letzte Wort sei über die grundsätzliche Frage, ob ein Ausschluss nicht doch auch über einen anderen Weg möglich ist, noch nicht gesprochen.
Folgt ein reguläres Verfahren?
Sollte es Bestand haben, könnte natürlich auch ein regulärer Parteiausschluss angestrebt werden. In diesem Verfahren könnte dann eben nicht über das Verschweigen einer Mitgliedschaft argumentiert werden. Stattdessen müsse dann gezeigt werden, "inwieweit tatsächlich das oder vielleicht eben auch andere Dinge, wie der Umstand dass Herr Kalbitz ja nun auch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Rechtsextremist eingestuft worden ist, dass das eben parteischädigendes Verhalten ist."
Die Frage ist, ob das gewünscht ist. Der Zirkel um Jörg Meuthen argumentiere, man habe nur formale Argumente geltend gemacht, in der Sache aber nichts entschieden. "Da muss die AfD auch mal Farbe bekennen", sagte Bednarz. Denn mit dem Rückgriff auf das formale Argument habe man eine Klärung des Richtungsstreits vermieden. Die Partei ohne offenen Streit zu befrieden sei aber nicht mehr möglich. Denn über das Urteil des Landgerichts hätte sich schließlich nicht nur das Umfeld um Björn Höcke gefreut, sondern auch der Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland und der Co-Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla.